In den vergangenen sechs Tagen hatte ich jede Menge Hausaufgaben. Im NLP-Master-Seminar durften wir uns unter anderem zu folgenden Themen Gedanken machen:
- 50 Dinge, die du gerne tust
- 50 Dinge, die du gut kannst
- 50 Dinge, von denen du begeistert bist
- 50 Erfolge, die du gefeiert hast
- 50 Dinge, die dir gute Laune bescheren
Meine erste Reaktion: Was, nach 8 Stunden Seminar noch weiterarbeiten??? Die zweite Reaktion: Cool, solche Sachen überlegen und aufschreiben macht Spaß und bringt mich weiter. Weiß ich aus Erfahrung.
Denn letztlich ist Schreiben eine großartige Therapie- und Motivationsform.
Schreiben schafft Klarheit, Schreiben schafft Verbindlichkeit. Schreiben ist der Unterschied von “Da hab ich auch schon mal drüber nachgedacht” zu “Da steht es schwarz auf weiß.”
Selbstverarschung funktioniert beim Schreiben nicht
Ich stelle immer wieder fest: Beim Nachdenken oder über eine Sache reden, kann ich mich wunderbar selbst verarschen.
Wie heißt es so schön: “Das gesprochene Wort ist flüchtig.” Ich kann viel erzählen, wenn der Tag lang ist. Und wenn nicht gerade ein Fernsehteam dabei ist, das meine Worte aufnimmt, kann ich immer noch behaupten, dieses oder jenes nie oder in in einer ganz anderen Bedeutung gesagt zu haben.
Genau das funktioniert beim Schreiben nicht. Denn Schreiben ist so herrlich ehrlich.
Meine These: Du kannst nichts auf ein Blatt Papier bringen, was du selbst nicht glaubst. Da kommt automatisch eine Stimme, die sagt: “Ne, ne, mein Junge. Erzählen kannst du ja viel. Aber wenn du Dinge aufschreibst, sollte das schon stimmen. Könnte ja mal jemand lesen – zum Beispiel du selbst.”
Genau deshalb ist es so wertvoll, einen Block und einen Stift zur Hand zu nehmen, wenn du dir zu einem Thema Klarheit verschaffen willst, irgendwo nicht weiterweißt, in deiner Gedankenspirale festhängst, deine Gefühle nicht so richtig einordnen kannst.
Der unsichtbare Co-Autor an deiner Seite
Ab dem Moment, wenn du die ersten Worte geschrieben hast, wirst du einen unsichtbaren Co-Autor bekommen. Einen, der dir deinen Stift führt und dich Sachen schreiben lässt, an die du vorher gar nicht zu denken gewagt hast.
Am Rande eine Beichte: Dieser Blog ist das beste Beispiel dafür. Du als mein Leser bist quasi mein wöchentliches Versuchskaninchen, der meine Schreibtherapie aushalten darf. Danke dafür!
Ich weiß zwar immer, über was ich schreiben werde und wie die groben Inhalte sind. Nur fallen mir jedesmal im Schreibprozess neue Dinge ein, die noch unbedingt in den Text müssen. Teilweise stelle ich auch fest, dass die Grundthese meines Artikels kompletter Quatsch ist und ich schmeiße während des Schreibens mein gesamtes Konzept um.
Stets aufs Neue bin ich fasziniert von der großen Kraft, die vom Schreiben ausgeht. Genau genommen vom Schreiben, das irgend etwas mit dir selbst und deinen Themen zu tun hat.
Du kannst natürlich auch 50 Gründe aufschreiben, wieso der FC Bayern wieder Meister wird. Ob dir das für dein Leben so viel bringt, sei mal dahin gestellt.
Frag bei dir selbst nach, welche Lösungen du gern hättest
Traust du dich dagegen, mal schriftlich bei dir selbst nachzufragen, wie du zu einem Thema stehst, welche Gefühle bei dir gerade präsent sind oder welche Lösungsideen du gerne hättest, dann können kleine bis größere Wunder geschehen.
Ich habe das zum Beispiel kürzlich angewendet, als meine große Flug-Mutprobe anstand. Gefühlt 1000 Sachen schossen mir durch den Kopf, die ich irgendwie ordnen wollte.
Heraus kam ein Liebesbrief an mich selbst, in dem ich auf 8 Seiten alles aufgezählt habe, was ich – vor allem in den letzten Jahren – alles erreicht habe und wie stolz ich auf mich bin. Mit der Feststellung: Es gibt keinen Grund, das nächste große Ziel nicht ebenso zu schaffen.
Das Schönste dabei: Es kostet dich nichts, außer deiner Zeit. Hinsetzen, schreiben, fertig. Wenn du das nur 5 Minuten täglich machst, gewinnst du mehr für dich, als wenn du 10 Ratgeberbücher liest.
