Wie findest du am besten zur Entspannung? Beim Lesen, Schlafen, Musik hören, Kochen, in der Sauna, beim Sport? Alles prima und wichtig, da es die Zufriedenheit und Ausgeglichenheit steigert und den Energiehaushalt stabilisiert.

Nennen wir es einfach mal das “ablenkende Entspannen”. Du lässt Arbeit, Sorgen und Probleme des Alltags eine Weile hinter dir, weil du dich einer anderen Sache widmest.

Aktive Entspannung als Königsdisziplin

Nach meiner Erfahrung braucht es noch mehr, um langfristig eine entspanntere Lebenshaltung zu bekommen, weniger Ängste mit sich herumzuschleppen und dem eigenen Geist (und damit automatisch auch dem Körper) etwas Gutes zu tun: die aktive Entspannung.

Darunter fallen alle Entspannungsmethoden, bei denen du bewusst deinen Geist nach innen lenkst, Abstand nach außen bekommst und lernst, deinen Körper ganz in Ruhe wahrzunehmen. Für mich ist das die Königsdisziplin.

Warum? Weil du, wenn du eine der Methoden, die ich hier vorstelle, zu einer Gewohnheit machst, gezielt auf deinen Organismus einwirkst. Du profitierst, wenn du geduldig übst, auf Dauer unglaublich davon, da du dein Gehirn quasi auf die Methode programmierst. Irgendwann geht sie so auf dich über, dass du nur beim Gedanken daran schon entspannt bist, ohne sie überhaupt noch anwenden zu müssen.

Kein Eso-Zeug, sogar die Wissenschaft jubelt

Klingt spooky? Keine Angst, ist kein Eso-Zeug, das ich mir ausgedacht habe. Die Wirksamkeit solcher Entspannungs- bzw. Achtsamkeitsmethoden ist sogar wissenschaftlich erwiesen (für alle, die so etwas zur Bestätigung brauchen – mir reicht es schon, wenn’s funktioniert).

Beispiel gefällig? Im Yoga liegen wir in der Schlussentspannung immer auf dem Rücken und gehen auf Anweisung des Yogalehrers im Geist unseren gesamten Körper von den Füßen bis hoch zum Kopf durch. Das hat sich bei mir so eingeprägt, dass ich fast wie auf Knopfdruck wieder einschlafen kann, wenn ich mal nachts aufwache. Ich fange beim linken kleinen Zeh an und komm normalerweise nicht mal bis zum Schienbein. Sollte es mal bis zum linken Oberschenkel dauern, muss es sich schon um eine verdammt unruhige Nacht handeln.

Oder ich verwende die tiefe Bauchatmung, um meinen Geist zu beruhigen. In früheren Zeiten habe ich sogar nächtliche Panikattacken mit Hilfe der Progressiven Muskelentspannung entschärfen können (auch wenn das manchmal ganz schön lang gedauert hat, so sehr, wie ich am zappeln war).

Was dir das bringt?

Ganz einfach: Stell dir doch irgendeine Situation vor, in der du regelmäßig gestresst bist, leicht aus der Haut fährst, oder vor der du Angst hast und ihr möglicherweise dadurch sogar ausweichst. Mit den hier vorgestellten Methoden bekommst du eine Möglichkeit an die Hand, in Zukunft auf Knopfdruck zu entspannen.

Entspannung ist ein entscheidender Eckpfeiler auf dem Weg zur psychischen Gesundheit. Ich gehe sogar soweit zu behaupten: Entspannung ist alles! Wer komplett entspannt ist, kann nicht Angst haben oder depressiv sein.

Klingt zu schön, um wahr zu sein, gell? Ist es auch, denn es gibt da einen klitzekleinen Haken: dich oder besser gesagt das Haustier, das du gerne als inneren Schweinehund, Nervbär, Sackgesicht oder wie auch immer bezeichnest.

