Plötzlich kam diese Woche Gisela in mein Leben. Besser gesagt das WDR-Video über Gisela, die mit ihren 75 Jahren seit 7 Jahren auf einem Roadtrip mit ihrem blauen Wohnmobil ist.

Eine Reportage über eine großartige Frau, über die Kräfte der Selbstheilung. Über die Frage, was passiert, wenn jemand anfängt, sein Leben den eigenen Bedürfnissen anzupassen. Falls du es noch nicht gesehen hast: Nimm dir die 45 Minuten. Sie könnten deine Einstellung zum Leben ändern.

By the way: Ich glaube fest daran, dass das Miterleben und Mitfühlen der Geschichten anderer Menschen 1000-mal hilfreicher ist als alle noch so gut gemeinten Tipps dieser Erde. Das Format “Die Runde Ecke”, bei dem ich auch schon auftreten durfte, bietet dafür wunderbare Beispiele.

Wenn du erstmal lieber lesen willst, hier die kurze Zusammenfassung. Gisela sagt in dem Film: “Ich hatte die Wahl, zu sterben oder zu leben.” Jahrzehntelang leidet sie unter einer Autoimmunerkrankung, kann sich mit Anfang/Mitte 60 kaum mehr bewegen und fängt an, ihr Leben radikal zu ändern.

Sie setzt nach und nach ihre Medikamente ab, weil sie fest entschlossen ist: Ich will kein Pflegefall werden. Also geht sie entgegen ärztlicher Ratschläge voll ins Risiko. Hopp oder topp. Kein Dahinvegetieren vollgestopft mit Pillen. Nochmal richtig leben oder Abschied nehmen.

Gisela stellt ihre Ernährung um, beginnt zu meditieren, treibt regelmäßig Sport. Es geht ihr im Lauf der Jahre immer besser. Dann kauft sie sich ein blaues Wohnmobil und ist seitdem allein unterwegs. Im Winter in Spanien, Portugal und Marokko. Im Sommer in Deutschland.

Tief bewegt – eine fremde Frau und gefühlt so nahe

Mich hat die Geschichte tief bewegt. Mehrmals hatte ich Tränen in den Augen. Und noch nie habe ich so eine Verbundenheit zu einem Menschen gespürt, den ich nur auf bewegten Bildern und nicht direkt vor mir sehe. (Mit Ausnahme vielleicht von Stefan Hiene.)

Warum? Zum einen sind es die vielen Parallelen unserer Geschichten: das lange Leiden, die mutige Entscheidung, dass sich gewaltig was ändern muss und die Bereitschaft, alle Konsequenzen daraus zu tragen. Das Absetzen von Medikamenten entgegen ärztlicher Ratschläge (Details dazu findest du in meinen Artikeln Du bist dein bester Arzt und Antidpressiva absetzen). Und natürlich der Aufbruch mit einem Reisemobil, um sich selbst – im wahrsten Sinne des Wortes – mal zu erfahren.

Die überwältigenden Reaktionen auf meiner Facebook-Seite zu dem Video haben mir gezeigt: Auch für andere Menschen stecken da ganz wichtige Botschaften drin.

Die wichtigste für mich:

Du darfst endlich anfangen, an die Kraft der Selbstheilung zu glauben.

Falls du das nicht eh schon tust.

Lässt sich mit Selbstheilung alles lösen?

Ist das jetzt anmaßend gegenüber Menschen, die möglicherweise schon viele Jahre oder Jahrzehnte an einer Krankheit leiden und jetzt denken: “Dann war ich scheinbar nur zu blöd, mich selbst zu heilen.”?

Beileibe nicht. Ich bin weder Arzt, noch Guru oder Gott und habe keine Ahnung, ob sich jedes Leiden kraft des eigenen Glaubens und der passenden Lebensweise heilen lässt.

Ich finde es auch menschenverachtend, wenn behauptet wird, dass jemand “schuld” an einer bestimmten Krankheit ist, weil er das Falsche gedacht, gegessen oder gebetet hat.

Was ich allerdings aus eigener Erfahrung 100-prozentig weiß: Unsere Selbstheilungskräfte sind viel stärker, als die meisten von uns glauben. Oder wie Gisela im Film sagt: “Das passiert alles in der Birne.”

Doch warum trauen sich die wenigsten Menschen in unserer westlichen Welt, ihrem Gefühl zu folgen, die Signale ihres Körpers wahrzunehmen und ihre eigenen, konsequenten Schlüsse draus zu ziehen?

Wieso sitzt jeder Deutsche, wie in diesem ZEIT-Artikel über Selbstheilungskräfte zu lesen ist, im Schnitt 18-mal pro Jahr im Behandlungszimmer eines Arztes? Ganz einfach: Weil wir immer noch dem Irrglauben aufsitzen, dass uns jemand anderes heilen kann als wir selbst.

