Ich kann es drehen und wenden, wie ich will: Ich bin auf der Heimreise. Den westlichsten Punkt meiner Tour habe ich hinter mir, jetzt nähere ich mich mit jedem Kilometer dem Allgäu.

Ist ein bisschen wie früher bei einem dreiwöchigen Urlaub, wenn am 11. Tag unwiderruflich feststeht: Jetzt geht’s bergab mit der freien Zeit und wieder steil Richtung Büroalltag.

Hab ich ein Glück. Denn mein neues Leben bedeutet: Mein Büro fährt mit. Und ich habe für die Heimreise mehr Zeit als früher für den gesamten Jahresurlaub zusammengerechnet. Nämlich 7 Wochen.

Die Ausgangssituation: Seit Ende Januar bin ich wieder allein im Bus. Dafür habe ich im vergangenen Monat unglaublich viele liebe Menschen kennenlernen dürfen, von denen mir einige sehr schnell ans Herz gewachsen sind.

Hier kommen meine Erkenntnisse im Monat 3 der Mutmachertour. Viel Spaß damit! Und falls du dich in der einen oder andere Sache selbst erkennst, schreib mir gerne was dazu in die Kommentare.

Wenn du lieber Bilder siehst, dann scroll gleich ans Ende des Artikels. Da gibt es wieder schonungslose Einblicke ins Busleben – und wunderschöne Ausblicke.

#1 Scheitern gehört mit zum Business

Weißt du, was sich richtig Scheiße anfühlt? Wenn du im Dezember beschließt, dich voll auf dein Herzensprojekt und Mutmacher-Business zu konzentrieren und du im Januar gleich mal ein Seminar mangels genügend Teilnehmern absagen darfst.

Der Verstand so: “Hab ich dir doch gleich gesagt, dass es nicht gut geht. Aber du Spinner musst ja immer auf Risiko spielen.” Das Herz so: “Mal ganz ruhig, mein Junge. Das wird sich schon alles so entwickeln, wie es soll.”

Also es war ja nicht so, dass sich zu wenige Menschen für das Mutmacher-Camp im März auf Mallorca angemeldet hätten. Es haben nur zu viele wieder storniert.

Das hat ganz schön weh getan, als Patrick und ich uns das Scheitern eingestehen mussten und super schweren Herzens die ganze Kiste abgesagt haben.

Nein, absolut kein Ego-Streichler, die Nummer. Trotzdem unausweichlich. Denn wenn ich eines in den vergangenen drei Jahren meiner Selbstständigkeit gelernt und verinnerlicht habe, dann das: Reite niemals ein totes Pferd.

Lustigerweise bin ich – bei allem Schmerz – über solche Momente froh. Denn wer nicht bereit ist zu scheitern, darf sich nicht selbstständig machen. Und Lerneffekte gibt’s noch jede Menge gratis on top.

Jetzt freue ich mich auf das ausverkaufte Camp an der Ostsee im Mai und bin fest entschlossen, auch die Mutmacher-Camps in der Toskana wie im Vorjahr komplett zu füllen.

# 2 Ja, ich habe Zeit!

Zeit ist unser wertvollstes Gut. Millionen Sprüche davon kleistern die Facebook-Timelines voll. Doch wer ändert mal wirklich etwas an seinem Verhalten, anstatt nur ein Like dazulassen und im ewigen “Ich habe keine Zeit”-Gerenne weiterzumachen?

Mir ist im vergangenen Monat noch klarer geworden:

Es geht im Leben um nichts anderes, als Zeit mit lieben Menschen zu verbringen.

Punkt. So einfach. Stand schon in meinem Notizbuch als Erkenntnis des Jahres 2017. Und wird im Nachhinein DIE zentrale Aussage der kompletten Mutmachertour sein.

Zeit für einen Spaziergang, Zeit für ein Gespräch, Zeit für Musizieren, Zeit für die gemeinsame After-Work-Party vor den Womos, Zeit für ein spontanes Mittagessen in der Dorfkneipe mit neuen Bekannten …:

Ja, ich habe Zeit!

