Ich bekenne mich schuldig: Immer wieder tue ich meinen Mitmenschen Furchtbares an. Zumindest, wenn ich die Reaktionen richtig deute, muss es etwas ganz Schreckliches sein.
Mein Vergehen: Ich grüße Wildfremde und lächle dabei. Tatbestand: Schwere Nötigung durch Lebensfreude in Tateinheit mit verbaler Belästigung übel gelaunter Menschen.
Manchen Zeitgenossen fährt sichtbar der Schreck in die Glieder, wenn ich ihnen ein fröhliches “Hallo” entgegenschleudere. Sie zucken zusammen und ich kann ihre innere Stimme hören: “Was will denn der von mir? Ich kenn den doch gar nicht. Und warum zum Teufel ist der grundlos fröhlich?”
Es ist aber auch unerhört. Solche Aktionen bringen viel zu viel Unruhe in die gewohnte Verteidigungshaltung, die viele als Leben bezeichnen. Bestehend aus lieb gewonnenen und alt bewährten Tätigkeiten wie:
- Jammern
- Sich ärgern
- Misstrauisch sein
- Aufpassen
- Streiten
- Abwehren
- Nörgeln
- Lästern
Funktioniert ja auch super. Machen doch alle so. Stimmt nicht? Na dann schau einfach mal in die Gesichter der Menschen, die morgens mit der U-Bahn zur Arbeit fahren.
Warum sind wir nur, wie wir sind? Mit wir meine ich in erster Linie uns Deutsche sowie geistesverwandte Industrie- und Konsumgesellschaften.
Die hässlichen Folgen der protestantischen Arbeitsethik
Weil über die Jahrhunderte die protestantische Arbeitsethik so bizarre Formen angenommen hat, dass wir uns selbst in erster Linie gar nicht mehr als Menschen, sondern nur noch als Arbeitswesen sehen – wie in diesem Artikel schön beschrieben.
Mit den Folgen, dass wir ja gar nicht grundlos fröhlich sein können, weil wir von klein auf durch folgende Sätze geprägt werden:
- Das Leben ist kein Ponyhof.
- Das Leben ist kein Kindergeburtstag.
- Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.
- Du bekommst im Leben nichts geschenkt.
- Das Leben ist ein Kampf.
- Schaffe, schaffe, Häusle baue.
- Ohne Fleiß kein Preis.
Und dir fallen bestimmt noch ein paar weitere Glaubenssätze zu dem Thema ein, oder?
Ist es da ein Wunder, dass die meisten Menschen nicht gut drauf sind, wenn ihr innerer Kompass immer in Richtung Kampf, Mühen, Plagen, Anstrengen, Übertrumpfen und Fleiß ausgerichtet ist? Und die Nadel schon lange nicht mehr Richtung Genuss, Lebensfreude, Müßiggang, Ruhe und Herzlichkeit gezeigt hat?
Warum wünschen wir uns nach Reisen in andere Länder so oft die Fröhlichkeit und Unbekümmertheit der Menschen dort auch für das Leben hierzulande? Ganz einfach: Weil es zu wenig davon gibt.
Wenn die Reiseweltmeister endlich lächeln könnten …
Provokative Frage: Wenn all die Reiseweltmeister aus Deutschland, die zurückkommen und sich so etwas wünschen, ein bisschen was davon in die Tat umsetzen würden: Wären wir dann nicht längst schon ein fröhlicheres Land?
Geht aber nicht, weil wir uns lieber drüber aufregen, dass die anderen Menschen hierzulande so schlecht gelaunt sind, anstatt selbst positives Vorbild zu sein.
So habe ich das früher meist auch gehandhabt. Aber meine halbjährige Europatour, auf der ich so unglaublich viele freundliche und hilfsbereite Menschen getroffen habe, hat mir in dem Punkt die Augen geöffnet. Wenn ich will, dass sich auch nur im ganz Kleinen etwas bewegt, muss ich damit anfangen.
Und so renne ich nun durch die Gegend und stürze meine Mitmenschen in Verwirrung. Wobei ich meine grundlose Fröhlichkeit schon dahingehend optimiert habe, dass die Rückgruß-Quote schon auf über 50 Prozent und die Rücklächel-Quote auf 20 Prozent gestiegen ist (exakt ausgewertete Zahlen des Statistischen Bundesamtes).
