Kinnas, wie die Zeit vergeht! Mein Kalender behauptet steif und fest, ich wäre seit zwei Monaten auf meiner Mutmacher-Überwinterungstour 2017/2018.

Gefühlt bin ich gerade erst zur Haustür hinaus. Andererseits habe ich schon wieder so viele neue Erfahrungen gemacht, wundervolle Menschen kennengelernt, traumhafte Ecken entdeckt und unzählige Sonnenaufgänge und -untergänge fotografiert, dass es für ein Dutzend Reisen reichen würde.

Ich war so was von faul die letzten Wochen, unfassbar. Und ich konnte mir tatsächlich zugestehen, mal nicht leisten und liefern zu müssen, den Rechner ziemlich oft ausgeschaltet zu haben – obwohl rein rational meine berufliche Situation genau das Gegenteil verlangt hätte. Doch dazu später mehr.

Hier kommen auf alle Fälle meine Erkenntnisse von Monat 2 der Mutmacher-Wintertour. Viel Spaß! Und falls du dich in der einen oder andere Sache selbst erkennst, schreib mir gerne was dazu in die Kommentare.

Wenn du lieber Bilder siehst, dann scroll gleich ans Ende des Artikels. Da gibt es wieder schonungslose Einblicke ins Busleben – und wunderschöne Ausblicke.

#1 Weihnachten allein, das ist fein!

Was hatte ich mir im Vorfeld für Gedanken gemacht. Experiment “Mischa allein zu Haus”. Mein erstes Weihnachten ohne Familie, Verwandte, Freunde. Ohne Geschenke, Weihnachtslieder, Raclette & Co.

Wie wird’s mir gehen? Was werde ich vermissen? Werde ich abends vor Einsamkeit weinend im Bus zusammenbrechen und vor lauter Verzweiflung “Weihnachten mit Helene Fischer” im Internet-Livestream anschauen?

Die Wahrheit: Heiligabend war sowas von unspektakulär und unsentimental für mich, dass ich es selbst kaum glauben konnte. Ein großer, schmuckloser Stellplatz in Almerimar, rund 200 Meter vom Meer entfernt. Wäsche waschen (und trocknen im Sturm, DAS war spektakulär), kurzer Plausch mit Platzwart Pedro, längerer Plausch mit den Würzburger Nachbarn, in der Sonne liegen und dösen. Das war’s.

Am späten Nachmittag noch ein langer Strandspaziergang in den Sonnenuntergang und die Erkenntnis: Heiligabend ist ein ganz normaler Tag. Nur weil er aus Kommerz- und Familiengefühlsduselei-Gründen völlig überhöht ist, muss das für mich keine Auswirkung haben.

Meine kleine Welt im Mikrokosmos Mischa sagte mir deutlich: Der 24.12. ist nichts Besonderes. Meine Feiertage sind dann, wenn es für mich was zu feiern gibt. Dann natürlich mit jeder Menge Spektakel und Sentimentalität.

Als ich das alles für mich klar hatte, hat sich eine tiefe Ruhe und Zufriedenheit breitgemacht: Das, was ist, reicht völlig. Ich brauche nicht mehr zum Glück als diesen Moment und diesen Strandspaziergang. Ich muss niemandem etwas beweisen, sondern darf einfach nur da sein und annehmen, was gerade da ist.

Selten habe ich mich so klar gefühlt. Das Weihnachtsleuchten kam aus meinen tiefsten Inneren. Als ich zwei Tage später Fotos von dem Spaziergang verschickt habe, kamen gleich mehrere Kommentare von Freunden, denen das aufgefallen ist.

Der Rest vom Abend: Lichterkette anmachen wegen der Romantik und um den anderen auf dem Platz zu zeigen, dass es die auch in nicht hässlich, nicht blau-rot und nicht blinkend gibt. Skype mit meiner Frau. Ein paar Lieblingslieder hören. Ab in die Heia.

So wenig kann so viel sein. Herrlich.

#2 Spontanität maximiert Lebensfreude

Eva hatte mich eingeladen. Im Herbst 2016 ist sie mit ihrem VW Bus aufgebrochen. Ich durfte sie damals im Vorfeld in ihrem Vorhaben ein wenig bestärken. Nach recht kurzer Zeit ist sie hier in Andalusien hängen geblieben und hat kürzlich eine Wohnung mit ihrem spanischen Freund bezogen. Klar, dass ich bei so interessanten Geschichten mal vorbeischaue.

