Heute verrate ich dir das Geheimrezept gegen die Angst und wie du Panikattacken für immer Lebewohl sagst.

Super Einstieg, oder? Den hebe ich mir für mein Buch auf, dann wird das ein Bestseller.

Viele Selbsthilfebücher zum Thema Angststörung/Panikattacken argumentieren in der Tat so. Und die verzweifelten Menschen kaufen die Ratgeber genau deshalb. Sie signalisieren eine vergleichsweise einfache Lösung. Ich habe auch so viele davon verschlungen, weil ich eine einfach Lösung wollte. Am Ende blieb alles beim Alten.

Denn vor was haben wir noch mehr Angst als vor Panikattacken? Richtige Antwort: In uns hineinzuhorchen, ehrlich zu uns zu sein, an uns zu arbeiten (evtl. mit therapeutischer Hilfe) und dann nötige Veränderungen einzuläuten. Dafür war ich das perfekte Beispiel.

Ein Schritt nach vorne und drei zurück

20 Jahre lang habe ich konsequent den Blick nach innen verweigert. Selbst beim Therapeuten wollte ich mich nicht so öffnen, wie es nötig gewesen wäre (und wie ich es später in der Klinik getan habe). Stattdessen war ich Weltmeister im Verdrängen, ein super Schauspieler und habe gerne meine Probleme im Suff ertränkt.

In guten Phasen dachte ich, die Wende geschafft zu haben. Bis ich festgestellt habe, dass es wieder einmal ein Schritt nach vorne und drei Schritte zurück waren. Weil ich nicht ehrlich genug zu mir war und der Leidensdruck scheinbar immer noch nicht groß genug.

Der Leidensdruck bei meinen Lesern, die mich per Mail um Hilfe bitten, ist oft hoch. Manche wollen von mir DEN Tipp bekommen, wie sie im Umgang mit der Angst endlich vorankommen. Dann tue ich etwas, was ich äußerst ungern tue: Ich enttäusche meine Leser.

Ich habe diesen Tipp nämlich nicht auf Lager. Meine Geschichte ist viel zu individuell, als dass sie als Blaupause für die Heilung von jemand anderem dienen könnte.

Manchmal gehen solche Mail-Konversationen ein paar Mal hin und her (“ich habe mich glaub ich missverständlich ausgedrückt” – “nein ich”), bis wir an dem zentralen Punkt landen. Nämlich dem (Fanfare!):

Geheimrezept gegen die Angst

Weil das so geheim ist, beginnt hier der kostenpflichtige Teil dieses Artikels (kleiner Scherz am Rande und Seitenhieb auf die Internettaktik meines Ex-Arbeitgebers). Letztlich geht es um einen zentralen Punkt:

Die Wahrheit liegt in dir! Bist du bereit, sie anzuschauen und anzunehmen?

So, jetzt kannst du die Kinnlade wieder hochklappen, die dir vor Enttäuschung runtergefallen war. Das war alles? Was sollst du jetzt damit anfangen?

Kurz formuliert: Hör auf zu glauben, dass irgendwelche äußeren Einflüsse deinen Umgang mit der Angst ändern und deine Probleme lösen können.

Ein Buch, ein Blog, ein Seminar, ein Therapeut können dich nur unterstützen. DU musst bereit sein, dein Thema/deine Themen offen anzuschauen.

Also hör auf, deine Geschichte zu erzählen, an was es alles liegt, dass du so viel Angst hast (und mit der du dich vielleicht schon ganz gut eingerichtet hast). Sondern mach dir endlich klar (gerne mit professioneller Hilfe), in welchen Bereichen du ein Leben gegen deine innersten Bedürfnisse führst. Was dich fesselt, blockiert, an Ketten legt, dir die Luft zum Atmen nimmt.

Je schonungsloser du dabei bist, umso besser. Dann kommt nämlich all das ans Tageslicht, was du sonst so gekonnt verdrängst oder vor was du davon läufst. Ja, ich weiß, für alles gibt es super Gründe. Ich höre sie dich gerade aufzählen. Habe ich selbst auch immer gemacht und mir dadurch super Ausreden für das nötige Einläuten von Veränderungen verschafft.

Es geht auch gar nicht um eine sofortige Lösung. Sondern darum, dass du dir überhaupt einmal diese Themen ehrlich eingestehst und sie nicht mit exzessivem Fernsehschauen, Facebook-scrollen, WhatsAppen, sonstigem blinden Aktionismus – oder im schlechtesten Fall mit Saufen oder Drogen – abzutöten versuchst.

Geht es ums Abhauen oder die Angst vor kleinen Dingen?