Deshalb finde ich die Arbeit toll, die der liebe Paul auf seiner Seite “schreiben wirkt” macht. Seiner Meinung nach gibt es sogar “101 Gründe, warum du Tagebuch schreiben solltest.”
Schreib so oft und so viel du kannst
Ich gestehe, dass ich als hauptberuflicher Schreiber die tägliche Schreibroutine in eigener Sache noch ausbauen kann. Nichtsdestotrotz mein Rat: Schreib so oft und so viel du kannst.
Zum Beispiel:
- einen Brief an dich selbst oder an jemand anderen
- ein Tagebuch
- ein Glückstagebuch bzw. Dankbarkeitstagebuch (jeden Abend nur die positiven Dinge notieren, die dich glücklich gemacht haben/für die du dankbar bist)
- Morgenseiten (jeden Morgen ohne nachzudenken ungekürzt aufschreiben, was dir alles in den Sinn kommt)
- Listen, in denen du alles notierst, was du gut kannst und welche Erfolge du schon hattest (siehe oben)
Mir ist bei unseren Hausaufgaben einmal mehr klar geworden, wie viel Positives in meinem Leben ist, wie viel ich kann und auf wie viele Dinge ich stolz sein kann.
Das liegt nicht daran, weil ich in irgendeiner Sache ein Überflieger bin, sondern nur daran, dass ich mir die Zeit genommen habe, all diese Dinge einmal aufzuschreiben.
Hol dir den Motivationskick
Ein richtig geiler Motivationskick, als ich festgestellt habe, dass die 50 Punkte jeweils gar nicht ausreichen und ich immer weiter und weiter schreiben kann.
Hätte ich versucht, die Dinge nur aus dem Gedächtnis aufzuzählen, wäre mir wahrscheinlich nicht einmal die Hälfte eingefallen.
Insofern bin ich unserer Trainerin Wiebke unendlich dankbar, dass ich jetzt einen halben Block voller Sachen habe, die mir allein schon beim Nachlesen ein Lächeln aufs Gesicht zaubern.
Also weiß ich jetzt schon, wo ich das nächste Mal hinschaue, wenn ich mir selbst gute Laune machen will.
Und ich bin mir sicher, dass das bei dir nicht anders ist. Falls du sagst: “So viele Dinge fallen mir niemals ein!”, dann fang einfach mit fünf oder zehn an, freu dich darüber und schau, ob dein innere Co-Autor nicht plötzlich noch viel mehr auf Lager hat. Ich freu mich auf deinen Erfahrungsbericht!
Mein Fazit
Was ich selbst dadurch gelernt habe? Zum Beispiel, dass ich mir über meine Qualitäten noch sicherer wurde und ein richtig gutes Gefühl beim Aufschreiben hatte.
Und dass ich keinen Zweifel hatte, dass es mir gelingen wird, zwischen Seminar-Rückkehr und einer Einladung zum Abendessen in 45 Minuten einen Blogartikel zu schreiben, wie eben geschehen.
Ein weiterer Punkt, den ich gleich bei meinen Erfolgen eintragen darf.
Hast du ähnliche Erfahrungen mit dem Schreiben gemacht? Oder würdest du gerne und konntest dich bisher noch nicht dazu aufraffen? Ich freue mich auf deinen Kommentar!
Foto: Unsplash.com
Nennt sich jetzt bei mir Journale (3 Bücher mit jeweiligen Thema) und nun kommt noch ein Erfolgsbuch dazu.
Hilft tatsächlich (und das sage ich als oller Skeptiker).
LG vom See
4 Bücher parallel? Na hoffentlich darf ich mal eins davon lesen 😉
Liebe Grüße vom Balkon
Nicht Bücher. Journale.
Quasi das was im Kopf schwirrte steht da jetzt drin und belastet nicht mehr.
Bring ich mal mit.
Ich freu mich drauf!
Hey Mischa,
ein schöner Artikel.
Es stimmt, beim Schreiben kann man nicht vor sich selbst flüchten.
Es ist eine gute Möglichkeit sich selbst zu reflektieren und interessante Einsichten zu gewinnen.
Das geschriebene Wort kann auch sehr machtvoll sein. Schriftlich fixierte Ziele werden eher umgesetzt als vage Ideen.
Alles Liebe
Patricia
Hi Patricia,
danke für dein Lob. Und ja, das mit den Zielen sehe ich genauso. Es ist verbindlicher und außerdem kann ich mir ein Ziel schon viel konkreter vorstellen, wenn ich es mal formuliert habe. Also nicht so wischi-waschi, sondern ganz konkret, was das Ziel alles beinhaltet.