Sprich, du brauchst dafür tägliche Routine, Geduld mit dir und einen längeren Atem. Mal kurz dreimal meditieren oder fünfmal autogenes Training reicht definitiv nicht. Oder kennst du einen Fußballprofi, der direkt aus der F-Jugend in die Bundesliga gewechselt ist?

Wenn du jetzt denkst: “Danke für den Hinweis, ich bleibe zum Entspannen bei Fußball, Bier und Zigaretten”, dann macht der weitere Artikel für dich keinen Sinn.

Für alle anderen stelle ich hier mal die bekanntesten und beliebtesten Methoden der aktiven Entspannung vor, die ich alle schon ausprobiert habe. Deshalb habe ich einige Insider-Tipps auf Lager, die dir die Auswahl erleichtern können. Am besten ist sowieso, alle mal selbst zu testen.

#1 Meditation

Das Wichtigste zuerst: Leg die Ehrfurcht vor dem Thema Meditation ab. Niemand zwingt dich, stundenlang in einem kleinen Raum mit Dutzenden Menschen Seite an Seite im Lotussitz zu schweigen. Wenn du aber mal Gefallen daran gefunden hast, wirst du dich vielleicht in ein, zwei Jahren genau in so einer Situation wiederfinden.

Meditation heißt letztlich nichts anderes, als deinen Geist zu beruhigen, nach innen zu lenken und dich auf deinen Atem zu konzentrieren. Idealerweise meditierst du im Sitzen mit aufrechtem Oberkörper. Aber du kannst dir genauso gut eine geführte Meditation auf die Ohren geben, dich hinlegen und sie auf dich wirken lassen. Mach es dir zum Einstieg so einfach wie möglich, steigern kannst du dich immer.

Ich habe vor 3 Jahren auf einen guten Tipp hin mit Jack Kornfield angefangen, dessen Werk Meditation für Anfänger (Buch zur Beschreibung samt CD mit 6 geführten Meditationen) völlig zu Recht seit ewiger Zeit auf Nummer 1 der Bestseller-Listen in dem Bereich steht. Ganz einfach, sachlich und unaufgeregt wird das Thema erklärt und geht zugleich ein wenig in die Tiefe. Ich finde die Stimme extrem beruhigend und wohltuend. Ein top Tipp zum Reinschnuppern.

Absolut empfehlenswert zum Einstieg, da sehr einfühlsam geschrieben, ist auch das Buch von Pema Chodrön: Meditieren – Freundschaft schließen mit sich selbst.

Und noch ein dritter Tipp: Tara Brach: Einführung in die Meditation. Sie hat auch eine interessante Webseite mit kostenlosen Podcasts, Talks und angeleiteten Meditationen.

#2 Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion (MBSR)

Ein Methode, die quasi eine Weiterentwicklung der traditionellen Achtsamkeitsmeditation ist (minus Spiritualität/Religion) und schon seit Längerem ein Klassiker in psychosomatischen Kliniken. Der Molekularbiologe Jon Kabat-Zinn hat MBSR (Mindfulness-Based Stress Reduction) in den 1970er Jahren entwickelt. Dabei geht es darum, Achtsamkeit systematisch ins Leben zu integrieren, indem die Aufmerksamkeit im gegenwärtigen Moment gehalten wird.

Durch die Verbindung mit dem Atem, der Betrachtung von Körperwahrnehmungen, Gedanken und Emotionen ermöglichen es die Übungen, einen Abstand zu äußeren und inneren Stressfaktoren zu entwickeln. Die Methode ist seit langer Zeit wissenschaftlich begleitet und die Wirksamkeit wurde weltweit nachgewiesen.

Inzwischen gibt es so gut wie überall MBSR-Kurse und Lehrer. Einfach mal googeln, es lohnt sich.