Kommen wir zurück zu den Lesermails: Weil die Themen bei jedem Menschen ganz anders gelagert sind, wäre es ziemlich sinnbefreit, wenn ich jetzt allen Angstpatienten im deutschsprachigen Raum raten würde: Kündigt euren Job, macht eine große Reise und euch hinterher selbstständig.

Manchmal bekomme ich nämlich den unterschwelligen Vorwurf: Du tust dir leicht ohne Kinder. Kannst einfach so abhauen und dein Ding machen. Wenn ich dann zurückfrage: “Geht es eigentlich ums Abhauen?”, kommt meist heraus: Nein, es sind andere belastende Dinge, oft eher im Kleinen, im Alltag, im Umgang mit anderen Menschen oder in Beziehungen, die Menschen in ein inneres Gefängnis einsperren und ängstlich gemacht haben. Und es geht nicht um die Frage, mal schnell für drei Wochen nach Spanien zu reisen.

Ich bin aus eigener Erfahrung fest davon überzeugt, dass die Art unserer Lebensführung viel mehr mit einer Angsterkrankung zu tun hat als der Umgang mit der angstauslösenden Situation selbst. Deshalb gibt es auf diesem Blog so selten bis nie die ultimativen Tipps, wie du die Angst loswirst. Stattdessen biete ich dir hier ein breites Sammelsurium an Lebensthemen, die für mich entscheidenden Einfluss darauf haben, wie sehr Ängste unser Leben bestimmen.

Kein Mensch kommt in eine Klinik, weil er Angst vorm Aufzugfahren, Autofahren, öffentlichen Auftritten, der Höhe, bevölkerten Plätzen, Supermärkten, Spinnen, mit dem Flugzeug fliegen, Sex oder was auch immer hat (auch wenn das ein Teil der Geschichte und der Krankenakte ist).

Sondern, weil er:

  • sich dauernd ausnutzen lässt (Helfersyndrom)
  • eine leidvolle Beziehung führt
  • sich nie seine Meinung zu vertreten traut
  • durch und durch Perfektionist ist
  • sich beschissen ernährt (Fast Food, Fertigprodukte, Zucker, Koffein, Alkohol …)
  • sich zu wenig bewegt
  • sich noch nie mit aktiver Entspannung beschäftigt hat
  • zu viel Selbsthass mit sich herumträgt
  • nie stolz auf sich sein kann
  • familiäre Probleme mit sich rumschleppt, die ihn aufzufressen drohen
  • eine riesige Wut in sich aufgestaut hat
  • völlig überarbeitet ist
  • abends viel zu viel Fernsehen schaut und im Internet surft und deshalb nachts nicht schlafen kann
  • eine riesengroße Erwartungshaltung hat
  • nicht dankbar für das tägliche Geschenk des Lebens sein kann

Wie also soll ich für all diese Themen ein Geheimrezept gegen die Angst parat haben? Das wäre wie ein Medikament, das gleichzeitig gegen Husten, Bluthochdruck, Hautausschlag und Kieferschmerzen hilft.

Deshalb bleibe ich dabei: Erst wenn du dabei bist, dir deine eigene Wahrheit anzuschauen, kannst du beim Thema Angst vorankommen. Vielleicht lösen sich durch nötige Veränderungen gewisse Ängste sogar auf, ohne dass du sie “bekämpft” hast. Oder du bekommst einfach einen besseren Zugang zu dir, deinem Körper und deinen Bedürfnissen und traust dich deshalb viel öfter, dich angstauslösenden Situationen zu stellen. Bei mir ist es eine Mischung aus beidem.

Das Fazit

Der Blog heißt ganz bewusst Adios Angst – Bonjour Leben. Denn für mich ist der Weg aus der Angst heraus zu 100 Prozent damit verbunden, dass wir uns mit unserem Leben beschäftigen. Und nicht nur, indem wir eine Mutprobe/Konfrontation nach der anderen bestehen/überstehen.

Bei mir war das kein Selbstläufer und ist es auch immer noch nicht. Es gibt genug beschissene Tage. Aber ich weiß jetzt, dass es an meinem Leben liegt und nicht an der Angst.

So einfach ist das Rezept. Mir schmeckt’s.

P.S.: Der Artikel bezieht sich auf einen Querschnitt aus ganz vielen Mails und nicht auf einen Einzelfall. Niemand muss sich also “geoutet” fühlen. Und ich freue mich auf viele weitere Mails, lese alle und antworte garantiert.

Wie war dein Weg aus der Angst? Was hat dir den Durchbruch verschafft? Und falls du noch mit der Angst zu kämpfen hast: Wo liegt dein größtes Problem dabei? Ist das, was ich hier schreibe, für dich nachvollziehbar? Ich freue mich auf deinen Kommentar!

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