Sollte ich selbst mal mürrisch aus dem Haus gehen, werde ich nach 200 Metern an meine Mission erinnert. LÄCHELN steht riesengroß auf einer Hauswand in der Nachbarschaft (daher das Titelbild). Ich habe es noch nie geschafft, dort vorbeizugehen oder -radeln und nicht zu lächeln.
Dankbarkeit als Schlüssel zur Freude
Bin ich jetzt ein besserer Mensch als die anderen? Nein. Aber ich habe für mich entschieden, dass ich lieber dankbar für das Leben und all seine Möglichkeiten bin, als dass ich mich ständig über irgendwelche Nichtigkeiten aufrege und so Negativität in mein Leben bringe.
Deshalb fällt es mir viel leichter, grundlos fröhlich zu sein, weil ich mich an so vielen Dingen erfreuen kann. Dankbarkeit vertreibt das Jammern. Ist dir das auch schon mal aufgefallen?
So wie beim MonatsMob im Februar die tägliche Aufgabe “Menschen anlächeln” war, sollten wir uns das eigentlich immer vornehmen und so oft es geht in die Tat umsetzen. Wir verwirren die Miesepeter und ermutigen die Unsicheren zum Zurücklächeln. Und das ganze kostet nur zwei hochgezogene Mundwinkel.
Also lautet mein Appell: Lasst uns grundlos fröhlich sein!
Bist du dabei?
Geht dir die deutsche Jammerei auch auf den Senkel? Welche Erlebnisse hattest du in anderen Ländern? Und welche Konsequenz hast du draus gezogen? Ich freu mich auf deinen Kommentar!
Yeah, grundlos fröhlich klingt nach einem super Motto. Schon vor bestimmt 10 Jahren sagte eine Kollegin zu mir, dass ich ihr Sonnenscheinchen sei, weil ich immer so fröhlich unterwegs bin und selbst, wenn ich schlechte Laune habe, noch ein Lächeln für mein Umfeld erübrige. Ich mag meine rosarote Brille und bin froh, dass ich sie meist aufhabe. Hoffe, dass geht immer so weiter!
Also in diesem Sinne, immer schön lächeln 🙂
Hi Tanja,
dein sonniges Wesen kann man direkt durch die Zeilen spüren 🙂
Für mich ist z.B. Humor eine der wichtigsten Eigenschaften, sodass ich selbst an miesen Tagen immer noch irgendwo ein paar Witzchen reißen muss und so dann selbst wieder bessere Laune bekomme.
Lächelnde Grüße
Mischa
Ja! Ich bin dabei 🙂
Willkommen im Club! 🙂
😀
lg
Maria
Der Super-Smiley gilt auch als Eintrittskarte 🙂
LG
Mischa
Mal wieder sprichst du mir aus der Seele, Mischa. Meine Rücklächelquote ist ziemlich hoch – nach anfänglich skeptischem Blick kann mir fast niemand widerstehen. 😉 Inzwischen bin ich in meiner Sportgruppe als “Aura-Anna” bekannt. Dabei habe ich nicht den Eindruck, übertrieben gut drauf zu sein. Ich freue mich einfach, die bekannten Gesichter zu sehen und das darf man ruhig mal zeigen! Und zwar nicht schüchtern-zurückhaltend-halbdenblicksenkend, sondern ganz offen und ehrlich! Und: Das macht selbst unglaublich gute Laune und versetzt einen so richtig schön in eine Aufwärtsspirale!
Also: 🙂
Einen wunderschönen Tag dir!
Anna
Hi Aura-Anna,
welch herrlicher Begriff 🙂 Solltest du dir schützen lassen.
Und die Rücklächelquote ist natürlich bei so einem jungen, hübschen Madel noch deutlich höher als bei so einem alten Sack wie mir 😉
Du hast völlig recht, dass du durch das Geben des Lächelns auch etwas zurückbekommst, nämlich eine eigene Verbesserung der Stimmung. Und das ist es allemal wert.
Behalte dein wunderbar-lächelndes Wesen und liebe, sonnige Grüße
Mischa
Na klar bin ich dabei 🙂
In Spanien wird man übrigens sehr oft im täglichen Leben mit “Hola guapa” (Hallo Hübsche) angesprochen.