Einen Tag vor dem Treffen die Frage im Messenger: “Mein Freund leitet 20 Minuten von hier eine Yogastunde. Willst du morgen mitkommen?” Na klar doch!

Schon vor der Stunde gibt’s Küsschen links und rechts von den anderen Teilnehmerinnen, im Schnitt 15 bis 20 Jahre älter als ich. Danach Yoga auf der Bühne des Gemeindehauses, zwischendrin Evas Hund Loui, der sehr aktiv mitmacht und immer mal wieder eine andere Matte belegt. Hinterher Kuchen und Yogi-Tee von zwei Geburtstagskindern und die Frage, ob ich die Woche drauf auch bei der Weihnachtsfeier dabei bin. Klar doch!

Nicht eine Sekunde musste ich überlegen, weil ich inzwischen weiß: Das Leben macht die Pläne, nicht ich (siehe auch Erkenntnis #5). Ich hatte nicht vor, solange an dem Ort bzw. in der Ecke  zu bleiben. Doch bei dem Angebot …

Und so saßen wir 7 Tage später zusammen im Steinbecken eines Thermalwasser-Balnearios, haben uns an den Händen gehalten, Mantras gesungen und die innige Stimmung zelebriert.

Das war wieder so ein Zwick-mich-Moment wie so oft in letzter Zeit. Ich darf Teil von etwas Besonderem sein, obwohl ich eigentlich gar nicht dazu gehöre – und irgendwie eben doch.

Hinterher noch ein super leckeres Menü in der Bar nebenan, Wichteln, Tanzen (keine Ahnung, was die Mädels hinterher über die Tanzkünste des leicht hüftsteifen deutschen Riesen erzählt haben), große Herzlichkeit, Wärme und Freude.

Für mich waren diese Stunden das überraschendste und schönste Weihnachtsgeschenk. Die anderen haben mir das gemacht, in dem sie mich völlig selbstverständlich in ihrer Mitte aufgenommen haben. Und ich habe es mir gemacht, weil ich im Gegensatz zu früher nun endlich Spontanität zulassen kann.

Ganz flexibel Dinge machen, die ich nicht kontrollieren und bei denen ich mich vielleicht blamieren kann: Das wäre damals nur mit viel Alkohol gegangen.

#3 Weichei und Romantiker? Ich bin stolz drauf!

Apropos Alkohol. Kürzlich mittags in Sevilla. Eine Gruppe von rund einem Dutzend Männer um die 45 bis 50 Jahre alt an einem langen Bartisch im Freien. Schon sichtlich Sangria geschwängerte Heiterkeit, rote Wangen und lautes Lachen.

Ich laufe mit meiner Frau dran vorbei (ja, ich habe bis Ende Januar Begleitung, hurra!) und merke, wie ich körperlich richtig heftig reagiere und voll getriggert bin.

Warum finde ich das so abstoßend? Könnte mir doch scheißegal sein, was andere in ihrem Urlaub machen. Doch dann habe ich kapiert: Ich sehe in dem Moment mich und meinen krampfhaften Versuch von früher, in einer Männerwelt mitzuhalten, die so gar nicht meine war, ist und niemals sein wird.

Ich wollte lange von den “echten” Männern für ebenbürtig gehalten werden, den Lauten, den Partyhengsten, den Zotigen mit ihren Herrenwitzen, den Machtgeilen und Kraftprotzen.

Der Alkohol hat dabei eine Verbindung hergestellt, die ohne ihn mangels völlig unterschiedlicher Rollenauffassung einfach nicht existiert hat. Es gibt so vieles, was mich an dieser Art von Männer-Welt abstößt (hier ist ein super Artikel in der FAZ dazu) – mal abgesehen davon, dass sie meiner Meinung nach die Welt nicht gerade besser gemacht hat.

Auf einmal war mir klar: Wenn ich die anderen saufen sehe, dann bin ich gar nicht von ihnen abgestoßen. Sondern wahrscheinlich immer noch von mir selbst und meiner früheren Selbstverleugnung und der Missachtung meiner Bedürfnisse.

