Der Mensch, an den du dich klammerst, obwohl er dir schon lange nicht mehr gut tut.

Der Job, den du aus tiefstem Herzen hasst, aber aus Angst vor der Unsicherheit nie aufgeben würdest.

Das Auto, das du dir nicht leisten kannst, aber aus Prestigegründen meinst, besitzen zu müssen, auch wenn du kaum mehr die monatlichen Leasingraten zusammenkratzen kannst.

Die Haustüre, die dich erst dann in Ruhe schlafen lässt, wenn du den Schlüssel so oft gedreht hast, wie es möglich ist.

Du willst alles festhalten, klammern, absichern, kontrollieren. Merkst gar nicht mehr, wie du dabei verkrampfst. Wie dich der tägliche Kampf gegen Veränderung und Unsicherheit aussaugt, dich einschnürt, dir deine letzten Kräfte kostet.

Was hindert dich am Loslassen?

Vergangene Woche habe ich dir von meinem früheren Sicherheitswahn erzählt – und warum er meine Ängste noch befeuert hat, anstatt sie zu mindern. Heute berichte ich davon, wie Loslassen mein Leben bereichert hat und will dich dazu ermuntern, es auch einmal zu probieren.

Warum? Weil Menschen, Gegenstände, Gewohnheiten oder auch Jobs loszulassen, bedeutet, dass du dich von Lasten befreist, die Freiheit spürst, plötzlich viel mehr Energie für das hast, was dir wirklich wichtig ist.

Ob das einfach ist? Nein, sicher nicht. Weil du in dem Moment Vieles in Frage stellen musst, was dich über all die Jahre ausgemacht und geprägt hat. Weil du möglicherweise gezwungen bist, bisherige Überzeugungen und erlernte Verhaltensweisen über Bord zu werfen.

Und das schmerzt. Genauer gesagt schmerzt die Unsicherheit, die mit dem Loslassen unweigerlich verbunden ist.

Das ging mir genauso. Geholfen hat mir dabei meine rationale Herangehensweise, die mir in anderen Situationen auch schon oft im Weg stand, in diesem Fall aber Gold wert war.

Denn plötzlich war mir sonnenklar: Wenn all mein Sicherheitsdenken, all die Kontrolle, all das Vermeiden von Risiken mich an den tiefsten Punkt gebracht haben, dann kann es mir nur besser gehen, wenn ich genau das Gegenteil davon tue.

Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich konsequent nur an mich und meine Gesundheit gedacht und wusste: Ohne das Loslassen meines alten Lebens komme ich keinen Schritt weiter.

Meine bewusste Entscheidung lautete: Ich will die Unsicherheit spüren – mit allen Konsequenzen.

10 Bereiche, in denen ich losgelassen habe

Nicht alle Änderungen kamen von heute auf morgen. Doch mein Entschluss zur großen Veränderung stand fest. Und damit kam die Lawine nach und nach ins Rollen.

Hier sind 10 konkrete Bereiche, in denen mir das Loslassen gelungen ist:

  1. Ich habe meinen Redakteursjob gekündigt und mir gesagt: “Es kann nur besser werden.”
  2. Ich habe die Angst vor dem Alleinreisen überwunden und es als Glücksfall für meine Entwicklung betrachtet, dass ich allein mit meinem VW Bus losgezogen bin.
  3. Ich habe aufgehört, alles ewig im Voraus zu planen und lasse mich lieber treiben. Je weniger im Terminkalender steht, desto besser.
  4. Ich verweigere die mediale Vermüllungs- und Angstmachungsmaschine via Fernsehen, Radio und Zeitung, brauche keine Ratgeber mehr, sondern höre lieber auf meinen eigenen Verstand.
  5. Ich brauche kein übergeordnetes Lebensziel mehr. Ich will zufrieden und gesund leben und schauen, was auf dem Weg alles Schönes für mich bereit liegt.
  6. Ich lasse mich nicht mehr von der risikofreien Komfortzone gefangen nehmen, sondern hopse regelmäßig heraus und stelle mich bewusst meinen Ängsten, statt sie zu vermeiden.
  7. Ich pfeife auf die körperliche Übervorsicht und gehe auch ohne Pulsmesser zum Sport, in eine mehr als 100 Grad warme Sauna oder in richtig fies-kaltes Meerwasser.
  8. Ich habe aus dem “Ich muss” ein “Ich will” gemacht und bin damit meinen eigentlichen Wünschen viel näher gekommen.
  9. Ich glaube nicht mehr an unser Ausbildungs-/Zertifikats-/Leistungs- und Karrieresystem, sondern lieber an mich und meine Fähigkeiten.
  10. Ich schäme mich nicht mehr dafür, meine Erfahrungen mit Angsterkrankung und Depression öffentlich zu machen. Ganz im Gegenteil.

Was mir das Loslassen gebracht hat

Ich bin seitdem spontaner, kreativer, freiheitsliebender, selbstbewusster, fitter, gelassener, mutiger, frecher, offener. Ich gönne mir mehr Pausen, kann mir Fehler besser verzeihen und akzeptieren, wenn etwas nicht so gelingt wie gewünscht. Ich lobe andere häufiger und suche gezielt Inspirationen und Hilfe von Menschen, die auch losgelassen haben und mit gutem Beispiel vorangehen.

Das hört sich zu gut an, um wahr zu sein? Du zweifelst noch, ob dir das auch gelingen kann? Ich bin felsenfest überzeugt davon, wenn du eines nicht vergisst: Loslassen ist ein Prozess, den du einläutest, und kein kurzes “Schwupp, ich lass dann mal los und alles wird gut!”

Du weißt sicherlich, welche Dinge dich einengen, welchen Ballast du am liebsten abwerfen willst. Und weil das die großen Aufgaben, die scheinbar unüberwindlichen Hürden sind, verdrängst du den Gedanken lieber weiterhin.

Aber wie wäre es denn, wenn du im Kleinen anfängst und erst einmal ein Gefühl für das Loslassen entwickelst? Und dir mit den kleinen Erfolgserlebnissen das Selbstvertrauen für das Loslassen im großen Stil holst?

Diese kleinen Übungen könnten dir helfen:

  • In eine fremde Stadt fahren und vorher keinerlei Pläne machen. Dich einfach treiben lassen und Einheimische um gute Tipps bitten.
  • Allein zum Essen gehen.
  • Den ungeliebten Posten im Verein abgeben, den du nur noch aus Pflichtgefühl machst.
  • Auf das nervige Familientreffen verzichten und stattdessen in die Berge gehen (an den See fahren oder was auch immer).
  • Einfach mal bewusst bei einer Sache “Nein” sagen, bei der sonst immer “Ja” sagst.

Bestimmt fallen dir noch weitere Dinge ein, die nicht gleich dein Leben auf den Kopf stellen, aber ein gutes Training sind.

Loslassen (hinter dem Link liegt ein richtig guter Artikel von Anchu Kögl zu dem Thema) ist der Weg zur Freiheit, raus aus der Angst, hin zu den eigenen Wünschen. Ich bin mir sicher: Wenn ich das geschafft habe, kannst du das auch!

In welchem Bereich fällt dir das Loslassen besonders schwer? Und welche Erfahrungen hast du mit dem Loslassen gemacht? Welchen Tipp kannst du geben, damit das besser gelingt? Ich freue mich auf deinen Kommentar!