Hurra! Die Teetassen hoch! Das ist der 200. Artikel seit Gründung von Adios Angst – Bonjour Leben. Und du bist live bei der Jubiläumsparty dabei. Danke, das ist mir eine Ehre und Freude zugleich.

200 Artikel. Mal lustig, mal traurig, mal nachdenklich mit vielen Fragen, mal lösungsorientiert mit vielen Antworten, mal provozierend, mal herzerwärmend. Ganz viel von meiner eigenen Geschichte und jede Menge mutmachender Erfahrungen anderer Menschen.

Doch egal, welche Ausrichtung die Beiträge haben, ging es stets um dieselbe Frage:

Wie ist es möglich, ein Leben mit weniger Angst und mehr Mut zu führen, Vertrauen ins Leben zu haben und Veränderungen
kraftvoll anzugehen?

Als eifriger Leser wirst du es wissen (und falls du nicht so oft hier bist, erfährst du es jetzt): Ich bin kein Freund davon, meine Leser mit Beiträgen der Art “Wie du mit diesem Trick deine Angst in 3 Minuten verlierst” zu bevormunden.

Klar gebe ich gerne Ratschläge, wo es mir sinnvoll erscheint und zeige, was bei mir funktioniert hat. Noch wirkungsvoller allerdings ist eins: einfach vormachen.

Vormachen ist besser als Tipps geben

Was nutzen dir die besten Tipps, wenn du das Gefühl hast: “Die hat doch irgendjemand aus einem Psychologie-Heftchen abgeschrieben”?

Meines Erachtens bringt es dir 100-mal mehr – und alle Mails, die ich bekomme, bestätigen das -, wenn du meine Geschichte mit all ihren Erfolgen, Irrungen und Wirrungen 1:1 miterleben kannst.

Wenn du liest, wie es sich anfühlt:

  • seinen gut dotierten Job zu kündigen, ohne zu wissen, wie es danach weitergeht
  • allein auf eine mehrmonatige Reise zu gehen
  • sich selbstständig zu machen
  • neue Dinge auszuprobieren und dabei einiges an Lehrgeld zu bezahlen
  • die Angst vor öffentlichen Auftritten zu überwinden
  • nach 24 Jahren Pause wieder mit dem Flugzeug zu reisen
  • das erste eigene Buch zu schreiben
  • Kontrolle abzugeben und zu akzeptieren, dass es keine Sicherheit gibt
  • gut zum eigenen Körper zu sein und dadurch keine Medikamente mehr zu brauchen
  • seine Ängste zuzugeben
  • verletzlich zu sein und offen zu seinen Gefühlen zu stehen
  • Veränderungen im Leben und Lebensstil vorzunehmen, die Familie, Freunden oder Nachbarn suspekt vorkommen (also bei mir zum Glück nur manchen)
  • zu 100 Prozent das Leben in die eigene Hand zu nehmen und nicht mehr das Opfer zu spielen

Zusammengefasst: Ich möchte, dass du dir von meiner Geschichte und meinen Geschichten das herausziehst, was für dich passt.

Das merkst du entweder daran,
– dass du einen Aha-Effekt hast (“Stimmt, das klingt schlüssig, das will ich unbedingt mal probieren!”) oder
– dass sich deine Nackenhaare aufstellen und du dich innerlich heftig dagegen wehrst (“Wie kann der nur so einen Mist verzapfen? Wenn der wüsste, was ICH für Probleme habe. So einfach geht das alles nicht!”). Widerstand ist nämlich ein starkes Zeichen dafür, dass das Thema wichtig für dich ist.

Darfst du mir glauben, habe ich schon oft für dich ausprobiert.

Mein Markenkern: Ein offener Umgang mit der Angst

Ich bin stolz darauf, dass mein Markenkern in den vergangenen zweieinhalb Jahren seit Erscheinen des ersten Artikels stets gleich geblieben ist:

Ich bin ein Mann, der offen über seine Gefühle und Ängste redet und anderen jede Menge Mut machen will.

Ich stehe zu meiner Geschichte, auch wenn ich dadurch angreifbar und verletzlich bin. Die spannende Feststellung: Ich werde ganz selten angegriffen, wie ich in diesem Gastartikel über Die heilsame Wirkung gnadenloser Offenheit geschildert habe.