Und weil wir so die Verantwortung für unser Leben schön weiterreichen können. Wieso soll ich was ändern, wenn ich so tolle Pillen für all meine Probleme verschrieben bekomme?

Ich meine: Wenn das System Symptom – Diagnose – Behandlung/Medikament wirklich für die Heilung funktionieren würde, wie kann es dann sein, dass zwei Menschen mit identisch diagnostizierten Krankheiten und identischen Behandlungsmethoden bzw. Medikamenten eine völlig unterschiedliche Entwicklung nehmen? Der eine wird gesund, der andere bleibt krank. Warum?

Der große Augenöffner: Clemens Kuby

Oder nehmen wir die psychosomatische Klinik, in der ich vor 4 Jahren war. Warum durfte ich in den 5 Wochen eine gefühlte Wunderheilung erleben? Und warum bewegte sich bei anderen Patienten recht wenig, sodass sie zuhause gleich wieder in ein tiefes Loch fielen?

Ich wusste damals schon, dass es bei mir viel mit meinem Vorsatz “Das ist meine letzte Chance und ich werde alles dafür tun, damit ich nie mehr durch solch eine Hölle muss” zu tun hatte. Mit meiner bewussten Entscheidung für ein anderes Leben und den daraus resultierenden Konsequenzen und dem unerschütterlichen Glauben “Alles, was kommt, wird besser als das, was war.”

So richtig verstanden habe ich den Heilungsprozess erst 3 Jahre später. Als mir das wegweisende Buch von Clemens Kuby “Unterwegs in die nächste Dimension” in die Hände fiel. Die Geschichte eines Mannes, dem es am tiefsten Punkt seines Lebens gelang, seine Selbstheilungskräfte so zu aktivieren, dass sich eine Querschnittslähmung komplett zurückbildete und die Ärzte von einem Wunder sprachen. Danach besuchte er auf der ganzen Welt Heiler und Schamanen und berichtet über Phänomene des Heilens, über die der typisch rational geprägte Mensch sagen wird: “So ein Quatsch. Das funktioniert doch nicht. Und außerdem hat das noch keine wissenschaftliche Studie bestätigt.”

Was für ein Augenöffner! Hej, wenn sich Menschen sogar von Querschnittslähmungen heilen können – was ist dann noch alles möglich?

Raus aus dem automatisierten Reparaturbetrieb

Bin ich ein Ärzte-Hasser? Gott bewahre, nein. Ich schätze die Leistungen der modernen Medizin, insbesondere der Notfallmedizin. Nur liegt für mich der Schlüssel zur echten Heilung – psychisch wie physisch – außerhalb von Krankenhäusern sowie ärztlichen und psychologischen Praxisräumen.

Nur wer aus dem automatisierten Reparaturbetrieb aussteigt, hat die Chance auf nachhaltige Veränderung. Giselas Beispiel zeigt das wunderbar. Sie sagt: “Entweder handeln wir aus Angst oder aus Liebe.” Das ist genau der Punkt. Wer Angst hat, geht wegen jedem Wehwehchen zum Arzt. Wer seinen Körper liebt, lässt ihm – zumindest in den meisten Fällen – die Chance zur Selbstheilung. Und unterstützt diese mit dem entsprechenden Verhalten.

Wie ist denn der Normalfall? Jemand hat viel beruflichen und privaten Stress und bewegt sich zu wenig. Daraus resultiert häufiges Kopf- und Rückenweh. Also werden ständig Schmerztabletten eingeworfen. Wenn gar nichts vorwärts geht, muss der Physio ran. Oder es geht zur Kernsanierung ins sündteure Wellness-Hotel.

Doch was wäre, wenn folgendes Szenario der Normalfall wird: Du hast ständige Kopf- und Rückenschmerzen und fragst dich: Was hat das mit mir und meinem Lebensstil zu tun? Was ist mein Anteil daran? Was will mir mein Körper sagen, was jetzt dran wäre? Und wie kann ich den ersten Schritt zur Heilung machen?

Fang an, dein Körpergefühl wiederzuentdecken

Vielleicht sagst du jetzt: Alles schön und gut. Doch wie soll das funktionieren, wenn ich verlernt habe, auf meinen Körper zu hören? Wenn ich überhaupt keine Intuition mehr habe, was jetzt dran ist?

Meiner Meinung nach haben wird das Körpergefühl nicht verlernt, sondern es wurde nur durch das rationale Denken der Leistungs-Druck-Krankheit-Symptomkurier-Welt überschrieben. Wie wäre es denn, endlich mit dem Wiederentdecken anzufangen?