Denn ich ticke anders. Ich kann zwar ganz gut einparken, aber bin ansonsten sehr gerne auf der weiblich-kreativen, sensiblen und eher leiseren Seite zuhause (und wer den Herrenwitz entdeckt hat, darf ihn behalten).

#4 Ich kann auch Großstadt

Ich bin nun wirklich kein Großstadt-Typ. Kann all dem Gerenne, Gelärme und Gekaufe ziemlich wenig abgewinnen. Stehe lieber am Strand, genieße die Ruhe und das Meer.

Doch ebenfalls in Sevilla die nächste Erkenntnis: Ich kann auch Großstadt. Was für ein Gewusel und Dreikönigs-Gequirle. Trubel, Menschenmassen, Touris. Und wir mittendrin.

Grad schön war’s, von Tapas-Bar zu Tapas-Bar zu ziehen, mit großem Pflichtbewusstsein alle Sehenswürdigkeiten abzuklappern (im Gegensatz zu den Japanern in 3 Tagen und nicht in 3 Stunden).

Ja, weggehen kann und darf richtig viel Spaß machen. Dieser Freude habe ich mich in den vergangenen 5 Jahren – eher unterbewusst – doch ziemlich häufig verweigert. Ich wollte ja schließlich nicht in alte Fahrwasser rutschen. Denn früher hieß weggehen: ordentlich einen kippen, die psychischen Schmerzen und den ganzen Frust wegsaufen, endlich mal nicht mehr schüchtern und stattdessen richtig ausgelassen sein.

Doch ausgehen klappt auch aus purer Freude heraus und ohne etwas kompensieren zu müssen.

Und ich brauche für mein Glück auch nicht den ganzen Tag an einsamen Buchten zu stehen, auf der Yogamatte zu turnen oder auf dem Meditationskissen zu sitzen.

Das ganz normale Großstadteben kann – wohl dosiert – durchaus ein freudvoller Teil des Lebens sein. Solange der nächste ruhige Strand nicht zu weit weg ist …

#5 Pläne sind dazu da, dass mein Leben was zu lachen hat

Dieser Satz kommt von Auswandererin Sabine, die wir vor wenigen Tagen besucht haben. Sie hat in den letzten Jahren auch ein heftiges Auf und Ab erlebt. Wie eigentlich alle von denen, die ich kenne und die sich auf den Weg gemacht haben, ihr Leben nicht nach Ideal Standard zu führen.

Vielleicht ist das sogar die wichtigste Erkenntnis auf dem Weg zur Zufriedenheit: anzuerkennen, dass wir eh nichts im Griff haben, dass wir nichts kontrollieren können, dass es keine Sicherheit gibt (nein, nichtmal bei der Rente).

Also sollten wir auch nicht so tun als ob, sondern die Dinge konsequent dann tun, wenn sie dran sind.

Letztlich ist jeder Plan nur so gut ist, bis das Leben uns mit einem Lächeln zeigt, was wirklich wichtig ist und wo es für uns langgeht.

So wie bei Sacha und Ninette, bei denen wir auf der Finca Vegana zu Gast waren. Fast 10 Jahre lang haben sie auf die Green Card für die USA gehofft, wollten unbedingt dauerhaft dort leben und arbeiten. Vor 2 Jahren haben sie nach all den ablehnenden Bescheiden ihren Traum begraben, sind in Andalusien hängen geblieben und seitdem erfolgreiche Renovierer einer zauberhaften Finca samt riesigem Grundstück und super liebenswerte Vermieter.

Dann kam wieder mal der Spaßvogel namens Leben vorbei und hat ihnen die Green Card beschert. Jetzt geht es wahrscheinlich im Herbst über den Teich. Ihr Wohnmobil steht dort schon parat. Ich behaupte: Hätten sie ihren Traum nicht losgelassen und sich einer anderen Sache mit Hingabe gewidmet, die ihnen das Leben vor die Füße gelegt hat, würden sie heute noch auf die Green Card warten.

#6 Es gibt nie den richtigen Zeitpunkt

Bestes Beispiel aus meiner eigenen Sicht für Punkt 5: Ich wollte noch rund ein halbes bis ein Jahr als Freelancer arbeiten. Texte als freier Journalist schreiben, Texte lektorieren. So eine gewisse finanzielle Sicherheit haben und so langsam den Übergang ins komplett eigene Business wagen.

