Ich liebe es, Mut zu machen. Und ich liebe es, von einem Mutausbruch anderer Menschen zu hören oder zu lesen. In den zwei Jahren seit Bestehen des Blogs habe ich immer wieder beeindruckende Nachrichten von Lesern bekommen, die etwas gewagt haben, was sie sich zuvor nie zugetraut hätten oder was ihre Angst verhindert hatte.
Somit war es ein logischer Schritt für mich, die Serie „Mein Mutausbruch“ zu starten. Ich fasse hier die mutmachenden Geschichten meiner Leser zusammen, die sich irgendwann einmal gesagt haben „Ich kann und mach das jetzt – egal, was dabei passiert.“
Sabrina war 14 Jahre alt, als sie ihre erste Panikattacke hatte. Was folgte, waren viele Jahre voller Angst, so ungefähr vor fast allem, was denkbar ist. Jetzt ist sie 31 und sagt von sich: “Endlich lebe ich.” Innerhalb von nur einem Jahr hat sie ihr Leben radikal umgekrempelt, hat sich Dinge getraut, von denen sie früher noch nicht einmal geträumt hatte und es geht ihr richtig gut. “Das ganze Jahr 2016 war ein Mutausbruch”, sagt sie. Hier kommt die Geschichte, wie Sabrina aus ihrem ängstlichen Leben ausgebrochen ist.
“Mein Name ist Sabrina. Ich bin 31 Jahre jung, zur Zeit lebe und arbeite ich in England, aber bis ich diesen Schritt gewagt habe, ist eine lange Zeit vergangen.” Als ich die ersten Zeilen von Sabrinas Mail vor einigen Wochen gelesen habe, wusste ich sofort: Das ist wieder ein ideale Kandidatin für meine Serie. Umso größer meine Begeisterung, dass sie gleich zugesagt hat.
Wenn die Angst vor der Angst das Leben beherrscht
Sie erzählt, dass sie nach ihrer ersten Panikattacke zu einem Angsthasen mutiert ist und sich nichts mehr zugetraut hat. “Ich hatte vorher schon kein großes Selbstbewusstsein, da ich früh in der Schule gehänselt worden bin, weil ich anders war”, berichtet Sabrina.
Die folgenden Jahre bedeuteten für sie eine Berg- und Talfahrt. Denn selbst in guten Zeiten gab es da immer diese Angst vor der Angst. Daraus entwickelten sich immer mehr Ängste, zum Beispiel vor Ärzten und Krankheiten. Sie konnte nicht einmal mehr in ein Krankenhaus gehen oder sich den Blutdruck messen lassen, ohne dass sie Panik bekam. Sabrina hatte Angst vorm Fliegen, vor Enge, vor der Höhe, vor dem Alleinsein, vorm Verlassenwerden. “Oh man, ich hatte nur noch Angst, eigentlich Angst vor dem Leben”, schreibt sie.
Als Folge daraus hat sie sich immer wieder in Beziehungen gestürzt, nur um nicht alleine zu sein. Heirat mit 26, eine Fehlgeburt und ein Mann, der ihr nicht viel zugetraut und ihr im wichtigsten Moment nicht den Rücken gestärkt hat. Trennung, Hals über Kopf in die nächste Beziehung. Was gleich blieb: “Meine Ängste und die Panik kamen und gingen, wann sie wollten”, erzählt Sabrina.
Ein Jobverlust als Glücksfall
Im Januar 2015 verlor sie auch noch ihren Job. Im Nachhinein gesehen ein Glücksfall. Denn sie tat endlich etwas spontan, was sie wirklich unbedingt wollte. Sie begann eine Ausbildung zur Rettungssanitäterin. Plötzlich war die Angst vor dem Krankenhaus gar kein Thema mehr.
In dieser Zeit lernte sie bei Facebook eine tolle Frau kennen, die ihr Leben und Denken auf den Kopf stellen sollte. Waltraud Gauglitz – das ist ihre Website: ohne-angst.com und das ihr Buch: Der Weg aus der Angst – hat selber viele Jahre unter Panik gelitten und hilft nun anderen, den Weg aus der Angst zu schaffen. “Sie hat mir nicht nur geholfen, die Angst zu besiegen, sondern hat mir den Weg zu mir selbst gezeigt”, sagt Sabrina.
