Es ist, wie es ist.

Wie klingt der Satz für dich?

Für mich ganz wundervoll. Ich kenne keinen besseren. Für mich ist er DIE Lösung gegen Stress, negative Gefühle und demzufolge auch Angst und Panik.

Warum ich das so sehe, erkläre ich dir später. Erst einmal will ich dir passend zu dem Thema von einer beeindruckenden Geschichte erzählen, die ich im Buch “The education of millionaires” von Michael Ellsberg gelesen und hier kurz zusammengefasst habe.

Hal Elrod fuhr im Alter von 20 Jahren nach dem damals größten Auftritt seiner jungen Redner-Karriere nach Hause, als er in einen schweren Autounfall verwickelt wurde. Ein Betrunkener raste ungebremst als Geisterfahrer frontal und ungebremst in seinen Wagen. Hal Elrod war sechs Minuten lang klinisch tot und lag nach der Reanimation sechs Tage lang im Koma. Die Ärzte erklärten seinen Eltern, dass er möglicherweise bleibende Gehirnschäden davontragen werde und niemals mehr würde laufen können.
Als nach rund zwei Wochen bei Hal Elrod wieder Bewusstsein und Erinnerungsvermögen zurückkehrten, erstaunte er Eltern und Ärzte: Anstatt zu hadern und zu lamentieren, dass der Betrunkene sein Leben und seine Karriere zerstört habe, war er fröhlich, scherzte mit den Mitpatienten und machte schnelle Fortschritte. Warum? Weil er von einem Mentor die 5-Minuten-Regel gelernt hatte, die besagt: Bei allen (unangenehmen) Dingen, die dir passieren, darfst du gerne 5 Minuten jammern, toben, wehklagen. Aber alles darüber hinaus beraubt dich deiner Energie und bringt dich keinen Zentimeter weiter. Also gilt es nach dieser Regel, den aktuellen Zustand zu akzeptieren und sich darauf zu konzentrieren, was du draus lernen und für dich daraus gewinnen kannst.
Das alles setzte Hal Elrod um, wurde völlig gesund, lernte wieder laufen und ist heute mit 36 Jahren einer der gefragtesten Redner in den USA, Bestseller-Autor und erfolgreicher Coach.

Wieso mich die Geschichte von Hal Elrod so fasziniert? Weil er sich einfach gesagt hat: “Es ist, wie es ist.”

Natürlich hätte er dem Geisterfahrer ein Leben lang sein schweres Vergehen nachtragen können. Er hätte in Depressionen verfallen können, weil seine junge Karriere zu dem frühen Zeitpunkt so jäh beendet worden war.

Was wäre dann passiert? Seine Karriere wäre tatsächlich beendet gewesen, weil er aus der Umklammerung seiner negativen Emotionen nicht mehr herausgefunden hätte. Vielleicht wäre er heute abhängig von Medikamenten, Alkohol oder Drogen, um mit seinem Schicksal klarzukommen. Ist er aber nicht. Ich ziehe den Hut vor ihm, wie er im zentralen Moment seines Lebens diese 5 Worte angewendet hat. Bei mir hat das allerdings ein wenig länger gedauert

Mein Weg zum “Es ist, wie es ist”

Im Rückblick betrachtet war meine Zeit in der Klinik der Startschuss zur neuen Lebenseinstellung. Ich habe es als unglaublich wohltuend empfunden, dass – im Gegensatz zu früheren Therapien – nicht mehr herumgebohrt wurde, was in der Vergangenheit alles falsch gelaufen war.

Kein “Aber deine Eltern” oder “Hätte, hätte, Fahrradkette”.  Sondern einfach nur: Es ist, wie es ist. An meiner Situation ließ sich rückwirkend nichts ändern. Stattdessen ging alle Energie dahin, mit den Lehren aus der aktuellen Situation die Weichen für die Zukunft zu stellen und positive Verhaltensweisen zu erlernen.

Theoretisch hätte ich sagen können: “Fuck, ich hatte vor ein paar Wochen einen heftigen Zusammenbruch und jetzt ist mein Leben wirklich im Arsch.” Praktisch habe ich aber kapiert: “Hej, der Zusammenbruch ist eine echte Chance, endlich mal mein Leben umzukrempeln und zu lernen, wie man wirklich gut lebt.”

Die Beschäftigung mit Achtsamkeit, Yoga und Meditation helfen ungemein, diese Lebenseinstellung zu trainieren und praktizieren. Denn wie bei so vielen Dingen im Leben, die einem gut tun, gilt auch hier: Von heute auf morgen ändert sich nichts. Zu sagen “Es ist, wie es ist”, ist eine tägliche Übung, ja wahrscheinlich sogar Prüfung.