Liebe Grüße
Mischa
Wie wahr und daran muss ich immer denken, wenn ich all die Tage- und Notizbücher sehe, die ich früher gefüllt hatte. Die Angststörung kam übrigens in einer Zeit, in der ich absolut nicht mehr geschrieben habe. Zufall? Zumindest weiß ich, dass es meinem Seelenfrieden hilft, meine Sorgen und meinen Ärger über den Stift auf Papier fließen zu lassen.
Und natürlich kommt bei mir da auch mal Blödsinn raus und Dinge, die ich vermutlich tatsächlich nicht selbst glaube. Aber allein die Tatsache, dass ich das Geschriebene Tage später nochmal durchgehen kann, hilft mir dabei zu merken, dass meine Gedanken manchmal in den tiefen Mooren des Schwachsinns unterwegs sind – eine wichtige Lektion 🙂
Hi Tatjana,
Blödsinn ist doch manchmal auch richtig lustig. Und wenn sich die Nebel der tiefen Moore des Schwachsinns heben, dann kommt wahrscheinlich ziemlich viel Gutes dabei heraus 😉
Ich wünsche dir weiter viele Freude beim Schreiben und alles Gute
Mischa
Ich habe schrecklich Angst vorm Schreiben, weil ich Angst habe, dass es nach meinem Ableben in falsche Hände kommt. Wenn ich könnte, würde ich meine Zeilen gerne in einem Baum verstecken, in einer unzugänglichen Höhle verwahren, am Meeresgrund in Sand verbuddeln. Da überall würde ICH, meine Gedanken und Gefühle, gerne geschützt bleiben.
Dies kann ich ja alles tun, solange ich lebe, was aber ist, wenn es mich plötzlich wegreisst? Wie kann ich verhindern, dass Menschen “MICH” anfassen, lesen, über mich urteilen?
Es gibt in meinem Umfeld niemanden, mit dem ich solche Sachen teilen möchte.
Nun, das alles klingt ziemlich …… und jetzt: ganz ehrlich, ich fürhe ein wunderbares, glückliches, fast unabhängiges, freudiges, gutgelauntes Leben. So würden viele Zeilen auch klingen. Und…. ich möchte trotzdem nicht, dass es von Menschen gelesen wird.
Habe Sie über twitter-Empfehlung gefunden und werde Sie über newsletter “verfolgen”.
Liebe Grüße
Kann ich verstehen. Auch wenn ich diese Angst bisher so krass nicht hatte. Aber letztens kam mir dann doch der Gedanke – oha, das liest ja vielleicht mal jemand.
Wenn es dir nichts ausmacht per PC zu schreiben, kannst du deine Schreibereien vllt. mit Passwort schützen?
Wenn du jemand in deinem Umfeld hast, dem du vertraust – ihm/ihr sagen – in der Box habe ich Geschriebenes / Bücher, die niemand lesen soll – wenn ich sterbe würdest du sie für mich vernichten.
Hi Tine,
ich kann deine Bedenken ein Stück weit nachvollziehen. Persönlich sehe ich es so, dass mir weder solange ich lebe noch danach jemand etwas anhaben kann, nur weil er meine Gedanken kennt.
Aus solchen Schutzmechanismen, wie du sie beschreibst, entspringt meistens ziemlich viel Angst. Die hatte ich früher auch. Seit ich die ganze Welt an meinen Gedanken teilhaben lasse, geht es mir besser denn je. Für mich liegt also der Weg zu einem glücklichen Leben voller Freude genau in dem Gegenteil von dem, was du beschreibst.
Liebe Grüße
Mischa
Hi,
ich kann dazu die Bücher von James W. Pennebaker empfehlen. Er hat umfassend dazu geforscht.
VG
Mati
Hi Mati,
danke für den Tipp!
LG
Mischa
Lieber Mischa,
Ich kann dir nur zustimmen schreiben hat mein Leben von Grund auf verändert.
Begonnen hat alles mit dem Wunsch, Geschichten zu schreiben aber ich war schrecklich blockiert. Also habe ich tausend verschiedene Wege entdeckt, erstmal sehr persönlich über mich zu schreiben. So habe ich überhaupt erst entdeckt wer ich wirklich bin – sehr spannend.
Letztendlich kam ich so auch auf Umwegen zum eigentlichen Geschichten Schreiben zurück und kann jetzt meine zahlreichen Erfahrungen an andere weitergeben.
Das Schreiben hat mich auf einen Weg geführt, den ich mir so nie hätte erträumen können und dafür bin ich sehr sehr dankbar!
Alles Liebe dir und viele weitere transformierende Schreiberfahrungen!
Marie