Heilsam deshalb, weil ich mich früher für jede einzelne Angst geschämt habe:

  • Angst vor dem Fliegen
  • Angst vor Vorträgen/öffentlichen Auftritten
  • Angst vorm Autobahnfahren, vor Tunnel, vor Staus
  • Angst vor Enge, vor allem in öffentlichen Verkehrsmitteln
  • Angst davor, ohne die lockernde Wirkung des Alkohols ein Langweiler zu sein
  • Angst vor schweren Krankheiten, sobald ich nur von einer gelesen habe (“Oh ja, ich muss sterben, ich habe schon wieder ALLE Symptome!”)
  • Angst vor meinen Gefühlen
  • Angst davor, mit jedem weiteren Jahr in der Festanstellung mein eigentliches Leben zu verpassen
  • Angst davor, auf meine innersten Bedürfnisse zu hören

Ich habe so lange so viele Ängste verdrängt, dass ich irgendwann den Deckel nicht mehr auf dem Fass halten konnte. Dabei ist das Fass nicht nur übergelaufen, sondern der Deckel ist mit einem lauten Kawumm förmlich weggesprengt worden. Und plötzlich war da nur noch Panik.

Meine These: Hätte ich mir die einzelnen Ängste und die dahinter steckenden Ursachen in guten Phasen (und von denen gab es durchaus einige) ehrlich angeschaut und angefangen, offen darüber zu reden – und dann auch zu handeln -, wäre mir der (damals gefühlte) Fall ins Bodenlose erspart geblieben.

Das Leben wird vorwärts gelebt und rückwärts verstanden. Heute weiß ich: Ein verschämtes Verstecken der Angst bringt dich nicht weiter. Und deshalb möchte ich dich fragen:

Wie offen gehts du mit deiner Angst um?

Gestehst du dir selbst zu, vor wie vielen Dingen du Angst hast?

Weißt du, um wie viel schwerer dein Leben durch die Angst ist – und nicht durch äußere Umstände, die du vielleicht dafür verantwortlich machst?

Merkst du, dass dein Satz “Ich kann nicht” meistens nur heißt: Ich habe Angst …

  • etwas nicht schnell genug zu lernen
  • mich zu blamieren
  • zu scheitern
  • nicht mehr geliebt zu werden
  • nicht mehr genug Anerkennung zu bekommen
  • Kontrolle abzugeben
  • deine Gefühle zuzulassen
  • deine Angst zu spüren?

Hast du jetzt dreimal mit einem kräftigen “Nein” geantwortet, möchte ich dir ein noch kräftigeres “Vorsicht!” zurufen. Denn ich bekomme immer noch genug Mails, in denen steht: “Ich hatte (habe) ein super glückliches und stimmiges Leben, wenn nicht diese Panikattacken aus dem Nichts aufgetaucht wären.”

Das fühlt sich für viele so an (für mich damals auch). Trotzdem bleibt es eine Lüge.

Du kannst nach außen natürlich den glücklichen Menschen mimen. Den dazu gehörigen Schauspielunterricht gebe ich dir gerne, ich war darin nahezu perfekt.

Aber das Brodeln im Inneren kannst du nicht stoppen. Deine Gefühle lassen sich nicht für immer unterdrücken. Und falls dir das gelingen sollte, führst du auch nicht gerade ein beneidenswertes Leben.

Such dir Menschen, die dich fühlen können

Deshalb lautet mein dringender Rat: Fang an, mit anderen Menschen drüber zu reden. Sag ihnen, was dich blockiert, warum du welche Dinge nicht anpackst, welche Ängste dich nerven, stressen, ausbremsen.

Lös deine Schambremse durch die Offenheit und du wirst Erstaunliches erleben. Aus dem “Hoffentlich merkt es keiner” wird irgendwann ein “Ist mir doch völlig egal.” Das ist ein super wirksames Mittel gegen die Angst.

Rede mit lieben Menschen darüber, die sich wirklich für dich interessieren. Die nachfragen, wissen wollen, was genau hinter deinen Themen steckt. Die sich in dich hinein fühlen können und spüren, wenn du nicht mit der ganzen Wahrheit rausrückst und ihnen Ausreden auftischst.

Und bitte erspare dir diejenigen, die sofort 10 gute Ratschläge parat haben oder dir ein “Stell dich nicht so an, wir haben alle unsere Probleme” um die Ohren hauen.