Anwendbar in allen Lebenslagen

Magst du ein paar Beispiele für tägliche Situationen, in denen du statt Jammern, Fluchen, Wehklagen, Ärgern oder Meckern einfach “Es ist, wie es ist” sagen kannst? Bitteschön:

  • Du stehst im Stau.
  • Du hast gerade einen wertvollen Teller herunterfallen lassen.
  • Der Automechaniker erklärt dir, dass der Motor deines Wagens kaputt ist und wie teuer das wird.
  • Du schickst jemandem ein tolles Geschenk und erhältst kein Dankeschön dafür.
  • Deine beste Freundin hat sich schon 4 Wochen nicht mehr am Telefon gemeldet.
  • Deine Tochter hat jetzt grüne Haare.
  • Es gießt aus Eimern, dabei hattest du einen Ausflug geplant.
  • Du liegst mit Sommergrippe im Bett.
  • Dein Lieblings-Fußballverein spielt fürchterlich schlecht und verliert.
  • Du hast den Aufstieg zum Abteilungsleiter nicht geschafft.
  • Es kommt überraschend Besuch und deine Wohnung ist nicht aufgeräumt.

Falls du eine oder mehrere Sachen davon schon erlebt hast, dann frage dich: Wie hast du reagiert? Und wie hätte es sich angefühlt, einfach “Es ist, wie es ist” zu sagen?

Es geht bei dem Satz nicht darum, dass einem alles egal ist. Sondern einzig darum, die Situation wertfrei so hinzunehmen, wie sie sich darstellt, um dich nicht vom Strudel der negativen Emotionen niederreißen zu lassen und dabei den Blick für das Positive zu verlieren.

Wie willst du denn jemals ein zufriedenes Leben führen, wenn du zulässt, dass dich so viele Dinge unzufrieden machen?

Nichts spricht dagegen, nach dem gelassenen “Es ist, wie es ist” später Konsequenzen zu ziehen oder die Situation für dich positiv umzumünzen. So kannst du zum Beispiel künftig im Stau dich drauf freuen, ein bisschen zu lesen oder du fährst ab jetzt nur noch Zug. Du kannst über deine Schusseligkeit mit dem Teller lachen, weil sie dir beim überfälligen Ausmisten geholfen hat oder du beschließt, nie mehr so teures Geschirr zu kaufen.

Je öfter du “Es ist, wie es ist” sagst, desto gelassener und zufriedener wirst du. Du gewinnst innere Ruhe, die entscheidend dazu beiträgt, dass Angst und Panik dich nicht mehr so schnell (oder gar nicht mehr) zu fassen bekommen.

Wie gefällt dir diese Aussicht? Gut? Dann kennst du ja ab heute deinen neuen Lieblingssatz.

P.S.: Selten wurde ich beim Schreiben eines Artikels auf eine so harte Probe gestellt. Heute morgen bin ich vor lauter Rückenweh kaum in die Senkrechte gekommen und habe im Spiegel staunend gesehen, dass mein Körper statt einer Geraden mehr einem S gleicht. Und das, obwohl ich mich vergangene Woche sehr viel bewegt und super fleißig und gut Yoga trainiert habe. Da muss man doch ausflippen, oder? Ich habe die 5 Minuten zum Hadern voll ausgereizt, aber mich dann zum Glück an meinen Beitrag erinnert. Seitdem sage ich mir alle 15 Minuten: Es ist, wie es ist. Und es hilft wieder einmal. Die Schmerzen sind immer noch da, aber ich sitze (liege) jetzt mit einem zufriedenen Lächeln in meiner Gesundheitsliege und schreibe fleißig.
P.P.S.: Der Satz funktioniert auch ohne Anlass. Sag ihn dir zum Üben doch einfach mantramäßig immer wieder vor, dann setzt er sich wie von selbst fest. Oder du nimmst dir als Hilfe das wunderbare Gedicht “Was es ist” von Erich Fried zur Hand.

Es ist Unsinn
sagt die Vernunft
Es ist was es ist
sagt die Liebe
Es ist Unglück
sagt die Berechnung
Es ist nichts als Schmerz
sagt die Angst
Es ist aussichtslos
sagt die Einsicht
Es ist was es ist
sagt die Liebe
Es ist lächerlich
sagt der Stolz
Es ist leichtsinnig
sagt die Vorsicht
Es ist unmöglich
sagt die Erfahrung
Es ist was es ist
sagt die Liebe
(Erich Fried)

Hast du schon Erfahrungen damit gemacht, Situationen nicht zu bewerten, sondern so zu akzeptieren, wie sie sind? Falls ja: Wie ging es dir damit? Falls nein: Was stellt für dich das Schwierigste daran dar? Ich freue mich auf deinen Kommentar!

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