Konsumstreik

Ich befinde mich im Konsumstreik. Seit ich von meiner halbjährigen Europatour zurück bin, kaufe ich nichts mehr, was ich nicht schon habe. Erst, wenn etwas kaputt ist und ich es zwingend benötige, wird nachgekauft.

Klingt irgendwie logisch, meinst du? Meine ich auch. Doch so ticken die wenigsten Menschen in den Wohlstandsgesellschaften. Mich früher inklusive.

Da muss ich nur einen Blick in meinen Kleiderschrank, andere Schränke in unserer Wohnung oder in den Keller werfen.

Früher waren wir Jäger und Sammler, um zu überleben. Heute sind wir Schnäppchenjäger und unnützes-Zeug-Sammler, um kurzzeitig eine Befriedigung beim Kauf eines neuen Produkts zu haben.

Meine lange Reise hat mir in Bezug auf diesen Wahnsinn die Augen geöffnet. Hat mir gezeigt, wie wenige Dinge mir zum Glücklichsein reichen.

Nämlich alles das, was in meinen VW Bus passt. Und selbst von diesen Dingen habe ich noch nicht einmal alle gebraucht.

Es gab nur einen einzigen Gegenstand, den ich vermisst habe: einen Backofen, für meine geliebten Schmorgerichte und Aufläufe. Aber selbst dafür gibt es inzwischen eine Camper-Lösung, wie ich erfahren habe.

Ich weiß, dass ich im Vergleich zu einem Backpacker geradezu im Überfluss gelebt habe. Aber viel wichtiger war mir der Vergleich mit meinem früheren Leben zuhause. Und die Erkenntnis: Ich will in Bezug auf den Konsum bewusster und kritischer durch die Welt gehen.

Zugleich ist es auch eine gute Übung auf dem Weg zur Selbstständigkeit. Durch das konsequente Notieren, Hinterfragen und Analysieren meiner Ausgaben bekomme ich so langsam eine Übersicht, wie viel ich wirklich zum Leben brauche.

Konsumstreik – meine Zwischenbilanz

Ich konsumiere natürlich weiterhin all das, was zum Leben zwingend nötig ist. In Bezug auf die Qualität von Essen und Trinken mache ich als überzeugter Slow-Food-Anhänger keine Kompromisse.

Zudem gebe ich gerne Geld dafür aus, nach den vielen Stunden im Home-Office mich mit Freunden in einem  Café oder einer Kneipe zu treffen. Wenn die Freunde in anderen Städten wohnen, kommen natürlich noch die Fahrtkosten dazu.

Aber Shopping habe ich komplett aus meinem Wortschatz gestrichen. Ich laufe durch die Straßen der Stadt und freue mich, dass die ganzen “Kauf-mich”-Schilder keinerlei Anziehung mehr auf mich haben.

Sollte sich doch einmal der frühere Reflex melden, reicht im Selbstgespräch ein kurzes “Brauche ich das wirklich?” Und die Antwort lautet jedesmal: “Nein.”

Ich profitiere persönlich von dem neuen Blick auf die Dinge. Wenn ich mir bewusst mache, dass ich einen langen Spaziergang in der Natur oder ein gutes Gespräch viel eher benötige als ein neues Hemd, wirkt das für mich befreiend.

Genauso befreiend, wie dem Weihnachts-Wahnsinn komplett aus dem Weg zu gehen und meine Einkäufe immer in der Früh zu machen, wenn noch kaum was los ist. Da laufe ich viel weniger Gefahr, mich von der Hetze der anderen anstecken zu lassen.

Apropos laufen: Es tut gar nicht weh, das Auto so oft es geht stehenzulassen und die 20 bis 25 Minuten zum Bahnhof oder in die Stadt zu Fuß zurückzulegen. Ganz im Gegenteil. Ich investiere ein wenig mehr Zeit, spare Geld und bewege mich an der frischen Luft. Eine win-win-win-Situation quasi.

Konsumverhalten – ein Grund zum Nachdenken

Wie ich mit großer Freude festgestellt habe, sind es inzwischen sehr viele Menschen, die beim “Wachstum ist alles”-Spiel nicht mehr mitspielen. Die in Worten und Taten zeigen, dass sie Konsum nicht als das Ziel all unseres Strebens betrachten.

Zudem finden sich im Netz jede Menge wunderbarer Blogs zum Thema bewusster Leben und Minimalismus. Ganz aktuell gibt es einen sehr lesenswerten Artikel zum Thema 8 Probleme, die ein einfaches Leben lösen kann. Gerne stöbere ich auch auf der Seite Malmini, die sich mit Minimalismus als Lebensstil beschäftigt.

Ich stelle mir immer wieder die Frage, warum ich mir dies oder jenes gekauft habe, obwohl ich es genau so oder in ähnlicher Form schon hatte. Wohin führt uns der innere Zwang zur ständigen Optimierung von Funktion und Stil?

Heizen wir den unnötigen Konsum nicht dadurch an, dass wir andere für ihre “schöne neue Jacke” oder den “tollen neuen Pulli” loben? Weil wir damit signalisieren, dass für das nächste Lob wieder das nächste neue Stück her muss?

Wäre uns nicht allen mehr geholfen, wenn wir die Komplimente für das Lächeln des anderen, einen mutigen Schritt oder als Dank für ein gutes Gespräch verteilen?

Das Fazit

Ich will hier nicht als Missionar auftreten. Jeder muss in Bezug auf den Konsum für sich selbst wissen, was gut und schlecht, was zu viel und zu wenig ist.

Ich plädiere auch nicht dafür, wie manche extremen Minimalisten, mit nur 100 Dingen klarzukommen. Ich denke, bei dem Versuch würde ich kläglich scheitern.

Aber ich denke, dass es uns allen gut tut, manchmal innezuhalten. Uns bewusst zu machen, was wir mit unserem Konsumzwang anrichten und welchen Götzen wir da anbeten.

Wenn ich mir nicht die ganze Zeit Gedanken um neue Besitztümer machen muss, bleibt mir sehr viel Zeit für die wirklich wichtigen Dinge.

Jeder Euro, den ich nicht in materiellen Überfluss investiere, hilft mir auf dem Weg in ein selbstbestimmtes Leben.

Deshalb bleibe ich im Konsumstreik. Shoppen dürfen die anderen.

Wie ist es mit dir? Streikst du mit? Oder sind für dich die Verlockungen einer ausgiebigen Einkaufstour zu groß? Wie wichtig ist dir Konsum? Ich freue mich auf deinen Kommentar!

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