Verdammte Axt, was mach ich hier denn hier gerade? Es ist 4 Uhr morgens.

Anstatt sanft ins Pfingstwochenende hineinzuschlummern, sitze ich am Rechner. Weil genau jetzt etwas raus will.

Soll ich mich darüber aufregen, dass 3 bis 4 Uhr meine neue Aufwachzeit ist? Über Schlafstörungen wehklagen? Oder darüber jammern, dass mir ausgerechnet nachts die besten Ideen kommen?

Nein. Ich habe mich bewusst dafür entschieden, nicht ins Drama einzusteigen. Sondern einfach geschehen zu lassen, was gerade geschieht.

Surrender ist mein neues Lieblingswort seit letztem Wochenende, als ich beim grandiosen Shift Event meiner Mentorin Andrea Hiltbrunner am Thunersee in der Schweiz war. Mich ergeben. Dem völlig hingeben, was das Leben von mir will. Aushalten, was ist.

Es liegt nichts hinter mir und nichts bindet mich
An etwas, das gestern hätte wahr sein können
Das Morgen ist offen, und in diesem Augenblick erscheint es
Mehr als genug, einfach heute hier zu sein

Und ich weiß nicht, was die Zukunft bereit hält
Ich weiß nicht, wohin ich gehe, ich bin mir nicht sicher, wo ich gewesen bin
Da ist ein Geist, der mich leitet, ein Licht, das für mich leuchtet
Mein Leben lohnt sich zu leben, ich brauche das Ende nicht zu sehen

Süße, süße Hingabe
Leben, leben ohne Sorgen
Wie ein Fisch im Wasser
Wie ein Vogel in den Lüften

(Songtext: John Denver – Sweet surrender)

So viel passiert innen, so wenig nach außen

Zum Aushalten gehört auch das immer mal wieder auftauchende schlechte Gewissen: “Du hast immer noch nicht die Schlussbilanz deiner Europatour geschrieben. Du lieferst ja zurzeit fast keinen Content mehr. Das kannst du doch nicht bringen, schließlich ist das jetzt dein Business und da musst du doch Menschen auf deine Seite locken.”

Ja, das stimmt. Und ist nur ein kleiner Teil der Wahrheit.

Denn mein Output hält sich nicht deshalb so vornehm zurück, weil ich nichts erlebe, sich nichts bei mir tut oder ich nichts mehr zu sagen hätte. Sondern deshalb, weil ich so viel erlebe, sich so viel bei mir tut und ich so viel zu sagen hätte.

So viele Einflüsse gleichzeitig, so viele Erkenntnisse, so viele Ideen, so viele alte Muster, die gerade aufploppen. So viel Forderung bis gefühlte Überforderung. Und gleichzeitig immer wieder solche Energieschübe, dass mir vor Staunen fast die Socken von den Füßen fliegen.

So viel, dass ich manchmal gar nicht mehr weiß, wohin damit. Sweet surrender. Süße Hingabe. Einfach aushalten.

Ich spüre mit jeder Faser, wie extrem wichtig diese Phase ist. Wie sehr sie sich jetzt schon in der Arbeit mit meinen Seminar-Teilnehmern und Coaching-Kunden auswirkt.

Weil dieses Aushalten von stürmischen Zeiten eine unglaubliche Kraft gibt. Weil ich nicht davon laufe vor dem, was da gerade passiert – auch wenn es mich an manchen Tagen so heftig durchschüttelt, dass ich laut rufen will: “Ja, es reicht. Ich hab’s ja schon verstanden!”

Eine Woche durch die Scheiße und zurück

Ganz konkret zum Beispiel: Gut eine Woche, bevor das seit Monaten ausgebuchte Mutmacher-Camp an der Ostsee losging, hatte ich die fetteste Krise seit Jahren. Eine Woche so richtig durch die Scheiße und zurück.

Selbstzweifel, von denen ich nicht mal ahnte, dass ich sie habe. Alles in Frage stellen. Am liebsten verstecken wollen. Der Gedanke “Warum bin ich nicht vor 4 Jahren einfach zur Müllabfuhr? Da hätte ich auch jeden Tag meine Lieblingsfarbe orange und ansonsten meine Ruhe.”