Wer lieber mal zu Hause in Ruhe reinschnuppern will, sollte sich eines der Werke von Jon Kabat-Zinn zur Hand nehmen.
Besonders empfehlenswert sind (jeweils Buch mit CDs):
Der achtsame Weg durch die Depression
Die heilende Kraft der Achtsamkeit
Stressbewältigung durch die Praxis der Achtsamkeit

#3 Autogenes Training

Autogenes Training beruht auf Autosuggestion und funktioniert für mich, wie oben beschrieben, wunderbar, sehr schnell und effektiv. Der Berliner Psychiater Johannes Heinrich Schultz hat sie vor rund 90 Jahren aus der Hypnose weiterentwickelt. Genau wie bei MBSR wurde die Wirksamkeit in vielen Studien nachgewiesen.

Die  Autosuggestion läuft so: Durch das stetige Wiederholen der Entspannungsformeln stellt sich im Geist des Übenden irgendwann die gewünschte Wirkung ein. Es geht darum, sich nacheinander auf bestimmte Regionen des Körpers zu konzentrieren, um dort ein Gefühl von Ruhe, Schwere und Wärme zu erzeugen. Positive Wirkungen: Die Muskelspannung lässt nach, Atem- und Herzfrequenz werden ruhiger und stetiger.

Wer sich mal an das Thema rantasten will – einfach hinlegen und wirken lassen – kann sich dieses Video anhören (du kannst es auch anschauen, aber entspannt hören funktioniert besser):

#4 Phantasiereisen

Im Gegensatz zum Autogenen Training bedienen sich Phantasiereisen der Vorstellungskraft des Entspannungssuchenden. Du wirst zum Beispiel, begleitet von Musik, an einen wunderschönen Strand geführt, durch eine Sommerwiese, einen duftenden Wald und wo es sonst noch traumhaft ist.

Du darfst dir bei diesen Phantasiereisen durch angstfreie Umgebungen aktiv vorstellen, wie alles riecht, darfst im Geist tasten, schmecken und spüren. Durch die dabei entstehenden positiven Gefühle kommst du in eine tiefe Entspannung.

Bei mir ehrlich gesagt so tief, dass ich meist schon nach wenigen Metern in einer solchen Traumumgebung sanft wegschlummere. Ist nicht schlimm, dass Unterbewusstsein speichert den positiven Zustand ab.

Ich stehe ja total auf die Youtube-Phantasiereisen von Mojo Di, weil sie für mich eine engelsgleiche Stimme hat (oben links beim Video kommst du auf die Playlist der verschiedenen Reisen). Ist natürlich Geschmacksache. Wenn dich eine Stimme nervt, dann such dir eine andere, die dich wirklich beruhigt.

https://www.youtube.com/watch?v=0ddD7MthwfY&index=14&list=PL3umatoJuZ2eX-5Ei2eSUB7V5BPdebuC4

#5 Trance

Mein neuester Entspannungs-Hit. Beim NLP-Seminar, das ich besucht habe, wurde viel mit leichter Trance gearbeitet, um die Themen besser zu vermitteln und zum Beispiel Phobien aufzulösen und Ängste zu beseitigen. Ich war immer wieder erstaunt, was für eine unfassbar effektive Methode das ist.

Und ich gebe zu, dass ich die Stimme unsere Trainers Marc überragend beruhigend finde und inzwischen fast alle CDs von ihm rauf und runter höre. Mein absoluter Liebling ist: Entspannt begeistert werden: Die Meditation für mehr Lebensfreude.

Einfach hinlegen, wirken lassen, gerne dabei einschlafen – und manchmal mit einem fetten Grinsen wieder aufwachen. Für mich inzwischen die mit Abstand beste Art, mein Unterbewusstsein mit wunderbaren Botschaften zu füttern. Ohne jede Anstrengung. Ein Traum.

#6 Progressive Muskelentspannung

Dazu muss ich wahrscheinlich nicht viel schreiben. Die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson ist ein Klassiker, super leicht zu machen, ideal für alle Entspannungs-Einsteiger.

