Zum Ich-Sein gehört mehr, als nur neue Vokabeln auswendig zu lernen.
Ewa Scherwinsky
Falls du glaubst, in diesem Zitat meiner kongenialen Freundin, Klangfrollein, Co-Seminarleiterin und Pippi-Langstrumpf-Ehrenpreisträgerin Ewa Scherwinsky geht es um Latein-Vokabeln, dann sei beruhigt. Wobei: Genau genommen geht es um Sprachen. Um deine Sprache. Die Art, wie du dich selbst im Leben ausdrückst. Die Frage, ob du deine innere Stimme findest oder ein Leben lang die Erkenntnisse anderer Menschen nachplapperst.
Lass mich mit einem Beispiel beginnen. In den vergangenen Jahren habe ich ziemlich viele Seminare, Workshops und Retreats zu den unterschiedlichsten Themen besucht. Bei einigen davon kam ich mir tatsächlich vor wie im Sprachunterricht. Währenddessen und hinterher haben plötzlich alle genauso geredet wie der Seminarleiter (mich selbst zu gewissen Teilen eingeschlossen). Jeder Satz ein Beweis für den Herrn Lehrer, dass wir es verstanden haben: Alles ist leicht, positiv, lustig. Schimpfwörter oder Fäkalsprache verwenden nur die Assis aus der Mischwelt, der 3-D-Welt, die typischen Bewohner halt.
Mir war dann ziemlich schnell klar: Verdammte Scheiße! Wenn ich das Spiel mitspiele, verleugne ich mich und meine komplette Individualität. Und zu der gehört in meinem Fall tatsächlich die etwas kräftigere Sprache – völlig egal, was die großen Persönlichkeitsentwicklungs-, Bewusstseins- und Spiritualitäts-Gurus davon halten.
Ob erleuchtet oder unterbelichtet – wir sitzen alle in einem Boot
Und ich wollte vor allem keine Sprache verwenden, die mich von anderen Menschen abgrenzt. Wir sitzen alle im selben Boot. Ob erleuchtet oder unterbelichtet, ob NLP-Superchecker oder im Mischgebiet der Ziel- und Humorlosen, ob 3 D, 5 D oder 7 C – wenn wir ernsthaft glauben, wir wären was Besseres, weil wir ein paar Tausend Euro für ein Seminar hingelegt haben und dort anwesend waren, dann stimmt da etwas ganz gewaltig nicht.
Persönlichkeitsentwicklung heißt eben nicht, von Seminar zu Seminar zu springen und die Vokabeln auswendig zu lernen, sprich alles 1:1 zu übernehmen. Sonst ist es auch nichts anderes als das unselige Auswendiglernen früher in der Schule – nur mit dem Unterschied, dass du jetzt für den Lehrer oft noch verdammt viel Geld zahlst.
By the way: Ich finde es fantastisch, von anderen Menschen zu lernen. Wundervoll, wie viele großartige Lehrer/Coaches/Trainer/Gurus/whatever es da draußen gibt. Von allen Begegnungen durfte und darf etwas in mein Leben, in meine Persönlichkeit einfließen. Dafür bin ich zutiefst dankbar.
Die Frage ist eher: Vertraue ich weiterhin mir und meinem tiefen inneren Wissen? Erinnere ich mich daran, dass ich den Kompass für eine gute Verbindung mit mir selbst und ein glückliches Leben schon immer in mir trage und ich mich auch trauen darf, ihn zu verwenden? (kleiner Tipp am Rande: geht ziemlich gut über offline sein und allein in die Stille gehen). Oder bin ich meiner weiterhin nicht selbst-bewusst und trete als Marionette anderer Menschen und deren Methoden auf, die ich – beeindruckt von ihrer professionellen Show – völlig überhöht habe?
Liebst du Pumuckl-Bueno-Ananas-Eis? Ich nicht!
Wieso um alles in der Welt sollte ausgerechnet die eine Methode eines Menschen, die für ihn perfekt war, für dich 1:1 übertragen genau das Richtige sein? Ich meine, wenn dein Lieblings-Eisverkäufer sein Glück durch Pumuckl-Bueno-Ananas-Eis gefunden hat, muss das dir noch lange nicht schmecken.
Im Gegenteil: Der (eingeredete) Glaube an die einzig glückselig machende Methode, das perfekte Tool, kann dich ganz schön unglücklich machen. Genau das habe ich immer wieder bei lieben Menschen erlebt, die mit mir bei Seminaren waren. Wenn sich ihr Leben nämlich nicht so super-duper sofort in die neue Richtung entwickelt hat, wenn sie bei Problemen mit den neuen Tools einfach nicht weiterkamen, dann haben sie sich dafür so richtig schlecht gemacht. Schließlich ist die Methode ja super, nur sie sind augenscheinlich zu doof dafür.