Kleiner Auszug aus dem internen Bullshit-Bingo gefällig? “Das Camp wirst du richtig schön verkacken. Toskana letztes Jahr mag ja gut gelaufen sein. Doch diesmal sind da ganz andere Teilnehmer. Und die werden schnell kapieren, dass du nur ein Scharlatan bist und nichts drauf hast. Und wenn sie dann weiter erzählen, wie du es versemmelt hast, bricht dein Business so schnell zusammen, wie es die letzten 5 Monate gewachsen ist.”

Guter Gag? Leider nein. Eine Woche lang ging das so. Eine Woche richtig miese Gefühle am Fließband.

Ich konnte und wollte mich nicht dagegen wehren. Nichts verdrängen oder betäuben, wie ich das früher gemacht habe. Außer vielleicht, dass die ein oder andere Tafel dunkle Schokolade einen frühzeitigen Tod sterben musste, ich gestehe.

Sweet surrender. Einfach aushalten.

Wurde nicht unbedingt besser, als ich unterwegs feststellte: Shit, meine kompletten Seminarunterlagen liegen zuhause. Kurz beim Universum nachgefragt, was der Spaß zu bedeuten hat, und die Antwort bekommen: “Junge, versteh und glaube es doch endlich: Du brauchst keine starren Konzepte und Methoden. Du hast alles in dir. Fahr einfach wieder hin und mach das, was dran ist, was die Teilnehmer brauchen.”

Wenn aus Mühlsteinen Konfetti werden

Was soll ich sagen? Geiler Scheiß, das hat funktioniert. Die ersten paar Minuten war ich super aufgeregt. Weil es sowieso unüberseh- und hörbar war, habe ich das den Teilnehmern auch offen kommuniziert.

Was dann in den drei Tagen passiert ist, war einfach nur magisch: blindes Verständnis mit Co-Seminarleiterin Ewa, die ich erst drei Stunden vor Beginn zum ersten Mal live gesehen habe. Eine Gruppe, die auch dank der Schwingungen der Klangschalen ihr Herz ganz weit aufgemacht hat. In der so viele mutige und bewegende Dinge passiert sind, dass ich in der Abschlussrune mal wieder meine Tränen nicht zurückhalten konnte. “Er ist der eine, der immer heult”, wird wahrscheinlich der Sommerhit 2018.

In dem Moment fiel so eine unglaublich große Last von mir ab. Aus den riesengroßen Mühlsteinen aus Sorgen wurden Konfetti, die auf uns herabgeregnet sind.

Die Feststellung (in aller Bescheidenheit): Ja, ich kann das. Ja, ich bin richtig gut in dem, was ich da tue. Ja, es ist wichtig, dass ich diese Arbeit mache.

Reifeprüfung bestanden.

Mission, Vision und Schnappatmung

So wunderschön das ist, so heftig setzt mir das derzeit auch zu. Lässt mich nachts oft genug nicht schlafen.

Das Feedback der Teilnehmer, von Coaching-Kunden, Lesern meines Blogs und Menschen, die mein Hörbuch gekauft haben, tun gerade ihr Übriges.

Und dann auch noch die Selbstreflexion, die immer wieder unmissverständlich ergibt: Meine Mission und Vision als professioneller Mutmacher ist deutlich größer, als ich mir je eingestehen wollte.

Ja, das fühlt sich ziemlich abgefahren an.

Ja, das macht eine Scheißangst.

Ja, das führt regelmäßig zur Schnappatmung.

Sweet surrender. Einfach aushalten.

“Vielleicht kann nicht mehr angekreuzt werden”

Doch es gibt kein zurück. Mit meiner Entscheidung für mein Herzens-Business habe ich Anfang 2018 einen klaren Weg eingeschlagen. Und akzeptiere alles, was auf dieser Strecke passiert.

Das bejubelt werden genauso wie die Tage, an denen ich am liebsten in einem kühlen Bergsee abtauchen und nie mehr auftauchen würde.

Verrücktes Leben.

5.30 Uhr. Draußen wird es hell. Drinnen ist es das noch mehr.

Ich kann kaum erwarten, was da noch alles kommt. Und will es zugleich am liebsten gar nicht wissen.

Mir bleibt gar nichts anderes übrig, als weiterhin mutig mit offenem Visier voranzuschreiten.

Oder wie meine lieber Freundin Anja Reiche kürzlich sagte:

Das Leben will jetzt klare Ansagen von uns.
Ganz oder gar nicht.
“Vielleicht” kann nicht mehr angekreuzt werden.

Vielleicht lege ich mich jetzt nochmal hin. Vielleicht auch nicht.

Sweet surrender.