Morgenritual Yoga

Die Hoffnung des ganzen Jahres – der Frühling.
Die Hoffnung des Tages – der Morgen.

Japanisches Sprichwort

Spinnen die eigentlich? Das war mein Gedanke, als ich damals in der Klinik meinen ersten Wochenplan bekommen habe. Jeden Tag um 7 oder 7.30 Uhr Gymnastik oder Morgensport – ich glaub, es hackt! Pures Entsetzen meinerseits, weil mir mein wertvoller Schlaf gestohlen wird.

Zuvor hatte 10 Jahre lang der morgendliche Ablauf des Sportredakteurs Mischa M. so ausgesehen: Einstellen des Weckers auf die maximal mögliche Schlafzeit (frühestens Aufstehen 7.30 Uhr, gerne auch 8 Uhr oder später), minimales Zeitfenster vom Aufstehen bis Losdüsen, schnell, schnell ins Auto oder zum Zug (am besten noch mit dem halben Frühstücksbrot in der Hand).

Purer Stress, der Bequemlichkeit geschuldet

Purer Stress also. Und vollkommen unnötig. Nur der Bequemlichkeit geschuldet. Wieso hätte ich auch nur eine Sekunde früher aufstehen sollen als unbedingt nötig?

Das Problem dabei: So ein Verhalten raubt dir Energie. Bis zu dieser Einsicht ist es ein langer Weg. Vermutlich würde ich heute noch so handeln, wäre ich nicht gezwungen gewesen, die Mauer der Bequemlichkeit zu durchbrechen.

Es gibt Thesen, die besagen, dass nach 21 Tagen ein Ritual zur Gewohnheit wird. Letztlich ist es egal, ob nach 16, 23 oder 32 Tagen: Irgendwann wird es zum Automatismus.

Erst geflucht, dann gefreut

In meinem Fall war das so: In der ersten Woche habe ich täglich über das frühe Aufstehen geflucht, in der zweiten Woche habe den Frühsport als notwendiges Übel akzeptiert, und ab der dritten Woche habe ich mich darauf gefreut.

Ich kann dir versprechen, dass dir eine Umstellung keine Freude machen wird. Dein innerer Schweinehund bellt tagelang ganz schön laut und beißt dich heftig in die Wade. Aber da musst du durch. Nach ein paar Wochen hast du ihn erledigt. Gekillt. Oder wenn dir das jetzt zu martialisch war: Der Schweinehund liegt von nun an in seinem Körbchen und ruht sanft.

Der Schwung, die Energie, die du morgens mitbekommst, kann dir keiner mehr nehmen. Bevor der Tag so richtig losgeht, hast du schon etwas geschafft. Und das Wichtigste: Du wirst dabei vom Opfer zum Täter. Du gestaltest deinen Tag – und nicht er dich.

Deine Investition: ein klein wenig Zeit

Das einzige, was du dafür tun musst: ein bisschen früher aufstehen. Es sei denn, du bist eh schon recht früh auf und schaust Frühstücksfernsehen. Dann musst du deine Zeit nur umwidmen, und zwar hin zu Dingen, die dir wirklich was bringen.

Dabei ist es vollkommen egal, ob du 45 Minuten joggen gehst oder nur 20 Minuten spazieren, ob du Yoga machst, Qi Gong oder meditierst, ob du dich auf dein Trimmrad setzt oder mit Liegestütze und Hanteln deinen Körper in Schwung bringst.

Königsdisziplin für Spinner

Oder gleich die Königsdisziplin für alle, die mal etwas Neues ausprobieren wollen (habe ich bei The Fuck It Life gelernt): Schüttle jeden Teil deines Körpers mindestens fünf Minuten, gerne auch bei lauter Musik. Danach stehe still, so aufrecht wie möglich, Knie leicht gebeugt, Füße auseinander, entspanne dich und spüre die Energie.

Das ist was für Spinner, sagst du? Dann spinne doch auch einfach mal rum. Was meinst du, wie begeistert deine Nachbarn sind, wenn sie dich morgens um 7 Uhr am Balkonfenster zappeln sehen? Also meine sind es. Na gut, so offen hat das noch keiner gesagt.

Du meinst, du hast keine 15 oder 30 Minuten morgens? Dann geh doch einfach abends etwas früher ins Bett. Und schon stimmt die Bilanz wieder. Möglicherweise brauchst du auch weniger Schlaf als gedacht. Du wirst es herausfinden.

Mein Morgenritual sieht so aus:

  •  6.30 Uhr aufstehen
  • heißes Wasser mit Zitrone machen (toller Tipp, entdeckt bei Healthy Habits)
  • ca. 30 Minuten Yoga (im Winter vor einem Licht-Therapiegerät mit 10 000 Lux)
  • meditativer Abschluss mit Bestärkung (“Das Leben gibt mir immer das, was ich brauche”) und Dank für das Geschenk des neuen Tages.
  • Danach heiße Dusche mit eiskaltem Abbrausen und dann Frühstück.

Nebenwirkungen keine, der Gewinn ist groß

Was mir das bringt? Verdammt viel. Genau genommen war es bei mir der Startpunkt für die Veränderung gleich mehrerer eingeschliffener Gewohnheiten. Wenn du an einer Stelle siehst, dass du zu einer Veränderung fähig bist – und gerade in einem Bereich, der dir am Anfang verdammt schwer fällt -,dann wirst du feststellen, dass dir weitere Schritte viel leichter fallen.

In meinem Fall hieß das zum Beispiel: Der einstige Fernseh- und Nachrichten-Junkie hat sich auf Diät gesetzt. Nebenwirkungen keine. Außer, dass mich meine Freunde etwas komisch anblicken, wenn ich am Donnerstagmorgen noch nicht die Champions League Ergebnisse vom Mittwochabend weiß.

Der Gewinn: Viel mehr Zeit für Lesen, Treffen mit Freunden, Entspannungsübungen, ins prasselnde Kaminfeuer schauen oder früh ins Bett gehen.

Mein Fazit

Ein Morgenritual – ganz egal ob 5 oder 50 Minuten lang – ist der Türöffner zu einem guten Tag. Wenn ich in den ersten Minuten des Tages auf die eine oder andere Weise meinen Körper und Geist in Schwung bringe und mit mir selbst ins Reine komme, habe ich einen Schutzschild für den restlichen Tag. Ausprobieren lohnt sich!

Wie ist es bei dir? Bist du ein Murmeltier, das sich lieber noch dreimal wendet, bevor es endlich aus dem Bett steigt? Oder springst du um 6 Uhr schon in die Joggingschuhe und gehst bei Wind und Wetter raus? Was ist dein Morgenritual? Ich freue mich auf deinen Kommentar.