Wenn nicht ein unverrückbarer und schon länger fest gelegter Termin entgegen steht, dann kann und darf es nichts geben, was mich vom Wertvollsten abhält: Begegnungen mit anderen Menschen.

Jeder Moment, den ich verstreichen lasse, ist unwiderruflich vorbei und verloren. Wenn nicht jetzt, wann dann?

# 3 Loslassen schmerzt und tut so gut

In den vergangenen 3 Monaten habe ich mich schon von unglaublich vielen wunderbaren Menschen verabschiedet. Immer hat es weh getan, mal ein bisschen mehr, mal ein bisschen weniger.

Darüber zu hadern, wäre ganz schön doof. Schließlich habe ich mir ja das Nomadenleben ausgesucht, zu dem die häufigen Abschiede automatisch dazugehören.

Was nicht heißt, dass ich mich deshalb von meinen Gefühlen abschneide und mir einrede: “Du darfst jetzt nicht traurig sein. hast es dir ja selbst ausgesucht.”

Nein, ich nehme alles an, was sich dabei zeigen will. Und wenn ich wie am Flughafen Faro eine halbe Stunde lang mit verheultem Gesicht herumrenne, weil meine Frau gerade nach Hause fliegt und ich gar keine Lust mehr habe, allein in den Bus zu steigen, dann ist das auch okay.

Wobei: Das ist nicht nur okay. Ich freue mich bei allem Schmerz in dem Moment drüber, dass ich Gefühle überhaupt wieder so tief wahrnehmen kann, nachdem ich mich früher so lange von ihnen abgeschnitten hatte.

Außerdem ist es immer wieder gut, sich vor Augen zu halten:

Von allem, was wir haben, von allen, die wir lieben, werden wir einmal Abschied nehmen müssen.

Nichts hat ewigen Bestand. Also dürfen wir ständig das Abschiednehmen üben.

Nur wer sich verabschiedet, kann sich auf ein Wiedersehen freuen. Loslassen statt klammern heißt die Devise. Die gemeinsame Zeit intensiv miteinander erleben und genießen, dann wieder Raum für neue Begegnungen schaffen.

Interessanter Nebenaspekt: Nach jedem Abschied feiere ich ein Wiedersehen mit mir selbst. Die Zeit mit mir allein ist auf ihre Art intensiv, reflektierend, anders. Würde ich mich die ganze Zeit an andere ketten, gingen diese wertvollen Erfahrungen verloren.

# 4 Unterschätze niemals die Heilkraft von Musik

Mein neuer Traumjob: Lagerfeuersänger. Beim Treffen der Facebook-Gruppe “Leben im Wohnmobil” hat mich der liebe Dirk aus Flensburg zum spontanen Jammen eingeladen: er mit seiner Gitarre, die er extrem gut beherrscht. Ich mit meiner Ukulele, der ich ab und an Laute entlocke, die andere Menschen einem bekannten Song zuordnen können.

Worauf Dirk mich kurzerhand zum Sänger unserer Combo erklärte und wir später zusammen mit dem zweiten Gitarristen Stefan und unserem Drummer Peter in der großen Runde vor ca. 40 lieben Menschen aufspielten.

Unbeschreiblich, wie ich einmal mehr gemerkt habe:

Musik öffnet mein Herz ganz weit. Gemeinsames Musizieren noch viel mehr.

Dass ich so richtig die Rampensau geben durfte, krönte den Abend.

Klarer Auftrag an mich selbst: Musik noch stärker in mein Leben einbauen. Ist ja kein Zufall, dass ich mich auf all meinen Zielbildern/Visionen mit lieben Gästen singend und musizierend am Lagerfeuer sehe. Und dass solche Momente wichtiger Bestandteil der Mutmacher-Camps sind.

Also: Der Lagerfeuersänger kann ab jetzt gebucht werden.

# 5 Wer nicht investiert, zahlt später die Zeche

Als ich Sabine und Micha (Herman unterwegs) auf dem Campingplatz Trindade in Lagos besucht habe, wo sie vor 6 Wochen mit ihrem 46 Jahre alten Allrad-Reisemobil liegengeblieben sind, der Schock: der Platz in einem desolaten Zustand, Sanitärräume, bei denen man freiwillig auf die Körperpflege verzichtet, alles am Vergammeln. Ein kleiner Schrottplatz mittendrin und einige sehr spannende Lebensformen.