Am Anfang war ich völlig irritiert, weil ich das aus Deutschland nicht kannte. Aber dann fand ich es einfach toll und habe es genossen 🙂
In diesem Sinne,
hasta luego, guapo!
Nima
Hallo Hübsche,
hab bei dem Text auch öfter an dich und dich deine Erlebnisse denken müssen. Von Lächeln und Komplimenten kann man doch gar nie genug bekommen 🙂
Liebe Grüße
Mischa
Hallo Mischa,
vielen Dank für diesen super Aufruf!
Seit ich mit mir und meinem Leben zufrieden bin, gehe ich auch viel positiver durch meinen Alltag. Es gibt wohl kaum eine Situation, in der ich nicht lächle. Sei es im Bus, im Supermarkt oder auf der Straße… Und ich finde, es löst jedes Mal ein großartiges Gefühl der Verbundenheit aus, wenn andere zurücklächeln.
Es erhellt förmlich den ganzen Tag.
Ich bin auf jeden Fall dabei!
LG, Katharina
Hi Katharina,
danke für dein Lächeln, das strahlt ja schon aus deinem Bild heraus 🙂
Ich finde, man kann durch sein eigenes Lächeln den eigenen Tag verschönern, auch wenn man vielleicht bis dahin noch gar nicht so gut drauf war. Denn hast du es schon mal geschafft, während des Lächelns an etwas ganz Schlimmes zu denken?
Viel Freude beim Weiterlächeln und liebe Grüße
Mischa
Hi Mischa,
herzlichen Dank für deinen “köstlichen” Artikel.
Erinnert mich an die ersten Erkundungen in meiner neuen Heimat… Auch ich schleuderte jedem ein fröhliches “Hallo” entgegen, natürlich begleitet von einem Lächeln. Die Reaktionen waren ähnlich, wie von dir beschrieben.
Da hilft nur…weiterlächeln…
Kat
Hi Kat,
vielen Dank für deinen Kommentar!
Ja, du bist aber auch eine Böse, dass du die Menschen einfach mit einem Lächeln quälst 😉
Und du hast recht: Einfach weiterlächeln. Irgendwann kriegen wir sie alle 🙂
Liebe Grüße
Mischa
Hallo Mischa
Schöner Beitrag. Ich mag deine Perspektive einfach gern 🙂
Ich bin schon laaange dabei im Club und verdanke meinem “notorischen” Anlächeln (neben einigen Anmachversuchen 😛 ) viele nette Begegnungen und sogar Freundschaften.
Am aller-allerschönsten war das (nicht ganz unerwartet) in Japan – Hier gehört es einfach zum guten Ton, sensibel, rücksichtsvoll und nett zu sein – viel zu lächeln und einander so zu bestärken. Ich habe mich noch nie so wohl und spontan aufgenommen gefühlt wie in diesem Land.
liebe Grüsse, Anna
p.s. Lächeln ist besonders geeignet, um die Grundstimmung im Line-Up zu heben 😉
Hi Anna,
du bist Surferin? Sehr sympathisch 🙂
Ach und so ein paar Anbandelversuche zwischendurch sind doch ganz nett. Besser, als wenn nie jemand auf einen aufmerksam würde …
Danke für dein Lächeln und dein Lob 🙂
Liebe Grüße
Mischa
Hey Mischa
Triffst den Nagel auf den Kopf! Auch hier in Österreich erlebe ich dieses Verhalten des “Arbeitsvolkes” genauso wie du in Deutschland.
Ich persönlich finde dies sehr traurig. Muss aber zugeben dass ich auch mal zu dieser Gruppe gehört habe. Vor nicht allzu vielen Jahren.
Reisen verändert. So hat es auch meine 8 Monatige Reise getan.
Heute bin ich ein anderer Mensch. Glücklicher 😉
Meine Einstellung: Niemand wird dein LEBEN verändern. Nur DU selbst kannst es.
Wozu also schlecht gelaunt und gehetzt durch das Leben laufen, wenn die “Gegenversion” um so vieles entspannter und angenehmer ist.
Für die Seele sowie fürs Herz.
alles Gute
Patrick
Hi Patrick,
haargenau das ist es: Du musst bei dir selbst anfangen, wenn du willst, dass sich was ändert.