Sie durfte dabei lernen, ihr komplettes Weltbild zu ändern. Die wichtigsten Botschaften: “Vertraue nicht deinen Gedanken, lebe nicht in der Vergangenheit, denn die ist Geschichte und ändern kannst du daran eh nichts mehr. Lebe nicht in der Zukunft, denn die ist ungewiss, sondern lebe im Hier und Jetzt, das ist alles, was zählt.”
Plötzlich hat es Sabrina geschafft, dem Leben zu vertrauen und sich dem Fluss des Lebens hinzugeben. “Ich bin ein Meister im Loslassen geworden. Ich genieße es alleine zu sein, was ich früher nicht konnte und heute ist es für mich sogar wichtig, Zeit nur mit mir zu verbringen”, berichtet sie.
Das Schlüsselerlebnis: Die Trennung von ihrem Freund
Insofern keine Überraschung, dass sie sich im Sommer 2015 von ihrem Freund getrennt hat. Und die Erkenntnis: “Zum ersten Mal lebe ich alleine und es ist wunderbar! Ich habe Selbstvertrauen aufgebaut. Ich liebe mich selber und zum ersten Mal bin ich ich und keine Maske oder so wie mich andere gerne hätten. Ich denke nicht mehr darüber nach, was andere über mich denken und folge meinem Herzen. Das ist der Weg aus der Angst, vertrauen und loslassen.”
Die Trennung war ein Schlüsselerlebnis für Sabrina. Sie sagt, sie sei jetzt kontaktfreudiger denn je. Durch ihre Veränderung hat sie auch den Kontakt zu anderen Menschen verloren. “Das macht mir nichts aus. Diese Menschen wollten die kleine verängstigte Sabrina, die vor lauter Angst vor Zurückweisung hinter einer Maske gelebt hat, nur um anderen zu gefallen. Doch ich bin gut so, wie ich bin, mit all meinen Macken und Fehlern und werde mich nicht mehr für andere verbiegen”, schreibt sie.
Der erste Urlaub allein, ein Flug ohne Panik
Nach der Trennung wagte sie dann Dinge, die vorher nie in Frage gekommen wären. Im Januar 2016 flog sie (!) alleine (!) in den Urlaub nach Malaga. Zuvor war sie immer mit Partner unterwegs gewesen. Und dann war ja noch die Flugangst. “Als es los ging, war ich doch schon etwas nervös, doch ich hatte einen echt tollen Platz in der ersten Reihe am Fenster. Mein Sitznachbar war super lieb und wir konnten uns gut unterhalten. Die Angst vorm Fliegen war fast weg, ein mulmiges Gefühl hatte ich zwar noch, aber es war keine Panik”, erzählt Sabrina.
Ihr neuer Mut wurde prompt auf die Probe gestellt, als das Flugzeug wegen eines Gewitters nicht in Malaga landen konnte und es erst nach einer Zwischenlandung drei Stunden später weiterging. Morgens um halb 5 Uhr kam sie im Hotel an und wollte am nächsten Tag einfach in Ruhe ein Buch lesen.
Und wieder war Flexibilität gefragt: “Na ja, daraus wurde nichts. Ich bin in einem Hotel gelandet, in dem sehr viele Engländer waren, die gefeiert haben. Aber ich habe das beste daraus gemacht, habe mir selber nen Wein geholt und ehe ich mich versah, wurde aus einem geplanten Erholungsurlaub ein Partyurlaub, den ich so schnell nicht vergesse.”
Sie lernte dabei so viele tolle Menschen kennen und die englische Mentalität lieben, dass die Idee geboren war: Warum nicht einfach mal im Ausland jobben? Auch das hat Sabrina inzwischen in die Tat umgesetzt.
Ab nach Liverpool!
Im Mai fasste sie den Entschluss, für den Sommer nach Liverpool zu gehen. Sie kündigte ihren Job, suchte sich in Liverpool einen Job für ein paar Monate, packte ihre Sachen und flog das vierte Mal in diesem Jahr nach England, wo sie in der Zwischenzeit einige Freunde gefunden hatte. “Aber schnell wusste ich, dass ich hier bleiben möchte”, erzählt sie.
Sie beantragte alles in England, was sie dafür benötigt und ging auf Jobsuche, um ihren dauerhaften Unterhalt zu verdienen. “Nun ja, Mitte des Monats fange ich jetzt meinen neuen Job an”, schreibt sie stolz. “Und zum ersten Mal in meinem Leben ziehe ich in eine WG mit einem schwulen Pärchen. Ich liebe die beiden und kann mir keine besseren Mitbewohner vorstellen.”