Fang im Kleinen mit nahestehenden Menschen an. Du musst ja nicht sofort zu deinem Chef rennen und sagen: “Hej Boss, ich leide unter Klaustrophobie und kann nicht mehr in geschlossenen Büroräumen arbeiten. Ab jetzt erreichst du mich nur noch am See oder Meer.”

Selbsthilfegruppen sind auf Dauer oft nicht hilfreich

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Mir geht es hier um die vielen (kleineren und größeren) Ängste, die sich durch das Verschweigen, Verheimlichen, Verstecken, Verdrängen aufstauen und dir dann irgendwann als ausgewachsene Panikattacke Hallo sagen.

Bei den Erstgenannten kannst du nämlich aktiv ansetzen und deinem Leben eine andere Richtung geben. Wenn du schon im Panikmodus bist und die Angst vor der Angst dein Leben bestimmt, wird es deutlich schwieriger.

Dann wäre es in der Tat sinnvoller, das jetzt vorhandene Problem (“Wie bekomme ich die Angst vor Angst weg?”) nicht dauernd in den Mittelpunkt zu stellen.

Ich finde Angst-Selbsthilfegruppen (ob online oder offline) sehr gut und verstehe auch die Wichtigkeit als erste Anlaufstelle, um endlich Menschen zu finden, die das Gleiche durchmachen und mehr hilfreiche Informationen zu bekommen.

Doch weiß ich gleichzeitig, dass einen das dauerhaft gemeinsame Jammern nicht weiterbringt. Und sorry, falls ich jetzt hier jemandem zu nahe trete, aber das habe ich in allen Online-Foren oder Facebook-Gruppen, in denen ich damals war, so erlebt.

Wer kann dein Vorbild sein?

Mir geht es darum, Lösungen zu finden und aktiv nach Mutmachern zu suchen.

Ich verspreche dir, dass es zu jedem deiner Angst-Themen jemanden gibt, der als Vorbild dient. Der dir sagen kann, wie er es gemacht hat.

Das kann innerhalb deiner Familie, im Freundeskreis, bei den Nachbarn oder Kollegen sein. Fang an zu fragen: Wer hat das Thema selbst erlebt? Wie ist es ihm damit ergangen? Wie hat er es gelöst? Was kann er/sie dir für Tipps geben?

Rede offen darüber, hör gut zu, sei so neugierig, wie es geht und sei verliebt in den Gedanken, dass es wirklich Optionen für dich gibt, auch wenn du das bisher nie glauben wolltest.

Und dann probier aus. Immer wieder. Denn nicht alles, was für jemanden anderen geklappt hat, muss bei dir zwingend klappen.

Aber bitte mach es dir nicht so einfach. “Weißt du, ich hab das mit der Meditation ausprobiert. Aber nach den 5 Minuten habe ich festgestellt: Das ist nichts für mich.” Aaaaaaaaah!

Traust du dich, Neues ernsthaft auszuprobieren?

Kann ja sein, dass Meditation wirklich nichts für dich ist. Doch trau dich bitte, neue Dinge mal ernsthaft und für eine Weile zu testen und dir die Chancen nicht durch deine Voreingenommenheit (“Das ist Blödsinn, das bringt eh nichts.”) zu nehmen.

Wenn mir jemand vor ein paar Jahren gesagt hätte, dass ich beim Mantrasingen die größten Momente der Heilung verspüre, hätte ich geglaubt, dass er ein Kandidat für die Anstalt ist und nicht ich.

Zum Glück habe ich irgendwann diese sinnlose Skepsis vor Neuem abgelegt, weil mir klar geworden war: Wenn die Dinge, wie ich sie bisher gemacht habe, zu diesem miserablen Ergebnis geführt haben, dann darf ich etwas anders machen und Neues probieren.

Über Ängste reden, Kontrolle abgeben und die Wirksamkeit von veränderten Verhaltensweisen testen: Das sind inzwischen meine 3 wichtigsten Eckpfeiler.

Und jetzt will ich natürlich von dir wissen: Wie gehst du selbst mit deinen Ängsten um? Offen und lösungsorientiert oder verdrängst du sie lieber? Welche Erfahrungen hast du damit gemacht? Ich freue mich auf deinen Kommentar!

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