Und zwar mit dem ersten, kleinen Schritt. So einfach wie wirkungsvoll zugleich:

Hör auf mit dem, was dir nicht gut tut!

Das ist bei jedem anders. Ein paar potenzielle Beispiele:

  • Friss nicht mehr ne Tüte Gummibärchen vor dem Schlafen gehen, wenn du dich wunderst, warum du weder ein- noch durchschlafen kannst (und schau vorher auch keine Nachrichten, mach den Rechner und das Smartphone rechtzeitig aus etc.)
  • Hör mit dem Saufen auf, wenn du jedesmal danach Angst- und Depressionsschübe hast (und auch sonst)
  • Stopf dir mittags was anderes als Currywurst und Pommes rein, wenn du dich danach jedesmal über Stunden saft- und kraftlos fühlst.
  • Fahr nicht mehr zu deinen Eltern, wenn sie dein Leben eh nicht verstehen wollen und du dich dort komplett aufreibst und niedergeschlagen wieder nach Hause kommst.
  • Weigere dich, in den alljährlichen Wanderurlaub mitzufahren, bei dem du schon bei Ankunft immer Migräne bekommst, weil du Wandern hasst und dich nur noch nicht getraut hast, deinem Wunsch nach einem Urlaub am Meer Ausdruck zu verleihen.
  • Folge nicht mehr der Einladung vom Freunden, die dir mit ihrem Jammern auf den Sack gehen.
  • Mach endlich deinen Mund auf, wenn dein Chef dich wieder zur Sau machen will.
  • Hör auf, dir Schmerztabletten reinzupfeifen, wenn du davon solche Magenprobleme bekommst.
  • Hilf niemandem mehr beim Umzug, wenn du weißt, dass du danach wieder ne Woche Rückenschmerzen hast.
  • Und lies keine Blogartikel mehr von Menschen, die dir vorschreiben wollen, wie zu leben hast.

Und dann beginn mit dem, was dir gut tut

Mach das, was dein Herz höher schlagen lässt. Du hast ja jetzt einiges an Zeit neu dazu gewonnen. Iss und trink das, bei dem dein Körper nicht rebelliert. Fang an, zu deinen Bedürfnissen zu stehen, auch wenn sich dein Umfeld dagegen wehrt. Freu dich darüber, um wie viel leichter sich das Leben in solchen Momenten anfühlen kann und zu was dein Körper alles fähig ist. Und um wie viel klarer dein Geist wird, wenn du ein besseres Körpergefühl entwickelst – und umgekehrt.

Und – das ist zumindest meine Erfahrung – mach so viele Experimente wie möglich im Bereich Körperarbeit. Auf diese wunderbare und spannende Art kommst du endlich wieder an deine Gefühle. Wenn du es dann noch schaffst, diese anzunehmen und auszuhalten, wird sich dein Leben radikal ändern.

Mit diesen kleinen – und großen – Schritten beginnt die Selbstheilung. In dem Sinn, dass du zu dir findest und durch das passende Leben viel weniger physische und psychische Probleme als früher hast.

Ich sehe das als fortlaufenden Prozess. Heilung kann auch präventiv geschehen. Es muss ja nicht immer erst das Kind in den Brunnen gefallen und die schwere Krankheit diagnostiziert sein, bis wir anfangen, den Kurs zu ändern.

Die Geduld lohnt sich

Die große Herausforderung besteht darin, den dann auch beizubehalten. Auch hier liefert Gisela im Film ein super Beispiel. Bevor sie sich selbst wieder im alten Fahrwasser verloren hätte, hat sie lieber ihre neue Liebe verlassen und sich wieder auf den Weg gemacht. Leicht ist ihr das bestimmt nicht gefallen. Doch war ihr das Ziel, die eigene Heilung, wichtiger.

Geht so ein Prozess schnell? Meistens nicht. Doch das Ziel dahinter lohnt jede Geduld, wenn es mal wieder alles zu lange dauern scheint.

Es gibt nichts Heilsameres, als sich auf den Weg zu machen, sich selbst kennen- und lieben zu lernen und die Selbstheilung von Tag zu Tag stärker zu spüren.

P.S.: Ich habe heute Rückenweh. Weil ich die letzten Tage ein bisschen viel Zeit vor dem Rechner verbracht habe. Deshalb gehe ich jetzt hinaus und werde ein paar Stunden wandern. Weil es der Erfahrung nach meinem Rücken dann wieder gut geht. So einfach ist das mit der Selbstheilung.

Welche Erfahrungen hast du mit dem Thema Selbstheilung gemacht? Glaubst du daran oder vertraust du lieber den Ärzten und Medikamenten?

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