Peng! Der Startschuss ist gefallen. Seit Mitternacht darf ich mich ganz offiziell “Selbstständiger” nennen. Jetzt beginnt das lange Rennen, an dessen Ende auf der Zielfahne “berufliche Unabhängigkeit” steht.

Wobei das mit dem Rennen so eine Sache ist. Nachdem wir uns gestern mit lieben Freunden getroffen haben und es ein ziemlich langer Abend wurde, fühlt sich der Tag heute eher wie leichtes Warmlaufen an.

Für den gewählten Termin gab es gleich einen kleinen verbalen Seitenhieb meiner Frau: “Auf die Idee, sich an einem Sonntag selbstständig zu machen, kannst auch nur du kommen.”

Das ist korrekt. Und ich bin auch stolz auf meine bisweilen gspinnerten Ideen. Nur in diesem Fall war das Datum mit seiner Symbolik geradezu unausweichlich.

22.2.2015

Vier Zweier, die für mich bedeuten: Ein zweites Arbeitsleben, eine zweite Chance. Ein echter Neuanfang, der mir von seiner Tragweite her schon bewusst ist und sich trotzdem in seinen Ausmaßen als gewaltig darstellt.

Zugegeben wäre der 22.2.2222 in Bezug auf die Symbolik noch viel besser gewesen. Aber da ich keine zündende Idee hatte, wie ich diese 207 Jahre überbrücken soll, geht es heute schon los.

Was bedeutet das neue Leben nun für mich? Äußerlich gesehen erst einmal Formulare, Formulare, Formulare. Für den Gründungszuschuss und für die Krankenkasse und fürs Finanzamt und und und …

Hört sich nervig an. Ist es auch. Dient aber andererseits dazu, mein leicht chaotisches Wesen an der ein oder anderen Stelle ein wenig zu strukturieren. Und endlich mal all die Schreiben und Dokumente zu sortieren und abzulegen, was ich über ein paar Monate erfolgreich verdrängt hatte.

Ja, ich bekenne mich schuldig, ich zähle zu den erfolgreichen Aufschiebern. Habe aber dafür in der Nähe von Deadlines immer regelrechte Produktivitäts-Explosionen. Jegliche Versuche, über die massenhafte Lektüre großartiger Selbstmanagement-Tipps daran etwas zu ändern, darf ich als gescheitert erklären. Das Wichtigste für mich ist, dass ich meine Dinge trotzdem alle geregelt bekomme – auch wenn so mancher Selbstdisziplinierungs-König dabei die Hände über dem Kopf zusammenschlagen würde.
Update 23.2.2016: Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Ich habe inzwischen Erfahrungen mit verschiedenen Projektmanagement-Tools gesammelt, nutze die App Self-Control zur deutlichen Steigerung meiner Produktivität und würde mich inzwischen als gemäßigt strukturiert bezeichnen.

Worauf ich eigentlich hinaus wollte: Beim Aufräumen flatterte heute zwischen all den Dokumenten ein winziger Zettel heraus, der wohl mal in einem Glückskeks gesteckt haben muss. Darauf steht:

A strange experience enriches your life.

Eine außergewöhnliche Erfahrung bereichert also mein Leben. Das kann ich wohl mal ganz dick unterstreichen.

Sich in die Selbstständigkeit zu stürzen, steht für die meisten Menschen außerhalb ihres Vorstellungsvermögens – zumindest in Deutschland. Und ich habe das wirklich getan. Ohne mir dabei in die Hosen zu machen. Ein irres Gefühl.

Ein Gefühl, in dem so viel Spannung, Neugierde, Freiheitsliebe, Mut, Unsicherheit, Wagnis und Lebensfreude steckt. Begleitet von einem riesengroßen Urvertrauen, dass die Dinge so kommen werden, wie es das Universum für mich vorgesehen hat. Das klingt dir zu esoterisch? Dann lies einfach mal diesen tollen Artikel zu dem Thema.

