Ziemlich gruselig, so mit seiner eigenen Endlichkeit konfrontiert zu werden. Trotzdem habe ich keine Sekunde gezögert, bei Nicoles Blogparade auf bewusst glücklich zum Thema “Was, wenn morgen dein letzter Tag wäre?” teilzunehmen. Darüber gewitzelt habe ich natürlich schon mal, aber mir noch nie so richtig konkrete Gedanken dazu gemacht. Wie soll er denn aussehen, mein letzter Tag? Heute erfährst du es.

Zuerst einmal will ich das Thema aber ein wenig eingrenzen (eilige Leser überspringen den nächsten Abschnitt einfach). Mit großem Interesse habe ich Nicoles eigenen Beitrag dazu gelesen. Sie bringt die Aussicht auf den letzten Tag mit der Frage zusammen, wie denn ein perfekter Tag aussehen würde. Für mich sind das aber zwei paar Stiefel.

Mein letzter Tag sieht anders aus als mein perfekter Tag

Mein perfekter Tag derzeit sieht seit einigen Monaten so aus, wie ich ihn mir gewählt habe: Ich gehe einer selbstständigen Arbeit nach, die mir Freude macht. Ich schreibe Texte und korrigiere für Kunden, ich verfasse Blogartikel, beantworte Mails, helfe meinen Lesern, schreibe wie bei “I love Mondays” an einem Buch mit (und bald auch ein eigenes), schiebe Projekte mit an und kommuniziere über verschiedene Kanäle den ganzen Tag über mit vielen angenehmen Menschen.

Gleichzeitig habe ich die Freiheit, meine Arbeit zu tun, wann, wie und wo ich will, kurzfristig Freunde zu treffen, jederzeit in die Natur hinauszugehen, Kurztrips zu Freunden und Verwandten zu unternehmen, ohne jemanden um Erlaubnis fragen zu müssen, mir Zeit für Yoga, Meditation und meinen Mittagsschlaf zu nehmen, auf mich und meinen Körper zu hören und an beschissenen Tagen einfach mal ein paar Stunden auszusetzen.

Jetzt kommt das große Aber: Angenommen, ich erfahre heute Mittag, dass morgen mein letzter Tag anbricht. Dann werde ich sicherlich keine Texte mehr korrigieren, keine Blogartikel mehr schreiben, mich nicht mehr bei Facebook tummeln, wahrscheinlich nicht einmal mehr Yoga machen. Sondern? Das erfährst du jetzt.

So sieht mein letzter Tag aus

Okay, ich habe also noch 36 Stunden zu leben. Jetzt heißt es Gas geben. Ich lade alle Freunde und mir wichtigen Familienmitglieder über alle mir verfügbaren Kanäle ein – ganz egal, wie weit sie verstreut sind. Falls jemand weit weg ist und sich den spontanen Flug nicht leisten kann, weise ich ihm per Paypal das fehlende Geld an.

Ich fahre mit meinen VW-Bus Dr. D ins nächste Getränkelager und lade alles ein, was hineinpasst. Mein letzter Tag muss gefeiert werden, da soll es meinen Gästen an nichts fehlen.

Mit meiner Frau fahre ich an einen wunderschönen Voralpensee. Dort schlagen wir unser Lager auf. Die ersten Freunde treffen schon ein und wir entzünden ein riesengroßes Lagerfeuer, das bis morgen Nacht nicht mehr ausgehen wird. Ein Spanferkel dreht sich am Spieß, für Vegetarier lasse ich einen Kässpatzen-Service anfahren.

Es werden immer mehr Leute, wir essen, trinken, rauchen (vielleicht sogar die verbotenen Sachen). Einer holt die Gitarre raus. Wir singen, wir tanzen, sind ausgelassen wie selten zuvor. Wir feiern im wahrsten Sinne, wie wenn es kein Morgen gäbe.

Wir erzählen uns Geschichten über Geschichten, wie traumhaft schön das Leben ist. Wir lachen und weinen und lachen und weinen und lachen und weinen …

Um Mitternacht springe ich nackt in den See. Die Gäste freuen sich, dass sie meinen Hintern wie einen Vollmond leuchten sehen. Ich plantsche herum und jauchze und denke mir: Wann war nochmal die Zeit, als mir etwas peinlich war?

Vor dem Morgengrauen marschieren wir los auf den nächsten Berg. Höhenangst kenne ich am letzten Tag nicht mehr. Wir betrachten staunend und voller Glück einen traumhaften Sonnenaufgang (natürlich ist an meinem letzten Tag perfektes Wetter garantiert).

Wieder herunten im Tal geht das Fest weiter. Meinem Ruf als herausragender Gastgeber, von dessen (sehr langen) Partys sich die Gäste noch lange danach erzählen, will ich natürlich noch einmal gerecht werden. Ist ja schließlich das Abschlussfest!

Ab Mittag bitte ich um die Grabreden. Ist es nicht traurig, dass wir im Normalfall die schönsten Dinge, die über uns gesagt werden, nicht mehr hören können? Einer nach dem anderen steht auf, erzählt wunderbare Dinge über mich (hoffe ich zumindest) und berichtet von großartigen Erlebnissen, die wir zusammen hatten. Wir weinen und lachen und weinen und lachen und umarmen uns ein ums andere Mal.

Zwischendrin dröhnen aus riesigen Boxen immer wieder meine Lieblingssongs – von bestem deutschen Schlager bis zu Punkrock – und alle schmettern mit.

So langsam wird es Abend. Von Ausgelassenheit ist nun nicht mehr so viel zu spüren. Eine feierliche Stimmung macht sich breit. Ich setze zu meiner großen Abschiedsrede an: eine Hymne auf das Leben, das Wunder der Liebe, die Schönheit der Natur, großartige Freunde und ein Dank an alles, was mir Gutes widerfahren ist.

Kurz vor Mitternacht machen wir alle einen Kreis ums Lagerfeuer, halten uns an den Händen und singen zum Abschied das Gebet von Dietrich Bonhoeffer, das später so wunderbar vertont wurde, und bei dem ich immer Gänsehaut bekomme, wenn ich nicht direkt zu weinen beginne:

Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiß an jedem neuen Tag.

Wie fühlt es sich an, über seinen letzten Tag zu schreiben?

Ich bin aufgewühlt. Während des Schreibens haben mich unheimlich viele positive und traurige Gefühle überwältigt. Und bei den “guten Mächten” sind mir wieder einmal die Tränen herunter gekullert.

Die gute Sache: Ich lebe – und wie! Ich bin sowas von (neu-)gierig aufs Leben, wovon du dich jeden Samstag auf meiner Facebookseite überzeugen kannst, wenn ich wieder Neues ausprobiere. Ich habe die “eine große Sache” mit meiner Europatour schon erlebt und mein Leben sicher nicht verschleudert. Aber ich nehme auch gerne noch ein paar Jahrzehnte mit, wenn sie mir vergönnt sind.

Bis dahin halte ich es wie Sido und Ina Müller: Der Himmel soll warten. Auf das Leben!

Hast du dir auch schon mal Gedanken über deinen letzten Tag gemacht? Oder drückst du den Gedanken noch ganz weit weg? Ich bin sehr gespannt auf deinen Kommentar! Oder du nimmst gleich an der Blogparade teil.