Dann bin ich Anfang Dezember nach einem Tipp meiner lieben Freundin Carolin auf Andrea Hiltbrunner gestoßen. Eine super spannende Business-Mentorin, die 5 Jahre lang nur mit Frauen gearbeitet hatte, bevor sie kürzlich ihren ersten Online-Workshop auch für Männer geöffnet hat.

9. und 10. Dezember. Ich hatte Zeit, das Thema klang vielversprechend, also winkte das Leben heftig und rief: “Junge, du bist dran.” So saß ich auf meiner Decke am Strand mit Smartphone, Kopfhörern, Notizblock und Stift und habe mir bei meinem ersten Online-Beach-Workshop die Finger wund geschrieben.

Einige Erkenntnisse waren so heftig, dass ich mal laut lachen, mal richtig heftig weinen musste.

Und vor allem stand nach 2 Tagen glasklar fest: Die Zeit der halbherzigen Kompromisse ist vorbei. Jetzt heißt es wie beim Poker “All in”. Ich kann und will meine Energie nicht mehr auf verschiedene Bereiche aufteilen und verliere zu viel Zeit und Kraft beim ständigen Hin- und Herswitchen.

Meine größte Freude und Stärke liegt im Mutmacher-Business. Also habe ich am nächsten Tag meine Freelancer-Karriere beendet.

Mein Hirn: Du Spinner, das werden wir noch bitter bereuen!

Mein Herz: Wie geil, Alter, jetzt geht der Spaß erst richtig los!

Flugs noch das Mentoring-Prgramm bei Andrea Hiltbrunner gebucht. Schließlich weiß ich, wie unheimlich wichtig es ist, sich an den entscheidenden Stellen des Lebens von Menschen helfen zu lassen, die den Weg schon vor mir gegangen sind.

Und wieder mal schlug der Loslassen-Effekt voll zu: Kurz danach kamen mehrere neue Coaching-Anfragen wie aus heiterem Himmel und die ein oder andere sehr überraschende finanzielle Zuwendung.

Oder wie ich immer sage: Das Universum sieht schon ganz genau hin, was wir tun (oder nicht tun).

Jetzt bereite ich mit Riesenfreude die verschiedenen Mutmacher-Camps dieses Jahres vor und schaue mich schon fleißig nach weiteren traumhaften Orten in wunderschöner Natur um.

Und auch ein paar neue Sachen sind gefühlt schon in der Pipeline. Bei dem Gedanken daran, dass das ein oder andere Realität werden könnte, wird mir ganz warm ums Herz. Ich liebe es, Schöpfer zu sein. Viel Sonne und Weite helfen aktuell noch beim Kreativsein …

#7 Winterschlaf tut gut

Nach dem besagten Workshop habe ich bis vor wenigen Tagen (und mit Ausnahme der Coachings) so gut wie nichts mehr gemacht. Ab in den Winterschlaf, der geht sogar unter spanischer Sonne.

Plötzlich habe ich morgens ewig gepennt, festgestellt, dass nach dem Frühstück schon gleich Mittag ist, bin dann ein bisschen gelaufen, irgendwo gesessen oder gelegen und habe in die Gegend geschaut. Alle weiteren Aktivitäten wurden nach und nach gegen Null geschraubt. Der Fulltime-Job Busleben hat mir völlig gereicht.

Dabei war das keine bewusste Entscheidung. Hinterher habe ich kapiert, dass es gar nicht anders ging.

Das Jahr 2017 war so intensiv, so fordernd, so spannend, so umwerfend, dass eine Phase des Herunterfahrens und Anerkennens all der Wunder unerlässlich war.

Und so hat der kleine Mischa-Bär seinen Winterschlaf in der Bushöhle richtig genossen. War nicht mal Allgäuer Schnee und Kälte dafür notwendig.

Ich war so faul, dass ich selbst davon erstaunt war, wie faul ich sein kann, obwohl ich auch sonst faul sein kann.

Bei all dem Entschleunigen ging die Zeit gefühlt viel schneller um als sonst. Passt das zusammen? Keine Ahnung. Egal. Das ganze Leben ist ein Paradoxon.

Das war’s von Monat 2. Und wie versprochen hier noch ungeschminkte Impressionen aus meinem Busleben: