Eine der größten Herausforderungen des Lebens – wenn nicht gar die größte überhaupt – ist es, seinen Ängsten ins Auge zu schauen. Viele kleine und große Ängste hindern uns täglich daran, unser Leben in all seinen Möglichkeiten auszuschöpfen. 

In der Serie “Nur Mut”, die regelmäßig auf diesem Blog erscheint, befrage ich Menschen, die sich ihren Ängsten in den unterschiedlichsten Bereichen gestellt haben oder stellen, die mutig durchs Leben schreiten. Diese erzählen, wie sie davon profitiert haben und welche Auswirkungen das auf ihr Leben hatte. Zudem kommen auch Experten zu diesem Thema zu Wort.

Diesmal geht es um das Thema “Buch schreiben”. Für den neunten Teil der Serie habe ich mich darüber mit Nils und Marek unterhalten. Nils ist Mutmacher, Marketingprofi und Autor. Marek textet als Journalist und testet als Lektor; zusammen stiften sie gerne andere Menschen zum Bücherschreiben an. Auf der Seite Anstiftung zum Wort gibt’s daher einen Blog mit Starthilfe und Infosupport für alle Schreibwütigen in spe – und einen kompletten Schritt-für-Schritt Online-Kurs mit Schreiblektionen, Kreativitätsübungen und Motivationsvideos.

Hallo ihr beiden. Mal ganz ehrlich: Es fühlt sich schon ein bisschen geil an, wenn man sich Autor nennen darf, oder?

Nils: Klar, das Gefühl ist schon klasse. Am besten gefällt mir daran der Gedanke, etwas von Dauer geschaffen zu haben. Und hey, mein erstes Buch hatte schon eine Stunde, nachdem ich es veröffentlicht hatte, mehr Leser als alle mein Haus- und Seminararbeiten von der Uni zusammen.

Marek: Ich schreibe meine Texte in erster Linie für die Bühne, aber es ist schon was anderes, wenn man sein Werk in einem Buch auch sehen kann, auch wenn es “nur” Teil einer Anthologie ist. Da denkste dir auch: Boah, stark!

Ich habe es ja bisher „nur“ zu einem Kapitel als Co-Autor des Buches „I love Mondays“ geschafft. Nils, du hast schon zwei Werke herausgebracht. Bist du stolz auf dich? Also ich hatte schon Hennabrupfa – das ist Allgäuerisch für Gänsehaut –, als ich mein erstes Werk in den Händen gehalten habe …

Nils: Ich finde, ein Buch ist eine Sache, auf die man stolz sein kann, aber noch viel wichtiger ist mir die Nachricht dahinter. In meinen Büchern geht es ja zum Beispiel immer darum, wie Menschen glückliche Beziehungen führen können. Und ich denke tatsächlich, dass es der Welt besser gehen würde, wenn das häufiger klappen würde. Denn wer genug Liebe in seinem Leben hat, verspürt seltener das Bedürfnis, Nachbarländer zu annektieren, Bestechungsgelder anzunehmen oder Flüchtlinge ertrinken zu lassen. Meine Nachricht ist natürlich nicht die einzige, die die Welt besser machen kann; es gibt natürlich viele andere Menschen mit schlauen Gedanken. Und genau diese Ideen will ich gerne in Buchform sehen.

Marek: Da arbeite ich auch gerade dran. Auch ich will den Menschen etwas vermitteln, in erster Linie Spaß und Unterhaltung. Wenn die Leute nach einem Auftritt zu mir kommen und mir sagen, dass sie einen tollen Abend hatten, dann bin auch ich froh. Und toll ist es dann natürlich, wenn sie etwas von diesem Abend mit nach Hause nehmen können. Wie eben ein Buch mit Texten von mir drin.

Hattet ihr schon immer den Traum, einmal ein Buch zu schreiben? 

Marek: Ich denke, jeder, der eine Leidenschaft für etwas hat, kennt das Gefühl, auf der anderen Seite des Hobbys stehen zu wollen. Musikliebhaber fangen an, ein Instrument zu lernen, Rennsportfans fahren in ihren Tagträumen selber ihren Boliden. Und ich, ich liebe Bücher. Schon seit ich lesen kann. Schon als kleiner Köttel habe ich angefangen, eine Bibliothek aufzubauen. Also habe ich irgendwann angefangen, Texte nicht nur zu lesen, sondern auch zu schreiben. Und zu lektorieren, zu korrigieren, zu gestalten und zu rezensieren und wo es geht, an der Geburt von Literatur und Büchern mitzuhelfen.

Nils:  Marek, die Buchhebamme 🙂 Ich hatte zwar schon immer viele größenwahnsinnige Ideen (bevor ich mit meinem ersten Buch angefangen hatte, dachte ich, eins zu schreiben wäre eine davon), aber bei mir hat sich das vor allem spontan aus geschäftlichen Überlegungen ergeben. Mir war immer klar: Ich kann meine Botschaft nur dann wirklich in die Welt hinaustragen, wenn ich auch davon leben kann. Aus beidem ergibt sich irgendwann die Strategie, Bücher zu veröffentlichen.

Worin liegt die besondere Faszination eines Buches, zum Beispiel im Vergleich mit einem Blog oder einer Zeitung, wo ja auch jede Menge Texte erzeugt werden?

Marek: Ein Buch ist einfach etwas von Bestand. Zeitungen kommen und gehen, sie entstehen in Hast und unter Druck (darum heißt es ja auch Presse ;)) und am nächsten Tag gehen sie den Weg allen Altpapiers. Texte im Internet, wie eben Blogtexte, werden in der Regel auch mit weniger Akribie und Herzblut verfasst, weil sie so leicht zu veröffentlichen sind. Ein Buch aber, das wird noch nach Jahrhunderten in Klosterbibliotheken geschätzt und gehütet.

Nils: In einem Artikel muss ich unglaublich krass auf den Punkt kommen. Ich versuche dort immer, meinen Lesern in kurzer Zeit so viel Nutzen wie möglich zu vermitteln und muss daher oft auf andere Ressourcen verweisen. In einem Buch kann ich viel weiter in die Tiefe gehen und biete meinen Lesern dort ein hochwertiges Rundumpaket. Interessant ist der Weg von vielen Blogartikeln zu einem Buch. Ich habe meine Bücher komplett neu geschrieben, aber natürlich trotzdem von meinen Artikeln profitiert. Denn das Wissen, was ich dort “zu Papier” gebracht habe, steckt natürlich immer noch in meinem Kopf und fließt ins Buch.

Zusammen habt ihr euch bestimmt viele Gedanken darüber gemacht, was die Menschen davon abhält, mit dem Buchschreiben zu beginnen. Was ist aus Eurer Sicht der Hauptgrund? Gibt es da eine ganz spezielle Angst?

Nils: Ich denke, es ist vor allem die Angst, sich zu exponieren. Im Mittelpunkt zu stehen an einem Ort wie Amazon, wo Leser den Autoren sogar schlecht bewerten können, berührt bei den meisten Menschen eine Urangst. Wer hört da nicht schon mal böse Stimmen von Menschen, die sich irgendwann mal (vielleicht sogar im Kindergarten oder in der Schule) über einen lustig gemacht haben. So kenne ich das zumindest von mir selber.

Marek: Bei mir persönlich ist es der (wohl übertriebene) Respekt vor dem Medium. Wenn ich etwas wie ein Buch schaffe, dann soll es perfekt sein, fehlerfrei, wunderschön und galaktisch gut. Viele Menschen, darunter auch mich, hindert so ein Perfektionismus nur allzu oft daran, ein Projekt endlich mal anzupacken oder zu Ende zu bringen. Eine weitere große Furcht, die Nils und ich uns vorstellen können, ist einfach, dass viele Menschen sich selbst in ein schlechtes Licht rücken und ihre Fähigkeiten unterschätzen. Und da spielt dann die Angst vor schlechter Kritik wieder mit hinein.

Bei mir persönlich ist es das Anfangen, wenn gefühlt noch so ein riesiger Berg voll Arbeit bis zum fertigen Produkt vor mir liegt. Was ratet Ihr verhinderten Autoren, damit sie endlich in die Puschen kommen?

Nils: Bildet ein Schreibteam, setzt euch eine Deadline und sorgt dafür, dass Schreiben Spaß macht. Wenn ihr das Schreiben selbst hasst (ja, es gibt solche Autoren), dann würde ich mit einem Texter oder einer Spracherkennungssoftware (zusammen-)arbeiten.

Marek: Das Gute an den von Nils vorgeschlagenen Teams ist, dass ihr euch in der Gruppe gegenseitig motiviert. Wenn ihr euch regelmäßig austauscht, seht ihr regelmäßig, dass ihr wirklich vorankommt. Statt eines großen Haufens Arbeit habt ihr dann viele kleine Erfolge vor Augen.

Nils: Darum legen wir in unserem Buch-schreib-eKurs Wert auf diese soziale Komponente und wollen, dass die Teilnehmer miteinander kommunizieren.

Ein Buch zu veröffentlichen hat auch viel mit Selbstvertrauen zu tun. Welche Blockaden gibt es da im Einzelnen und wie lassen sich diese beseitigen?

Marek: Auch hier hilft: Tausch dich aus! Hol dir Rückmeldung von Freunden, denen du vertraust. Aber auch von Fremden, denn die werden dich nicht aus Sympathie schonen. Denk aber immer dran: Es geht nur um deinen Text, nicht um dich als Person. Und der Text kann dank konstruktiver Kritik am Ende richtig gut werden.

Nils: Ich finde es wichtig, den Mythos von Talent zu demontieren. Ein Buch zu schreiben ist eine Fähigkeit, die erstmal niemand perfekt beherrscht. Die meisten Menschen können das aber lernen.

Jetzt habe ich zum Beispiel dank Eurer Tipps mit dem Buch begonnen. Aber dann kommen mir plötzlich dringende berufliche Projekte in die Quere, und der wunderschöne Sommer, und die Tomaten, die dringend mal wieder gegossen werden müssen und, und, und … Wie rücke ich denn meinem deutlich ausgeprägten Aufschiebeverhalten auf die Pelle?

Nils: Die Tomaten gehen natürlich vor! Lass niemals Tomaten hängen!

Marek: Tolle Wurst, jetzt darf ich den ernsthaften Teil der Antwort übernehmen … Dabei ist doch eigentlich Nils der Experte. Mir hat er geraten, mit kleinen Zeiteinheiten zu beginnen, auch wenn es nur eine Viertelstunde pro Tag ist. Dafür aber knallhart jeden Tag! Und es macht Sinn, diese Gewohnheit nach und nach auszubauen. In der zweiten Woche sind wir dann schon bei einer halben Stunde und so weiter.

Nils: Besser hätte ich es nicht formulieren können!

So, die Uhr nach vorne gedreht: Ich habe ein Buch geschrieben, habe alle guten Tipps beherzigt, aber keine Sau interessiert sich dafür. War’s das jetzt mit der Autorenkarriere? Oder gibt es dann von Euch einen neuen Kurs „Wie baue ich gescheiterte Autoren wieder auf?“

Marek: Kopf hoch, nur Fledermäuse lassen sich hängen! Nur weil dein Buch nicht gelesen wird, heißt es ja nicht, dass es schlecht ist, sondern höchstwahrscheinlich liegt es einfach daran, dass es keiner kennt. Der Buchmarkt ist riesig und komplex, da muss man sich schon mit Marketing auskennen. So wie Nils.

Nils: Ganz ehrlich: Ich bin mit den Verkaufszahlen meines ersten Buches zufrieden, aber als Bestseller würde ich es nicht bezeichnen. Das Wort Bestseller finde ich übrigens sowieso problematisch, weil es unscharf ist und eine enorme Erwartungshaltung aufbaut, die viele potentielle Autoren abschreckt. Die gute Nachricht ist also, dass alle Autoren klein anfangen und niemand erwartet, dass du direkt mit deinem ersten Buch berühmt wirst.

Marek: Und: Wenn du ein Buch herausgebracht hast, ist allein das schon eine Leistung, die die wenigsten vorweisen können und auf die du schon stolz sein kannst.

Plagen euch selbst auch noch Zweifel beim Buchschreiben? Und wie rückt ihr ihnen auf den Pelz?

Nils: Ehrlich gesagt bin ich die alle losgeworden. Ich habe einen guten Lektor, der dafür sorgt, dass meine Bücher ordentlich werden [zwinkert Marek zu]. Eine professionelle Rückmeldung habe ich im Übrigen immer als unglaublich hilfreich empfunden, wenn es darum ging, solche Zweifel anzugehen.

Marek: Die Plagegeister namens Zweifel kommen meist vorm Schreiben angekrochen. Beim Schreiben selbst und beim Veröffentlichen sind sie dann – puff! – auf einmal weg und ich bin in der Regel stolz auf das, was ich tu. Damit ich mich aber aufraffen kann, etwas zu Papier zu bringen, brauche ich feste Abgabefristen. Dann klappt das auch.

Zum Schluss die Frage, die an alle Interviewpartner geht: Das beste Mittel gegen die Angst ist …

Nils: Auf die Gefahr hin, dass das jetzt unkreativ klingt: einfach machen. Aber bitte nicht alleine, sondern mit Unterstützung. Hol sie dir alle ins Boot: die Familie, die beste Freundin, einen professionellen Lektor …

Marek: … und natürlich die Anstifter!

Du interessierst dich für alle Teile der Serie “Nur Mut!”? Hier findest du sie:

  1. Alleinreisen
  2. Panikattacken
  3. Der Experte Dr. Dogs
  4. Selbstständigkeit und Existenzsorgen
  5. Der Abenteurer
  6. Flucht aus der Heimat
  7. Höhenangst
  8. Mit einer Behinderung leben
  9. Ein Buch schreiben
  10. An der Mut-Tour teilnehmen