Witzig ist, dass ich beim Schreiben des Artikel öfter an Österreich gedacht habe. Zum einen als abschreckendes Beispiel Wien, wo ich die Leute als sehr muffelig erlebt habe – ich weiß, der morbide Charme … 😉
Und als Gegenbeispiel Graz: Super gelaunte Menschen, pfeifende Fahrradfahrer, muss irgendwie an der Nähe zum Süden liegen.
Danke für deinen Kommentar und liebe Grüße
Mischa
Eine Rückgruß-Quote ist schon genial. Super Artikel Mischa. In der Tat grüßt täglich das Murmeltier. Wenn man gefragt wird, wie es läuft oder wie es einem geht und man dann mit Stolz antwortet YES die Woche lief super oder ähnliches. Dann bekommt man oft gleich eine in die Magengrube mit: Das sagst du ja immer …
Sorry? Was wollen die Leute hören? Offensichtlich die Bestätigung ihres eingenen Leidens.
Wenn ich gefragt werde warum ich so fröhlich bin, sage ich immer nur noch: Ich bin frei … von was auch immer.
Gruß
Alex
Hi Alex,
besten Dank 🙂
Das mit dem “Ich bin frei von” muss ich mir merken. Da kann ich inzwischen auch einiges einfügen …
Ich freu mich über deine Fröhlichkeit und schicke viele Grüße
Mischa
Hi Mischa,
Deine herzliche Aufmüpfigkeit gefällt mir! Natürlich bin ich auch dabei. Ich mache das oft und gerne, mein Lächeln gnunszügig zu verteilen und amüsiere mich meist über die doch sehr unterschiedlichen Reaktionen. Eigentlich ist es ja so, dass uns alle Lebewesen (ausser den gestressten griesgrämigen Menschen) auf ihre Art anlächeln – ob es nun die Schneeglöckchen am Wegesrand sind oder der Hund des fremden Spaziergängers, der an meinen Beinen schnüffelt, während sein Herrchen ihn perplex zum Weitergehen animiert… Nur scheinen immer weniger Menschen dafür zugänglich zu sein. Manchmal, wenn ich sehr traurig bin, sagen mir meine Freunde, ich sei doch sonst so ein Sonnenschein – das mache sie auch grad traurig, wenn sie mich so sähen.
Lächelnde Grüsse, Natalie
Liebe Natalie,
mir hast du gerade auch ein Lächeln aufs Gesicht gezaubert 🙂 Schön, dass du im Team der Fröhlichen dabei bist. Was nicht heißt, dass wir nicht auch mal traurig sein können. Wäre schlimm, wenn wir uns das verbieten würden. Traurigkeit und Drama dürfen halt nur nicht zum Selbstzweck werden.
Liebe Grüße an den Sonnenschein
Mischa
😀
Hallo Mischa
Ich wollte kürzlich ein Menschen-anlächeln-Experiment starten, jedoch stellte ich fest, dass Menschen in der Öffentlichkeit und im ÖV immer nach unten, rechts, links oder oben schauen und ich sie gar nicht ansehen bzw. anlächeln kann. Wenn ich versuche, jemanden bewusst anbzublicken, um dann lächeln zu können, schaut die Person noch mehr hinunter. Eigentlich krass. Vor vielen Jahren (damals als ich das erste mal auf Medis war und davon wie high war, hatte ich auch mal so ein Experiment gemacht, damals aber funktionierte es bzw. gab es da noch kein Smartphone, liegts vielleicht daran?.
Ist es nur in der Schweiz so? Ich kann dem Gegenüber ja schlecht einen Fusstritt geben und ihn dann anlächeln. 😉
Naja, versuche es weiter.
LG
Eva
Hi Eva,
ja, beim Anlächeln brauchen wir manchmal etwas Geduld 😉 Und in der Tat hat das extrem viel mit den dauerpräsenten Smartphones zu tun und den Köpfen, die meist Richtung Boden schauen.
Ich bin mir sicher, dass du mit deinem Lächeln noch ganz viele Zurücklächler bekommst. Kannst ja mal draußen in der Natur üben, die Wanderer sind meist entspannter 🙂
Ganz liebe Grüße
Mischa