Das habe ich jetzt von meinem Übermut: Bin platt, weil ich erst um 4 Uhr ins Bett gekommen bin. Bekomme den Mund vor lauter Gähnen kaum mehr zu, weil an erholsamen Schlaf nicht zu denken war. Zu hell (alle Fenster weit auf, damit ein klein wenig Kühle hereinzieht), zu warm (die nächtliche Kühle war wohl eher so ein Wunschding), zu aufgedreht (obwohl stocknüchtern). Um wem habe ich das zu verdanken? Meiner unersättlichen Neugier auf das Leben.

Bei der ersten Goa-Party seines Lebens habe ich mich herumgetrieben. Wer regelmäßig auf meiner Facebookseite vorbeischaut, weiß, dass es eine Aufgabe war, die ich mir bei meiner 52-Wochen-Challenge “(Neu-)Gierig aufs Leben?!” gestellt habe. Für alle Nicht-Insider kurz erklärt: Es geht mir darum, jede Woche etwas zu tun, was ich noch nie zuvor in meinem Leben gemacht habe oder neue Erfahrungen/Erlebnisse zu notieren, die ebenfalls Premieren für mich darstellen.

Die alltägliche Neugier auf das Leben

Es geht also mehr um die alltägliche Neugier auf das Leben und gar nicht so sehr um die riesengroßen Herausforderungen und Mutproben – obwohl auch einige dabei sind. Mir ist es wichtig, diese kindliche Freude zu spüren, wenn ich etwas Neues entdecke, mich überraschen zu lassen, Dinge anders anzupacken als gewohnt, einfach zu sehen, was das Leben in seiner Vielfalt zu bieten hat. Und zwar nicht in fernen Ländern, sondern direkt vor der Haustür.

Warum ich das tue? Weil es meine Lust aufs Leben immer wieder aufs Neue anfacht. Weil ich mir so indirekt einen Tritt in den Hintern verpassen kann, damit ich vor gewissen Herausforderungen nicht mehr kneife – wie zum Beispiel mit meiner Bucketlist, auf der so viele Dinge stehen, die ich mir noch vorgenommen habe. Weil ich mich einfach am besten spüren kann, wenn ich das Leben von vielen verschiedenen Seiten her kennenlerne.

Nachholbedarf in Sachen Neugier

Auch, wenn ich schon einmal geschrieben habe, dass der Blick zurück nichts bringt: Ich spüre schon noch einen gewissen Nachholbedarf, weil mein Leben jahrelang zu eintönig war und mich krank gemacht hat. Und gibt es etwas Schöneres, als sich auf so einfachem Weg etwas Gutes zu tun?

Angefangen hat meine Premierenzeit schon vor zwei Jahren in der Klinik: Afrikanisch trommeln, Bogenschießen, Nordic-Walking, Meditation, Freies Tanzen und 36 Stunden Wachbleiben habe ich damals zum ersten Mal gemacht. Dann folgten die dicken Brocken wie Kündigen des Jobs, Europatour und der Entschluss zur Selbstständigkeit. Und nebenbei – unter anderem – noch so großartige Dinge wie Kajakfahren, Stand-Up-Paddeln und Surfen.

Diese Neugier aufs Leben wollte ich mir nach der Rückkehr auf keinen Fall durch eine sich wieder einschleichende Alltags-Monotonie nehmen lassen. Und was hilft da besser, als seine Sache öffentlich zu machen und sich ein wenig Druck durch die vielen Beobachter zu holen?

Die Halbzeitbilanz der 52-Wochen-Challenge

Ich bin zufrieden und habe einige spannende Sachen erlebt, mich einiges getraut, interessante Erfahrungen gemacht und wunderbare neue Menschen kennengelernt. Es ist allerdings auch noch Luft nach oben. Ich wollte mir ursprünglich noch ein paar schwierigere Aufgaben stellen. Aber das Thema ist doch recht häufig auf der Prioritätenliste zurückgefallen. Wochenlange heftige Rückenschmerzen und dann noch die Probleme beim Absetzen der Antidepressiva haben ihr Übriges getan.

Reiten Mischa

Juchhu, das Reit-Trauma ist überwunden!

Worauf ich besonders stolz bin: Meiner Höhenangst habe ich mich beim Klettern, beim Fahren mit dem Glasaufzug in den 13. Stock und bei einem Ausflug in den Eistobel gleich mehrfach gestellt. Und ich habe mich nach über 30 Jahren wieder auf ein Pferd getraut.

Wahnsinnig viel gelernt habe ich mit dem Beginn der Selbstständigkeit, dem ersten Buch, an dem ich mitgeschrieben habe und dem ersten Online-Projekt, das ich mit zwei befreundeten Bloggern auf die Beine gestellt habe.

Vollkorrekt.de

Die VollKorrekt-Truppe – was für eine Premiere!

Aus männlicher Innenansicht gefällt mir besonders, dass ich kein Weichei mehr bin. Eine Silvesterwanderung bei minus 15 Grad, Nordic-Walking im Schneesturm samt Graupelschauern und Eis-Kneippen im Sulzberger See waren nicht zu jeder Sekunde angenehm, aber auszuhalten. Nie mehr über das Wetter zu maulen, sondern einfach rauszugehen und mein Ding zu machen, ist eine wunderbare Begleiterscheinung der Challenge.

Eis-Kneippen 5

Hui, ist ein fast zugefrorener See wirklich so kalt?

Wenn ich mir die Bilder des ersten Halbjahres so anschaue, stelle ich fest, dass sich ganz viel draußen abgespielt hat. Geplant war das nicht. Aber es gibt mir einen deutlichen Fingerzeig, wo meine wahren Interessen liegen und wo ich mich am wohlsten fühle. Was das für die (berufliche) Zukunft heißt, weiß ich noch nicht. Ich weiß auf alle Fälle, dass ich nach der 25-Kilometer-Wanderung mit Sarah von verwandert und ihrem Zwergpony Egon so richtig Lust auf lange Märsche oder eine längere Fernwanderung bekommen habe.

Egon 1

War ne super Tour mir Egon, dem coolsten Zwergpony der Welt.

Wie geht es weiter?

Die Neugier aufs Leben treibt mich unverändert an. In 10 Tagen geht es auf die Mut-Tour – eine viertägige Radtour, in der Menschen mit und ohne Depressionserfahrung gemeinsam gegen das Stigma dieser Krankheit strampeln und viel Öffentlichkeitsarbeit leisten. Mehr zu weiteren Vorhaben verrate ich noch nicht. Ich will mich und meine Leser schließlich weiterhin überraschen.

Womit wir schon am Ende des Artikels und zwei überraschenden Erkenntnissen angelangt wären: Der Beitrag ist viel länger geworden als gedacht und ich bin viel fitter als zu Beginn des Schreibens. Wenn das nicht mal die positiven Vibes der Goa-Party gestern sind …

Wie ist es bei dir? Machst du auch bewusst immer wieder neue Dinge, um nicht einzurosten und dich zu überraschen? Oder hast du eher Angst vor Neuem und magst lieber den gewohnten Trott? Ich freue mich auf deinen Kommentar!