Wohl gemerkt: an einer zentralen Stelle einer der touristischen Hauptorte Portugals, 5 Minuten von einigen der schönsten Strände der Algarve entfernt, fußläufig zur Stadt – gemeinhin das, was man eine Goldquelle nennt, auf dem du fast jeden Preis verlangen kannst.

Aber nicht, wenn der Platz seit 30 Jahren keinen Farbeimer, Monteur und gefühlt auch keine Putzfrau mehr gesehen hat. Und so massiv gemieden wird, dass die Betreiber in einem Zelt auf dem Platz hausen müssen.

In den Tagen ist mir klar geworden: Wer nicht investiert, der zahlt später die Zeche. Ganz egal, ob im Business oder in seiner eigenen Entwicklung.

Wie du es drehst oder wendest: Wer im Leben nicht das tut, was unerlässlich ist, wird später dabei zusehen, wie alles den Bach runtergeht.

Dabei geht es jetzt nicht um die Frage, ob du für deine eigene Entwicklung teure Kurse oder Seminare buchst. Das geht schon im Kleinen los: Wie oft machst du die Dinge nicht, von denen du weißt, wie gut sie dir täten?

  • Die 5 Minuten Rückenübungen jeden Morgen.
  • Das Treffen mit Freunden.
  • Die kleine Laufrunde.
  • Das Kochen, statt Fertigfraß in dich reinstopfen.
  • Ruhige Zeit für dich statt Fernseher und ewigem Social Media Gedaddel.
  • Der Yogakurs, der Chorabend, das gute Buch ….

Nichts davon tut dir heute weh, wenn du es unterlässt. Doch wenn du diese kleinen Investitionen in dich dauerhaft verweigerst wegen der schlechtesten Ausrede der Welt (“keine Zeit”), dann bekommst du früher oder später die Quittung. Denn dann wirst du auch zu keinen größeren Veränderungen mehr fähig sein, weil du dich mit dem immer unschöneren Zustand arrangiert hast.

# 6 Sonne und Meer machen süchtig

Jetzt steht’s hier schwarz auf weiß: Ich kann mir nicht mehr vorstellen, einen Winter komplett und freiwillig in Deutschland zu verbringen.

Die Erfahrungen, die ich hier mit mir, anderen Menschen und der Natur gemacht habe, sind so wegweisend und klar, dass ich selbst manchmal erschrecke. Doch ich wäre nicht da, wo ich heute bin, wenn ich nicht seit 5 Jahren sehr klar und radikal meinen Weg gehen würde.

Und da darf ich feststellen: Für jemanden wie mich, der so gut wie immer den Winterblues hatte und dessen drei schwere depressive Episoden immer im Spätherbst losgingen, ist ein Winter im Süden wie eine Erlösung.

So viel Licht, so lange Tage, so viel Wärme (auch wenn es oft genug arschkalt war, doch im Vergleich zu Deutschland immer noch paradiesisch), so viel ansteckende Lebensfreude der Menschen, so viel gutes, frisches und günstiges Gemüse, so viel Meer: Ich möchte das nicht mehr missen.

Ganz zu schweigen von der Community der Menschen, die in ihrem Reisemobil leben und arbeiten. So viele wunderbare Begegnungen, intensive Gespräche, Spaß, Party, Spaziergänge, Kochen und Essen – das füllt mein Herz mit großer Freude.

Wie die künftigen Winter im Süden aussehen werden, weiß ich noch nicht: ob im Reisemobil, Langzeitmiete einer Wohnung/eines Hauses/einer Finca, eine Kombination aus beidem oder was auch immer: Die Zeit bis zum eigenen Seminarhaus will ja noch überbrückt werden (wobei ich inzwischen auch festgestellt habe, dass es auch für “eigene” Häuser viele Formen der Verwirklichung gibt, ohne Eigentümer sein zu müssen).

Ich bastle einfach weiter fleißig an meinem Traum. Das Leben lässt mir auch gar keine andere Wahl, will ich nicht in alte Fahrwasser zurückrutschen …