Dann starten wir mal mit einem Klischee: Ich sitze mit Shorts, T-Shirt und Flip-Flops an einem traumhaften Tag auf einer wunderschönen Terrasse im Schatten und arbeite. Es weht eine leichte Brise. Mein Blick geht vom Rechner weg auf den grün-schimmernden Schwimmteich, in den ich mich nachher zur Zwischenabkühlung stürzen werde, bevor ich weiterarbeite. Ich beschließe, dass ich heute Nachmittag früher Schluss mache, weil ich mich noch mit einer Bloggerin treffe, die ich bisher nur virtuell kenne und die einige interessante Geschichten zu erzählen hat. Mein Chef hat nichts dagegen.

Du ahnst, warum ich gerade mit einem fetten Grinsen in die Tasten haue? Genau: Weil ich selbst der Chef bin und weil exakt so mein Freitag in dieser Woche ausgesehen hat, als ich liebe Freunde in Ostfriesland besucht habe.

Sieht jeder Tag so aus? Nein. Aber es ist gut zu wissen, dass er es könnte.

Ich kann arbeiten, wann und von wo aus ich will. Ich kann entscheiden, wie viel ich arbeiten will (zumindest in der Regel, wenn ein Kunde mal etwas ganz dringend braucht, relativiert sich das in dem Moment).

Und das Wichtigste: Niemand kann mir reinreden, niemand kann mich gängeln, niemand kann darüber bestimmen, wann und wie lange ich freihaben darf.

Wenn ich im August kurzfristig beschließe, 5 Tage in ein Ashram zu gehen, dann mache ich das. Wenn ich anschließend noch Freunde am anderen Ende der Republik sehen will, dann fahre ich dort hin. Und arbeite dann eben im Zug oder auf besagter Terrasse mit Ausblick.

Oder kurz gesagt: Ich spüre jeden Tag, wie die Freiheit wohlig meinen Körper durchflutet.

Freiheit, mein höchstes Gut

Freiheit, die für mich das höchste Gut im Leben darstellt. Um das zu kapieren, musste mir das Leben zwar erst ordentlich aufs Maul hauen. Aber ich habe nach dem Niederschlag die Lektion verstanden, bin aufgestanden und werde mir meine Freiheit nicht mehr nehmen lassen.

Gestern waren es exakt 6 Monate seit Beginn meiner freiberuflichen Tätigkeit als Journalist, Autor, Texter und Lektor am 22. Februar. In dieser Zeit habe ich mehr gelernt als in den 11 Berufsjahren als Angestellter – sowohl über das Business als auch über mich selbst.

Allein deshalb hat sich das Wagnis der Selbstständigkeit schon gelohnt. Zu erfahren, dass selbstverantwortlich handeln zu dürfen eben auch heißt, selbstverantwortlich handeln zu müssen. Niemand mehr da, der dir etwas abnimmt.

Heißt aber zugleich, dass dein Erfahrungsschatz täglich steigt, weil du dich um alles selbst kümmern musst. Diese Erkenntnisse und Lerneffekte kann dir keiner mehr wegnehmen. Sie führen automatisch dazu, dass du die (Arbeits-)Welt aus einem gänzlich anderen Blickwinkeln betrachtest als zuvor.

Hier ein paar meiner Erkenntnisse:

  • Mit dem Moment der Kündigung geht die Welt nicht unter. Sie dreht sich überraschenderweise weiter.
  • Nur, weil du keinen festen Job mehr hast, landest du nicht automatisch unter der Brücke und musst auch nicht betteln gehen.
  • Wenn du gewisse Dinge kannst, diese als Dienstleistung anbietest und das anderen Menschen erzählst, wird es passieren, dass jemand dein Angebot gut findet und dich für deine Arbeit bezahlt.
  • Es ist nicht gänzlich verkehrt, wenn du dich selbst und deine Leistung ziemlich gut findest. Auftraggeber spüren sofort, ob du als Bittsteller ankommst oder ihnen auf Augenhöhe begegnest, weil du weißt, dass du ihnen helfen kannst.
  • Bevor du deine Texte für 2 Cent pro Wort an moderne Ausbeuter verramscht, leg dich lieber an einen Badesee oder geh Kellnern. Oder geh zuerst Kellnern und dann an den Badesee. Bringt auf jeden Fall mehr Geld und macht mehr Spaß.
  • Solltest du für einen kurzen Moment von purer Existenzangst durchgeschüttelt werden und in den Schnappatmungs-Modus übergehen, denk immer daran: Du bist in bester Gesellschaft. Fast jeder Selbstständige kennt diesen Zustand.
  • Wer nicht fragt, verliert. Es gibt so viel zu lernen und es gibt so viele Menschen da draußen, die schon so viele Erfahrungen gemacht haben und dir gerne helfen. Also trau dich und frag sie. Hör gut zu. Und dann setz die Dinge um, die zu deinem Business passen.
  • Eigenes Wissen auch mal zu verschenken und Menschen ungefragt zu helfen, ist gut fürs Karma. Schöner Nebeneffekt: Nach dem Gesetz der Reziprozität kommt deine gute Tat positiv in anderer Form zu dir zurück.
  • Sich vormittags um 10 Uhr mit interessanten Menschen zu treffen, anstatt im Büro zu sitzen, ist die beste Investition, die man sich vorstellen kann. Alle anderen Tageszeiten gehen auch, aber um 10 Uhr lässt sich das Freiheitsgefühl am besten spüren (für mich zumindest).

Angst vorm Scheitern muss nicht sein

Gib es zu, eine Frage brennt dir doch noch unter den Nägeln. Die lautet: „Hast du denn keine Angst vorm Scheitern?“ Meine Antwort: „Nö!“

Warum? Weil ganz egal, was passiert, das Leben immer weitergeht. Weil ich es als Scheitern betrachtet hätte, wenn ich mich diesen Schritt nicht getraut hätte. Weil ich es nach meiner Vorgeschichte mir und meiner Gesundheit schuldig bin, dass ich konsequent nach meinem wichtigsten Wert, der Freiheit, lebe und jederzeit selbst regulieren kann, wenn ich wieder mehr Zeit für mich brauche (bestes Beispiel dafür war die Zeit, als ich meine Antidepressiva abgesetzt habe).

Der wichtigste Grund ist: Weil ich dem Leben vertraue. Ich habe endlich gelernt zuzuhören, wenn das Leben mir etwas zuflüstern will. Ich brauche keine hochtrabenden 5-Jahres-Ziele, sondern meine Intuition und die Gewissheit, dass zur richtigen Zeit die richtigen Menschen in mein Leben treten und die richtigen Dinge passieren.

Ob du das Gesetz der Anziehung für einen esoterischen Schmarrn hältst oder nicht: Ich weiß, dass es funktioniert und dass es deutlich mehr Dinge gibt, als die Wissenschaft erklären kann. Einen spannenden Artikel dazu findest du hier: http://mymonk.de/gesetz-der-anziehung-nur-bullshit/

Das Fazit meiner ersten 6 Monate in der Selbstständigkeit

Es gab genug Tage, an denen ich mich zu sehr unter Druck gesetzt und mich deshalb nicht gut gefühlt habe. Irgendwann habe ich gemerkt, dass ich den Zielen anderer (Blogger) auf den Leim gegangen war („tu dies, tu jenes, damit du in x Monaten super-duper erfolgreich mit deinem Business bist“). Nach und nach habe ich besser in meinen Rhythmus gefunden und akzeptiert, dass ich den Dingen und mir einfach mehr Zeit geben muss.

Schön, dass es Online-Unternehmer gibt, die grundsätzlich 60 bis 80 Stunden pro Woche arbeiten. Nur kann und wird das nicht mein Maßstab sein. Ich kann ranklotzen, wenn es sein muss. Aber ich brauche wahrscheinlich einfach mehr Ruhe als andere Menschen (bzw. ich nehme mir sie einfach).

Neben dem Aspekt des notwendigen Geldverdienens gibt es noch so viele andere wunderbare Dinge im Leben, denen ich die entsprechende Zeit widmen will und werde. Ich bleibe der neugierige Junge auf der Spielwiese. Und der fühlt sich in der Freiheit seines neuen Lebens verdammt wohl und will nicht mehr tauschen.

Und jetzt ab in den Schwimmteich!

Bist du selbstständig? Falls ja: Wie waren deine Erfahrungen in der Anfangszeit? Falls nein: Liebäugelst du mit dem Gedanken? Ich freu mich auf deinen Kommentar!