Was wirklich zählt im Leben? Ich habe immer noch keine Ahnung. Doch immerhin wieder mehr Lust, drüber zu schreiben.

Okay, Entwarnung für alle, die glauben, ich sei nach zwei Monaten (Social Media und Business-)Auszeit ein anderer Mensch geworden. Dem ist nicht der Fall. Ich mache noch immer schlechte Witze, die manche Menschen nicht verstehen, stolpere ab und an über die eigenen Beine und lass mir am liebsten, dick in Decken eingemümmelt, auf meiner Balkon-Liege die Sonne ins Gesicht scheinen.

Irgendwie lustig, wie oft ich nach meinem letzten Artikel absolut super lieb gemeinte Kommentare wie “Du wirst wie Phönix aus der Asche wiederkommen” gelesen habe. Kurzzeitig habe ich sogar selbst dran geglaubt. Rückzug, Innehalten, Durchstarten. So geht Auszeit heute.

Ja, ich fühle mich tatsächlich frischer, tatkräftiger und energiegeladener als noch Mitte November. Ich durfte nochmal ganz neue Seiten an mir entdecken und habe öfter den Mond vor lauter Schmerz angeheult. Es kamen eine Reihe von Informationen in mein Leben/mein System, die mal erhellend, mal verstörend waren und auf alle Fälle sehr wegweisend für meine weitere abenteuerlich-bunte Tour durchs Leben sind.

Wo ist der Pokal für die triumphalste Rückkehr?

Kurz gesagt: Es war eine verdammt gute Idee, mir so viel Zeit für mich zu nehmen. Und es hat eine ganze Weile gebraucht, bis ich verstanden habe: Es gibt hier nix zu gewinnen. Keine Meisterschale für die am besten genutzte Auszeit mit der triumphalsten Rückkehr. Keine Belobigung für besonders lange Social Media-Auszeit vom Enthaltsamkeitsminister.

Stattdessen: Ich lebe, ich lerne, ich gebe mein Bestes, damit es mir und den Menschen in meinem Umfeld gut geht. Ich kann gar nicht mehr tun, als zu atmen und einfach ich zu sein – und dann zu schauen, was dabei passiert.

Einige interessante Erfahrungen durfte ich in meiner Auszeit machen, dir mir noch stärker gezeigt haben, wo mein Weg lang geht und was für mich wirklich wirklich wichtig ist. Definitiv nicht alles an Erkenntnissen fühlte sich wie Grießbrei mit Zimt an. Falls du in gewissen Situationen auch schon mal dein Ego vom Thron gestürzt oder dein eigenes Denkmal zertrümmert hast, weißt du, was ich meine.

Doch genug des Geschwafels um den heißen Brei. Hier kommt mein höchst persönliches und rein subjektives Update von “Was wirklich zählt im Leben.” Ich freu mich schon auf deine eigene Liste in den Kommentaren.

#1 Commitment

Mischa, der coole Hallodri. Ständig überall und nirgends. Immer unterwegs, der alte Wohnmobil-Vagabund, stets bereit für neue Abenteuer, Projekte, Menschen. Nur ja auf nichts festlegen, ständig bereit, alle möglichen Entscheidungen wieder zu verwerfen. Geh mit dem Flow, das Leben kümmert sich schon. Weisse Bescheid.

Grundsätzlich steckt da viel Richtiges und Wichtiges für mich drin. Alles besser, als ein eingeengtes und voll durchgetaktetes Leben in der Käfighaltung eines Arbeitnehmer-Büros. Freiheit, mein höchster Wert. Für den stehe ich gerade, gehe all-in, riskiere auch einiges.

Doch habe ich erst jetzt so richtig kapiert: Freiheit und Commitment schließt sich nicht aus. Im Gegenteil. Mein Freiheitsgefühl erhöht sich sogar, wenn ich ein paar feste Vereinbarungen mit mir und anderen habe. Diese Eckpfeiler stützen mein Leben. Ich habe (zumindest ein wenig) mehr Struktur und bin zugleich für andere verlässlicher.

Gerade in meinen Zeiten in unserer Wohnung in Kempten war ich im Geiste ganz oft schon wieder on tour. Habe mich wesentlich seltener mit Freunden getroffen, als es möglich gewesen wäre. War dauernd auf dem Sprung zum nächsten Abenteuer und deshalb selten mit voller Präsenz anwesend.

Damit lautete die vielleicht sogar wichtigste Entscheidung meiner Auszeit (anwendbar auf alle Orte):

Wenn ich hier bin, bin ich voll und ganz hier.

Das fühlt sich sowas von kraftvoll an. Als ich das kürzlich meinem Nachbarn erzählt habe, gab’s gleich Hennebrupfa oben drauf. Das war Allgäuerisch und heißt übersetzt Gänsehaut.

#2 Demut

Ich bin wichtig. Für mich. Für die Menschen, die mir begegnen, denen ich in irgendeiner Form helfen darf.