Durch das abwechselnde heftige Anspannen und danach schnelle Entspannen der verschiedenen Muskelgruppen findet der Körper nach und nach zur Ruhe. Der große Vorteil gegenüber Autogenem Training ist, dass du aktiv am Prozess beteiligt bist. Das heißt, deine Gedanken können gar nicht kreisen, sondern werden dauernd auf das An- und Entspannen gerichtet.

Sehr befreiend, extrem effektiv und vor allem bei Angstpatienten eine super Methode. Wie oben schon geschrieben, habe ich früher damit selbst bei schweren Panikattacken wieder zu meinem Körper und in die Ruhe zurück gefunden. Zwar nicht so schnell, wie ich es heute könnte, aber immerhin war es ein super Helfer in der Not.

Auch hier gilt: Übung macht den Meister.

Früher habe ich immer mit dieser CD von Arnd Stein gearbeitet: Progressive Muskelentspannung nach Jacobson, inzwischen geht das bei mir auch ohne Ton und Musik.

Im Internet finden sich auch jede Menge kostenlose Übungen. Einfach ausprobieren, welche Stimme zu dir passt. Bei mir funktionieren tiefe, männliche Stimmen mit wenig Akzent gut, weibliche Stimmen mit schwäbischem Dialekt dagegen gar nicht. Jeder Jeck ist eben anders.

#7 Yoga

Wie das Thema Yoga hier reinpasst? Yoga ist doch Bewegen und Schwitzen und Action. Oder nicht?

Ja, das ist ein Teil davon oder kann ein Teil davon sein, je nachdem, für welchen Yogastil du dich entscheidest (hier gibt es eine tolle Übersicht), wo und wie du übst.

Wenn ich von Yoga rede, dann geht es nicht um den Leistungssport gestresster Münchner Business-Ladys, die alles als Wettbewerb sehen und nach ihrem Power-Yoga zwar ausgepowert, aber noch genauso unentspannt wie zuvor sind.

Für mich ist Yoga eine Geisteshaltung und gehört deshalb in diese Übersicht. Der körperliche (und durchaus anstrengende) Teil vermischt mit den meditativen Elementen der inneren Einkehr, der tiefen Bauchatmung und (je nach Studio) das Singen der Mantras ergeben für mich die perfekte Mischung.

Der Körper erschöpft, der Geist gereinigt: Das Gefühl danach ist unbeschreiblich. Ich kann es nur immer und immer wieder empfehlen.

Hatha-Yoga ist ideal für Einsteiger, damit kannst du nichts falsch machen. Ich habe inzwischen Yin-Yoga lieben gelernt, bei dem die einzelnen Übungen 3 bis 5 Minuten lang gehalten werden – ganz sanft und extrem entspannend. Ich komme da teilweise sogar in eine leichte Trance.

Zum Ausprobieren findest du inzwischen überall Angebote – selbst auf dem Land. In der Regel gibt es überall vergünstigte Schnupperstunden, sodass du das Ganze unverbindlich auf dich wirken lassen kannst.

Oder du buchst ein Einsteiger-Wochenende oder eine Ferienwoche bei Yoga Vidya, so etwas wie der Marktführer in Deutschland. Ich war dort vergangenes Jahr für 5 Tage im Ashram und habe die Zeit dort sehr genossen. Auf der Webseite von Yoga Vidya findest du außerdem einen Podcast und viele weitere kostenlose Tipps.

Ach, und falls du Yoga lieber anschaust, als selbst zu machen und dabei gerne hübsche Männer betrachtest: Ich kenne einige Frauen, die auf die DVD Yoga mit Ralf Bauer stehen. Wie gesagt, jeder muss seinen eigenen Weg finden …

Jetzt bin ich auf deine Erfahrungen gespannt: Was hast du schon ausprobiert? Was funktioniert bei dir, mit welcher Entspannungsmethode kannst du gar nichts anfangen? Ich freue mich auf deinen Kommentar!