Schreiben

Hurra, ich habe mich selbst therapiert! Durchs Schreiben. Am Samstag habe ich auf der Fähre von Dover nach Calais den unten stehenden Text geschrieben. Diese Gedanken sind mir tagelang durch den Kopf gegangen. Ich hatte wirklich eine „Fotografier-Blockade“ (eine Schreibblockade habe ich zum Glück nie).

Das Interessante dabei: Kaum stand das alles einmal schwarz auf weiß da, war das Thema für mich bereinigt. Schon am Sonntag habe ich darüber gelacht, bin losgezogen und hatte wieder richtig Freude daran. Und habe gemerkt, dass ich mir unnötigerweise zu viele Gedanken darüber gemacht habe. Mich selbst blockiert habe, mir im Weg gestanden bin. Zu viel von mir erwartet habe.

Kotz Dich aus!

Ich denke, diese Methode (auch wenn ich das in dem Fall gar nicht beabsichtigt habe), ist wirklich für jeden und für jedes Thema, das einem auf dem Herzen liegt, geeignet.

Die einfachste Methode der Therapie. Wenn Du jemanden aktuell am Liebsten erwürgen würdest vor Wut: Schreib alles, was Dich an demjenigen stört, ohne zu überlegen auf. Kotz dich in dem „Hassbrief“ so richtig aus – aber schicke ihn bloß nicht ab! Und Du wirst feststellen, dass sich allein durch das Schreiben einiges lösen kann.

Du reflektierst plötzlich anders, siehst auch Deine eigene Rolle klarer. Das hilft. Genauso, wenn Du bei  Problemen nicht weiterkommst, über Deine aktuelle Lage sinnierst, Dir neue Ziele setzen willst: Schreib es auf! Positiver Nebeneffekt: Du kannst es jederzeit nachlesen, schauen, wie sich Dinge entwickelt haben, oder auch darüber lachen, welche Dinge dich einmal aufgeregt haben, die letztlich nicht so schlimm waren.

Hier kommt der ursprüngliche und unzensierte Text. Ich habe mich übrigens unheimlich über die vielen Komplimente gefreut, die ich für meine Schottland-Fotos bekommen habe. Und verspreche Euch: Das werden nicht die letzten gewesen sein.

Fluch und Segen der Fotografie

Es gibt viele Momente, da liebe ich es zu fotografieren. Und es gibt Momente, da hasse ich es. Zweiteres ist ein bisschen doof, wenn man eine sechsmonatige Reise macht, möglichst viele Eindrücke festhalten und die Leser seines Blogs daran teilhaben lassen will.

Aber bei mir muss es passen, damit ich die Spiegelreflexkamera mitnehme und rausziehe (das Smartphone habe ich immer an Bord). Ist schließlich auch immer mit einem gewissen Aufwand verbunden: Das richtige Objektiv wählen, die richtige Einstellung wählen, sich für das Motiv Zeit nehmen, herum experimentieren, viele Aufnahmen machen und fast genauso viele später wieder löschen.

In erster Linie Reisender

Warum das bei mir nicht selbstverständlich ist? Weil ich mich in erster Linie als Reisender sehe und erst in zweiter Linie als Fotograf. Das heißt, mir ist jeder einzelne Moment der Reise wichtig, ich will ihn aufsaugen, auf mich wirken lassen, mir dafür Zeit nehmen.

Und mir kommt es manchmal vor, als würde ich mit zu viel Fotografieren mich solcher Momente zumindest teilweise berauben. Das später Vorzeigbare vor das aktuelle Geschehen stellen. Mich nicht mehr mit allen Sinnen dem widmen, was gerade passiert, sondern alle Aufmerksamkeit dem guten Foto schenken (das es zweifelsohne verdient hat).

Engelchen und Teufelchen

Beispielsweise, wenn ich mit Dr. D über eine verlassene schottische Landstraße holpere. Durch eine wunderbare Landschaft, links und rechts die sattgrünen Hügel. Ich schaue und staune (nicht zu viel bei den engen Straßen). Ich weiß, dass dieser Moment nur in meinem Gedächtnis bleibt, dass ich diese Szene so, wie ich sie gerade empfinde, nie im Bild festhalten kann. Denn es ist ja nicht nur das Sehen, sondern auch das Fühlen in dem Moment. Und dann sagt Fotografen-Engelchen auf der linken Schulter: „Halt an! Das musst du festhalten! Warum hast du eine gute Kamera dabei, wenn du an allen schönen Dingen einfach vorbeifährst?“ Auf der rechten Schulter sitzt Fahr-Teufelchen: „Hör nicht auf die! Wie sollen wir jeweils ankommen, wenn du alle fünf Minuten anhältst? Abgesehen davon, dass man an den schönsten Stellen sowieso nie halten kann.“

Bestehle ich mich selbst?

Aber das Dilemma habe ich nicht nur, wenn ich fahre. Das ist egal, ob ich in einer fremden Stadt herumstreife, am Strand sitze, einen Hügel erklimme. Immer dieselbe Frage: Bestehle ich mich selbst, wenn ich mich jetzt zu stark aufs Fotografieren stürze?

Andererseits will ich ja auch Erinnerungen, ich kann – wenn es passt – richtig im Fotografieren aufgehen und alles um mich herum vergessen. Also in dem Fall auch wieder im Hier und Jetzt bleiben.

Jedes Foto verdient Respekt

Die Königslösung habe ich für mich noch nicht gefunden. Ich will kein Japaner sein, der vor lauter Fotos gar nicht mehr mitbekommt, an welchem Ort er eigentlich ist. Ich will kein Konzertbesucher sein, der vor lauter Knipsen und Filmen hinterher wahrscheinlich nicht einmal mehr weiß, welche Songs gespielt wurden.

Abgesehen davon finde ich, dass jedes einzelne Foto, das auf der Welt geschossen wird, einen gewissen Respekt verdient hat. Wenigstens ein paar Sekunden, in denen man sich Gedanken macht, was man mit dem Bild eigentlich bezwecken will, anstatt wahllos auf alles und jeden draufzuhalten.

Wie geht es Euch mit dem Fotografieren, gerade im Urlaub/auf Reisen? Habt Ihr schon ähnliche Erfahrungen gemacht? Ich freue mich auf viele Kommentare.