Bist du stolz auf dich?

Jetzt hast du kurz gezuckt, oder? Hektisch das Hirn rattern lassen und gedacht: “Auf was kann ICH denn stolz sein?” Darfst aufhören zu grübeln, ich gebe dir sofort die Antwort:

Du kannst auf alles stolz sein! (wenn du es zulässt)

An Anlässen mangelt es nicht. Das Problem liegt eher darin, dass wir uns oft unnötig klein machen. Stolz lässt uns aufblühen, strahlen, drückt unseren Rücken durch.

Aber wir rennen lieber gebückt durch die Gegend. Sagen Dinge wie “Ach, das war doch nichts Besonderes” oder “Das hätte jeder andere genauso gut hinbekommen”.

Nein, hätte er nicht. Und selbst wenn, wäre das sowas von scheißegal.

DU hast dich getraut, das schwierige Gespräch mit deinem cholerischen Chef zu führen.

DU hast zum ersten Mal dein Auto selbst vom Rost befreit.

DU stehst jeden Morgen 15 Minuten früher auf, um etwas Rückengymnastik zu machen.

DU bist zum ersten Mal seit zwei Jahren wieder allein spazieren gegangen.

DU hast den Mund aufgemacht, als deine Nachbarn wieder rassistische Parolen geschwungen haben.

DU hast deinen Freunden das super leckere Essen gekocht (auch wenn der Nachtisch verkokelt war).

DU hast zwei Kinder allein großgezogen.

Du kannst also auf so verdammt viele Dinge stolz sein, wenn du es zulässt.

Aber das willst du nicht, sonst würdest du aus der Masse herausstechen

Wenn du konsequent stolz auf dich bist, steigen deine Selbstliebe und dein Selbstvertrauen Hand in Hand. Aber das willst du gar nicht, sonst wärst du gar nicht mehr die graue Maus, an die sich alle gewöhnt haben. Würdest auffallen in der Masse der tugendvoll Bescheidenen, der Jammernden, der Verzagten, der Unsichtbaren.

Oder willst du es doch? Denkst aber, dass dein Leben dafür gar keinen Anlass bietet? Doch das tut es. Stunde für Stunde. Tag für Tag. Woche für Woche. Jahr für Jahr.

Eine liebe Bloggerkollegin hat mir kürzlich einen Link zu dem Vortrag The Theory of Awesomeness geschickt. Dort wird ein super Ansatz vorgestellt: Anstatt mich davon stressen zu lassen, was ich in der Zukunft erreichen will, soll ich zurückblicken, was sich in den letzten ein, zwei, drei Jahren bei mir getan hat (treue Leser werden anmerken, dass ich in diesem Artikel schon konträr argumentiert habe).

Und einfach mal die Fortschritte auf mich wirken lassen. Egal, ob klitzeklein oder riesengroß.

Dir fällt nichts Positives ein? Das glaube ich dir nicht!

Allein in den vielen Mails, die ich von meinen wunderbaren Lesern bekomme, stecken so viele Gründe, so richtig stolz auf sich zu sein. Falls du dir also schwer damit tust, übernehme ich das mal für dich.

Ich bin stolz auf dich, weil du …

  • beschlossen hast, dich nicht mehr ängstlich auf deinem Sofa zu verkriechen, sondern dir nun einen Sportpartner suchst
  • endlich mal wieder zu einem Fußballspiel gegangen bist, obwohl du vor Jahren einmal Panik vor größeren Menschenansammlungen bekommen hast
  • inzwischen schon 10 Kilometer Autobahn fährst, obwohl du das mehr als ein Jahrzehnt vermieden hast und dir die Angst dabei immer noch im Nacken sitzt
  • die Leidenszeit beim Absetzen von Antidepressiva aushältst, weil du das Teufelszeug nicht mehr nehmen willst
  • zu deiner ersten Soloreise aufgebrochen bist, obwohl du so viel Schiss davor hattest
  • euer Wohnmobil wenigstens mal auf dem Parkplatz probegefahren hast, obwohl du dir sicher warst, dass du dich nie hinters Steuer diese Riesenteils setzen wirst
  • mir deine persönlichen Gedanken zur Depression in Form eines Tagebuchs schickst und damit etwas gegen dein Sozialphobie unternimmst
  • meinen Blog liest und damit zeigst, dass du dich noch lange nicht aufgegeben hast, obwohl dein Leben mit Angst und/oder Depression immer wieder die Hölle ist

Das alles waren echte Beispiele. Ich könnte noch weitere Seiten damit füllen. Mich macht es unfassbar glücklich, wenn Menschen durchhalten, selbst im tiefsten Sumpf noch versuchen, den Kopf über Wasser zu halten, sich auf den Weg machen, aufbrechen, neue Dinge probieren, ihr altes Leben loslassen, ihre Gewohnheiten verändern, damit es ihnen besser geht.

Und mich dabei ins Vertrauen ziehen und mir tiefe Einblicke in ihre Gefühlswelt gewähren. Ich hätte mich früher unbekannten Menschen gegenüber niemals so öffnen können und bewundere jeden, der mir eine Nachricht schreibt.

Wenn man bedenkt, wo wir herkommen …

Apropos Nachricht: Die Idee zu diesem Artikel habe ich bekommen, als eine liebe Freundin, die ich vor zwei Jahren in der Klinik kennengelernt habe, mir kürzlich auf Facebook schrieb: “Ich bin echt schwer beeindruckt! Wow !!!! Super, was Du alles noch vorhast und schon gemacht hast. Ich finde das so schön, dass ich das mitverfolgen darf. Wenn man bedenkt, wo wir herkommen. Eine Höchstleistung!”

Ich bin ihr so dankbar dafür. Sie hat mich daran erinnert, dass ich selbst noch viel öfter gnadenlos stolz auf mich sein kann. Weil ich mich selbst aus der Scheiße herausgezogen habe, weil ich mein Leben umgekrempelt habe, weil ich die Dinge einfach getan habe. Obwohl es genug Rückschläge gab. Obwohl ich manchmal gezweifelt habe. Obwohl mir manchmal meine Fortschritte nicht schnell genug gehen.

Es sind diese 3 entscheidenden Worte: wo wir herkommen. Nimm den tiefsten Punkt in deinem Leben und schau, was du seitdem erreicht hast. Und dann sei einfach nur stolz auf dich.

Du hast allen Grund dazu.

Und jetzt will ich von dir wissen: Auf was bist du stolz? Schreib es in den Kommentar (dürfen gerne auch mehrere Dinge sein)! Mein großer Wunsch ist, dass wir hier eine richtig lange Liste zusammenbekommen. Und du weißt ja: Es gibt nichts, auf das man nicht stolz sein kann …

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