Wenn sie heute noch ab und an Angstgedanken hat, weiß sie, dass sie wieder dabei ist, sich Dinge einzureden, die wohl nie eintreten werden. Dann geh sie in sich, atmet zwei,- dreimal tief ein und aus und sagt sich, dass es nur ihre Gedanken sind – und es wird besser. “Ich brauche keine Angst zu haben, denn das Leben sorgt für mich!”
Ihr Tipp: “Wagt euch auf den Weg!”
Viele Jahre war ihr die Panik peinlich, hatte sie Angst, als psychisch krank abgestempelt zu werden. Nun will sie mit ihrer Geschichte anderen Betroffenen helfen.
Der Weg dorthin aus ihrer Sicht: “Es hat nichts mit Konfrontation oder den anderen Praktiken, die man vom Psychologen kennt, zu tun. Es hat etwas mit Spiritualität und unserer Einstellung zum Leben zu tun. Habt keine Angst. Was habt ihr schon zu verlieren? Wagt euch auf den Weg!”
Jedem, der ohne Angst leben will, legt Sabrina dieses Buch ans Herzen: Der Weg aus der Angst.
Ich finde Ihre Geschichte so beeindruckend, dass ich mir das Buch auch gleich bestellt habe und schon ganz gespannt darauf bin. Sabrinas Weg aus der Angst zeigt wieder einmal, dass Panik kein lebenslängliches Urteil ist, sondern eher ein Anlass, das eigene Leben zu hinterfragen und die nötigen Änderungen einzuläuten. Vielen Dank für dieses großartige Beispiel, Sabrina!
Herrlich! Ich freue mich mit jedem, der aus dem Angstkorsett aussteigen kann, war ich doch lange Zeit selber darin gefangen. Gratulation an euch und hier speziell an Sabrina. Ein großes Danke für diesen Bericht, lieber Mischa! Danke auch für die Arbeit von Waltraud Gauglitz, der ich bereits persönlich begegnen durfte.
Auch ich bin eine, die die Angst hinter sich lassen durfte und konnte, na ja – weitestgehendst zumindest. 🙂 Auch bei mir gabs einen Mutausbruch, er kam zwar aus der Verzweiflung, aber letztlich bleibt Mut doch Mut!
Das Leben ist wunderbar!
Hi Anna Marie,
sehr gern geschehen 🙂 Ich finde die Story auch großartig und die Arbeit vomn Waltraud ist super wertvoll.
Wunderbar, dass du auch in dem Thema richtig gut vorankommst. Ich wünsche dir noch ganz viele Mutausbrüche. Denn das Leben ist in der Tat wunderbar 🙂
Alles Liebe
Mischa
Diese Geschichte gefällt mir aus 2 Gründen extrem gut:
1.) Sie zeigt mal wieder, dass ein Jobverlust das beste sein kann, was einem passieren kann.
2.) Sie zeigt, dass nicht jeder nach Bali oder Südamerika muss, sondern, dass man auch in bei digitalen Nomaden nicht ganz so frequentierten Städten wie Liverpool sein Glück finden kann.
Ich glaube ich bekomme gleich einen Mutausbruch!
Hi Aline,
genau so isses 🙂
Und viel Freude bei deinen Mutausbrüchen!
Liebe Grüße
Mischa
Das könnte ja fast meine geschichte sein nur leider .. mache ich das jetzt auch 1 Jahr und 7 Monate mit .. Nun haben sie nach dem chinesischen Hard geblieben bin eine Schilddrüsen unterfunktion gefunden .. Trotz Tabletten sind die Symptome die gleich .. Ich weiß mit 31 leider nicht mehr weiter …
Habe alles probiert .. bloss ich Finde den Ausweg leider nicht
ich hatte nie angst vor Krankheiten ich war immer die Draufgängerin ich habe mich allem gestellt .. Und nun bin ich ein kleines Licht .. Keine Freunde nichts nur die Angst und die Symptome
Hi Janine,
danke für deinen Kommentar! Leider kann ich dir im ersten Absatz nicht ganz folgen und verstehe die Zusammenhänge nicht wirklich. Vielleicht kannst du das nochmal etwas klarer darstellen, damit ich dir eine Antwort geben kann?
Liebe Grüße und alles Gute
Mischa