Wenn es sich stimmig anfühlt, wird es gut

Seit ich konsequent auf meine Bedürfnisse höre und nur noch die Dinge mache, die sich für mich stimmig anfühlen, habe ich in der Tat immer die richtigen Möglichkeiten bekommen oder die richtigen Menschen getroffen, die gut für mich sind und mir weiterhelfen.
Update 23.2.2016: Diese Konsequenz habe ich beibehalten, weshalb der Start in die Selbstständigkeit deutlich einfacher verlief als erwartet. Stets tauchten zur richtigen Zeit die richtigen Menschen, Projekte und Auftraggeber auf.

Ich habe die Sicherheitsleine losgelassen und geschaut, was passiert. Ich hatte bei der Kündigung meines Redakteursjobs keinerlei Plan in der Hinterhand. Ich wusste auch vor der Abfahrt zu meiner Europareise fünf Monate später noch nicht, was hinterher kommen wird. Ich wusste nur eins (und das sage ich mir immer wieder laut vor): Alles, was kommt, ist besser als das, was früher war.

Ich habe mich auf den Weg gemacht. Und plötzlich waren sie dann da, die überraschenden Chancen. So wie meine Co-Autorentätigkeit für Earthcity und eine so gute Zusammenarbeit, dass ich sogar Co-Autor von Tims neuem Buch bin.
Update 23.2.2016: Die Co-Autorentätigkeit für Earthcity ist inzwischen beendet. Das Buchschreiben hat aber so Spaß gemacht, dass ich jetzt an einem eigenen Projekt arbeite.

Ich kann es kaum erwarten zu sehen, wie sich das alles entwickeln wird. Welche Ideen mir im Lauf der Zeit kommen werden. Wie geschickt ich mich bei der Kunden-Akquise anstellen werde. Wann ich das erste Mal mit meinem VW-Bus losziehen und von unterwegs arbeiten werde. Welche Menschen mir über den Weg laufen werden und was sich daraus entwickeln wird.
Update 23.2.2016: Die Premiere des ortsunabhängigen Arbeitens in Katalonien darf ich als durchaus gelungen bezeichnen. In diesem Jahr wird das Thema “Reisen und Arbeiten” noch ausgeweitet. 

Die Selbstständigkeit ist in gewisser Weise auch ein Experiment in eigener Sache. Kann ich auch in stürmischen Zeiten die Ruhe bewahren, die ich mir in den vergangenen zwei Jahren antrainiert habe? Reicht die Tatsache, jeden Tag sein eigener Herr zu sein, als Antriebsfeder aus? Wie werden sich meine Ziele im Lauf der Zeit verändern? Bin ich bereit, weit genug zu denken, also mir auch einen richtig großen Erfolg zuzutrauen?
Update 23.2.2016: Bisher bin ich mit dem Experiment sehr zufrieden. Natürlich gibt es auf die Fragen noch lange keine erschöpfenden Antworten – aber das muss auch gar nicht sein. Hauptsache, die Richtung stimmt.

Das Fazit

Ich bin fürchterlich gespannt darauf, wie all die Antworten ausfallen werden. Keine Angst, es wird jetzt nicht bei jedem neuen Kunden und erfolgreich ausgestellter Rechnung einen neuen Artikel hier geben. Aber heute, an diesem für mich ganz besonderen Tag, wollte ich dich einfach wissen lassen, wie es mir damit geht. Der Startschuss ist gefallen. Lasset die Spiele beginnen!

P.S.: Ich freue mich unglaublich darüber, wie viele Menschen hier mitlesen und mich auf meinem Weg begleiten. Darf ich mir heute was wünschen? Ein guter Gedanke, ein netter Kommentar, ein Klick auf den Gefällt-mir-Button: All das gibt mir fetten Rückenwind für meinen neuen Lebensabschnitt. Danke! 

Foto: © Depositphotos.com/leszekglasner