Und ich bin nicht wichtig. Ich bin ein winziger Pups des universellen Lebens. Wenn ich auf dem Weg zur Erleuchtung und Jesus-ähnlichen Zuständen nicht bald ganz gewaltige Fortschritte mache, wird sich schon ein paar Jahrzehnte nach meinem Tod keine Sau mehr für mich interessieren.

Nachdem ich keine Erleuchtung anstrebe und mir dauerndes Barfußgehen zu kalt ist (was das Thema kalte Füße angeht, bin ich echt mehr Frau als Mann), darf ich mich wohl mit meiner Unwichtigkeit abfinden.

Irgendwie auch befreiend in einer Zeit, wo gefühlt jeder Zweite, dem ich on- oder offline begegne, ein Guru, Heiler, Jahrhundert-Premium-Coach, Schamane oder sonstwie toller Erlöser-Hecht ist. Inklusive großem Getöse und haufenweise kurioser Versprechen.

Ich verspreche nichts. Und halte mich daran, wie Krishna Das, einer der weltweit bekanntesten Mantrasänger, “Spiritualität” definiert: “Spirituality is the path to become a good human being. A complete human being.” Es gehe nicht um Erleuchtung und den ganzen Tag über seine spirituellen Fortschritte und Erkenntnisse zu reden. Sondern einzig und allein darum, die eigene Wahrheit zu leben und den Menschen zu dienen.

Ob ich das zu jeder Sekunde hinbekomme? Vermutlich nicht. Und trotzdem oder gerade deswegen erscheint es mir als das einzig erstrebenswerte Ziel des Lebens jenseits aller feuchten Porsche-Träume der spirituellen Leader-Szene.

Demut heißt für mich auch, dankbar für jeden einzelnen Menschen zu sein, der mit mir arbeiten will, auch wenn ich ihm nichts verspreche und kein guter Marktschreier bin.

Im Übrigen steckt in Demut das Wort Mut, was ich besonders mag.

Ob es ein Zeichen von Demut ist, dass ich mich ab jetzt nicht mehr professioneller Mutmacher sondern Professor Mut nenne? Das mögen andere beurteilen. 😉

#3 Mich in Ruhe lassen

Wer sich eine Auszeit gönnt, hat viel Zeit für inspirierende Dinge. Wie es der nicht vorhandene Zufall so will, bin ich vor ein paar Monaten auf die wunderbar frech-verrückte Körperforscherin/Therapeutin Ilan Stephani gestoßen. Sie haut manchmal bei Interviews Sachen raus, die sich niemand anders auszusprechen wagen würde. Dafür liebe ich sie, weil bei vielen ihrer Worte mein Körper signalisiert: “Ja, ja, ja, sie hat sowas von Recht!”

Ein Satz von ihr hat sich bei mir eingebrannt. Sinngemäß lautet er so: Willst du mehr Freude im Leben haben, dann lass dich selbst endlich mal in Ruhe.

Ich habe den Satz als Alarmknopf installiert. Wenn ich merke, dass ich gerade schon wieder an mir herummäkeln will (“ist 15 Uhr und du bist noch nicht geduscht”, “du machst zu wenig auf Social Media seit deiner Rückkehr”, “schon Ende Januar und die Ausschreibungen für die Seminare sind immer noch nicht fertig”), dann geht die Sirene an. Ah, stimmt. Ich wollte mich ja öfter in Ruhe lassen. Ich bin ja schon genug und tue schon mein Bestes. Ende der Geschichte.

Mir etwas Gutes zu sagen, während mein innerer Kritiker am lautesten rumjammert, schafft ziemlich viel Frieden. Interessanter Nebenaspekt: Je öfter ich das schaffe, umso mehr Lust auf Arbeiten/Erledigen/Tun habe ich insgesamt. Nur oft in völlig anderen Momenten, als es sich der Kritiker ausgedacht hatte.

#4 Verbindung

Der beste und schnellste Weg zur (Trauma-)Heilung führt über echte Verbindung zu anderen Menschen. Unser autonomes Nervensystem jubiliert, wenn wir in einer als sicher empfundenen Umgebung endlich offen über unsere aktuellen Gefühle reden können. Das ist, super kurz zusammengefasst, der Kern der Arbeit des Traumatherapeuten Gopal Norbert Klein.

Er war für mich, neben Ilan Stephani, DIE Entdeckung 2019. Plus die nicht ganz überraschende Erkenntnis, dass fast alle Menschen in diesem Land unter irgendeiner Form von Entwicklungstrauma/Bindungstrauma leiden.

Mehr dazu, warum ich mich überhaupt zum ersten Mal in meinem Leben ausführlich mit dem Thema “Trauma” beschäftige, was ich dabei gelernt habe und welche Informationen ich liebend gerne teile, schreibe ich in einem extra Artikel.