Falls du je sowas gedacht hast: Das ist eine Lüge! Mit dir ist alles in Ordnung. Du hast das riesengroße Glück, ein Individuum zu sein, das seine ganz eigene Lösung aus dem eigenen Wissen heraus finden darf. Einer Freundin habe ich mal geschrieben: “Scheiß auf NLP und erlaube dir einfach mal, so richtig traurig zu sein!”
Es geht immer nur um unsere Individualität, unser ureigenstes Erfahren. Jede Methode ist nur so gut, wie sie mit dir in Resonanz geht. Denn du bist die Methode. Alles, was du gelernt und erfahren hast. Dein tiefes inneres Wessen. Deine Quelle. Deine Begegnungen. Dein Leben. Das führt dich. Alles andere kann immer nur ein Beitrag sein und niemals die allheilbringende Alleinlösung.
Es geht immer nur um deine innere Stimme und deine Story
Solange du glaubst, jemand anderes hätte die Lösung für dich, dann buch bitte sofort mein Intensiv-Programm “Hab ein bisschen Selbstvertrauen, Dummkopf! – Die 7 ultimativen Schritte zu deiner Individualität und Authentizität – denn nur du allein kannst dich glücklich machen.”
Okay, kleiner Scherz. Wisse einfach: Deine Entscheidung zum kompromisslosen Ich-Sein ist das mutigste, was du im Leben tun kannst.
Deine Story ist am Ende nur gut, wenn es DEINE Story ist.
Ein ganz großes AMEN! für diesen Artikel.
Da sprichst du mir wirklich aus der Seele.
Da draussen herrscht ein wahrer Vokabelkrieg.
Ich habe in den letzten Jahren auch einiges an Seminaren und Aus- und Fortbildungen im Bereich Persönlichkeitsentwicklung mitgemacht.
Und ich muss zugeben, so wirklich gewachsen bin ich erst, als ich viel tiefer in mich gegangen bin.
Und das eigentlich ohne all diese Tools, Tipps, Tricks, Methoden, Strategien und Taktiken.
Die Stille hat mich dann dahin geführt, worum es mir bei all dem ging: ZU MIR SELBST!
Und so praktiziere ich das jeden Tag.
Wenn ich morgens aufwache, gibt es einen Schub Wasser und dann ab auf den Balkon… Stille… einfach nur sein…
Danke wieder mal für deinen Augen-öffnenden Artikel.
Lieben Gruß, Michel
Lieber Michel,
oh ja, am Ende der Konzepte bleiben immer nur wir selbst und unsere eigenen Erfahrungen. Einfach nur sein. Und einfach nur still sein.
Danke für das Teilen deiner Erfahrungen und liebe Grüße
Mischa
Ich glaube auch, dass es ganz wichtig ist, auf seine innere Stimme zu achten. Alles andere, was von Außen kommt, löst Stress aus.
Und vor allen Dingen, wie du das geschrieben hast, dass wir alle in einem Boot sitzen, finde ich einen recht guten Ansatz.
Die Ideen werde ich umsetzen,
Viele Grüße
Steffen
Hej Steffen,
ich habe es so erfahren, dass es schon gute Ansätze gibt, wie wir unsere innere Stimme besser hören können und mehr zu uns und unseren Bedürfnissen finden.
Der Stress resultiert dann daraus, dass viele Menschen meinen, sie müssten dann irgendein Programm durchziehen, nur weil sie das gerade gelernt haben, anstatt einfach das davon zu nehmen, was gerade in ihr Leben passt, mit ihnen in Resonanz geht und in der aktuellen Lage überhaupt umzusetzen ist.
Selbstvertrauen heißt, sich selbst zu trauen, den eigenen Weg geradlinig zu gehen und zu wissen, dass dieser Weg den Routenvorschlägen von anderen immer überlegen ist, solange ich meinem Kompass, meiner inneren Führung folge.
Herzliche Grüße
Mischa
Moin,
hast du tatsächlich nur eine innere Stimme?
Bei mir sind das immer mehrere, die quasseln. Und die sind alle gut und richtig in meinem Kopf, aber manchmal nerven sie gewaltig. Und wenn die sich ganz ausnahmsweise mal alle einig sind, denke ich mir, dass das vielleicht der Zustand ist, der mit “die eine innere Stimme” gemeint ist. Und der ist zwar schön, aber so selten in meinem Leben, dass ich mir nicht sicher bin, ob das Ziel ist, irgendwie mehr davon herbeizuführen oder zu akzeptieren, dass das wenigstens bei mir, nie Dauerzustand werden wird.
Herzliche Grüße
Anne