Mir ist zumindest nochmal bewusst geworden, wie sehr bei meinem Klinikaufenthalt vor sieben Jahren die Verbindung zu den anderen Patienten und der offene Austausch zu meiner Heilung beigetragen haben – und zwar vermutlich deutlich mehr, als alle anderen Maßnahmen zusammen.

Wenn ich bei Menschen bin, die mich komplett so sein lassen, wie ich bin, mir zuhören (mit offenem Herzen und ohne mich belehren zu wollen) und bei denen jedes Gefühl da sein darf, merke ich jedesmal, wie viel Frieden damit in mein System kommt.

#5 Beten

Ja, wer hätte es gedacht? Ich bete wieder.

Früher musste ich, als streng katholisch erzogener Junge und braver Ministrant. Und fand das ganze genormte Spektakel in der Kirche nicht so erbaulich, dass es mir irgendeinen Nutzen für mein Seelenheil versprochen hätte.

Damit war das Thema – auch allgemein das Thema Gott – erst einmal für gute zwei Jahrzehnte auf Eis gelegt.

Zum Glück kam mit meinem Aufwachen auch die klare Erkenntnis: Da gibt es eine Energie, die größer ist als alles, was wir uns vorstellen können.

Gott ist für mich nicht mehr das Oberhaupt irgendeines religiösen Konzerns, der mit Rauschebart auf einer Wolke sitzt und Strichlein macht, wenn wir gut oder böse waren. Sondern Gott ist für mich die allumfassende Energie, der Grund für alles Leben, die kosmische Ordnung.

Ich habe schon oft genug erfahren dürfen, wie viel Kraft ich bekomme, wenn ich Kontakt zu dieser Energie aufnehme.

Deshalb bete ich wieder. Stelle viele Fragen und bekomme (manchmal sogar ziemlich schnell) Antworten.

Als ich meiner Mutter gestern am Telefon von meinem Bet-Comeback erzählt habe, war sie ganz schön gerührt.

Fühlt sich gerade ziemlich spooky an, über dieses Thema zu schreiben und macht mich auch immer ein bisschen nervös.

Doch es ist nunmal, wie es ist. Ich bete, um zu zeigen: Ich bin da. Und ich bin bereit, meinen Auftrag hier zu erfüllen.

#6 Spielen

Spielen lautet meine Überschrift für 2020.

Das umfasst zwei Aspekte: Das Spielen in Form von musikalischem Spielen, Mantra singen & Co. Und die Frage: Wie spielerisch lässt sich mein Leben gestalten, mein Umgang mit anderen Menschen, meine Arbeit, meine Hobbys?

Ich liebe das Ausprobieren, anders machen, kindisch sein. Je öfter ich einfach mal Quatsch mache, umso lebendiger fühle ich mich.

Ich liebe es auch, wie viel Quatsch mein Körper von sich aus macht, wenn ich ihm z.B. beim Freien Tanzen oder Schütteln einfach mal machen lasse.

Die Konsequenz: Noch mehr Quatsch machen. Noch mehr spontan handeln. Noch mehr volles Risiko gehen. Noch weniger auf seriöse Bedenkenträger hören.

Und vor allem: Noch viel mehr Mantra singen. Das ist so etwas wie DER Auftrag schlechthin. 2019 hatte ich dem Thema schon breiten Raum gegeben und ganz viele Erfahrungen gesammelt.

Mit der Krönung Ende November bei der “Kirtan Flight School” von Dave Stringer in Berlin. Als Leadsänger unserer bunt zusammengewürfelten siebenköpfigen Combo durfte ich live erleben, wie sich Ekstase auf der Bühne und bei den Zuhörern anfühlt. 15 Minuten wie im Rausch, hinterher Gratulation von allen 30 Teilnehmern samt Seminarleitern mit fast demselben Inhalt: “DAS hätten wir dir echt nicht zugetraut. Und du weißt schon, dass das kein Einzelfall bleiben darf.”

Also habe ich zwei Tage später eine Mantra-Band mit 5 Mitgliedern gegründet. Zweimal haben wir schon geprobt, bald werden wir auftreten und mit anderen unsere Begeisterung teilen. Ist einer von uns gelernter/erfahrener Musiker? Nein. Trauen wir uns trotzdem? Na klar! Irgendwo habe ich mal den Satz “Mut ist Angst plus ein Schritt” gelesen. Da ist irgendwas dran …

#7 Liebe

Erklärt sich von selbst.


Apropos Commitment: Wer sich als Coach bezeichnet, darf auch ein Coaching-Angebot auf seiner Seite haben. Deshalb habe ich als eine der ersten Amtshandlungen meine Coaching-Seiten komplett überarbeitet und wieder eingestellt. Kuck mal hier:

Mut-Coaching: Einfach. Mutig. Sein

Intensiv-Naturcoaching: Einfach. Draußen. Sein