Edinburgh

Heute vor einer Woche bin ich zu meiner großen Abenteuerreise aufgebrochen. Mit Schottland hab ich mein erstes “Da muss ich hin Land” erreicht. Aber nicht nur deshalb fühle ich mich angekommen. Eine erste Zwischenbilanz:

Allein, allein

Ob beim Einchecken für die Fähre und auf den Campingplätzen oder bei den Gesprächen mit den Platznachbarn kommt immer dieselbe, äußerst erstaunte Frage: “No other person?” bzw. “You’re alone?” Yes, i’m alone! I’m an Alien zwischen all den Pappi&Mutti-um-die-60-Wohnwagen/Wohnmobil-Campern. Weil das die Herausforderung an der ganzen Sache ist!

Und ich komme soweit gut mit mir klar. Gewisse Spleens bilden sich natürlich auch heraus, wenn man die ganze Zeit nur mit sich selbst unterwegs ist. Ich habe schon überlegt, ob ich mich nicht beim Autofahren mal mit ner fest installierten Kamera filmen sollte, um meine legendären Selbstgespräche für die Ewigkeit festzuhalten.

Mein Trick, um mich konzentriert und bei Laune zu halten, ist nämlich, dass ich alle Verkehrssituationen und interessante Ortsnamen auf englisch kommentiere und dann noch schaue, was sich darauf reimt. Und danach muss ich immer selbst lachen.

Morn, you stai dad dai?

Ungefähr so hört es sich an, wenn ein Nordengländer dir einen guten Morgen wünscht und fragt, ob du heute noch da bleibst. Hört sich lustig an, ist aber mitunter einer zielführenden Kommunikation abträglich. Zu Beginn habe ich noch immer mit dem Kopf genickt, gelacht und gewartet, bis ich wieder etwas verstehe, um ins Gespräch zurückzukommen. Inzwischen traue ich mich zu sagen: “Please speak a little bit slowlier to me.” Hat mich ein wenig Überwindung gekostet, weil es ja ein Eingeständnis ist, dass ich etwas nicht verstehe – aber so funktioniert es gleich viel besser.

Grundsätzlich sind die Engländer und Schotten, die ich bisher getroffen habe, sehr freundlich und immer offen für einen Smalltalk. Das tut mir gut, denn am Anfang war schon die Hemmschwelle da, von mir aus ein Gespräch zu beginnen. Aber das habe ich für mich erkannt und arbeite daran. Für einen im Grunde seines Wesens eher schüchternen und introvertierten Typen (ja, jetzt höre ich wieder einige lachen, aber das ist wirklich so) schon eine Herausforderung.

Exposition heißt es in der Psychologensprache, wenn man sich Dingen stellt, vor denen man Angst hat. Ich kann täglich üben, und langsam macht es richtig Laune. Was mir schon fehlt, ist mal wieder so ein paar blöde Sprüche rauszuhauen. Das funktioniert halt nur auf deutsch so richtig und hauptsächlich bei den Leuten, die mich kennen und damit umgehen können. Aber als Kompensation darf ich hier wenigstens etwas schreiben.

Mein eigener Rhythmus

Das war in den ersten Tagen das größte Problem für mich. So viel Neues, so viele anstrengende Fahrten, trotzdem das Bedürfnis, viel zu sehen und zu erleben: Da habe ich wirklich eine Weile gebraucht, um wieder in den Tritt zu kommen.

Inzwischen habe ich wieder in meinen Rhythmus gefunden, und der geht ganz einfach so: Ich mache nur das, worauf ich Lust habe. Wenn ich müde bin, dann schlafe ich, und wenn es wie heute Nachmittag zwei Stunden auf der (nicht umgeklappten) Rückbank ist. Wenn ich etwas unbedingt sehen will, dann nehme ich mir die Zeit dafür und lass lieber zehn andere “Sehenswürdigkeiten” aus. Ich kann ja nichts verpassen, ich kann nur Eindrücke und Erfahrungen gewinnen.

Und wenn ich mal gerade nicht so zufrieden mit mir bin, dann pack ich mein Mountainbike und düse einfach los. So wie heute, als ich am Meer gelandet bin, mich in den Sand gesetzt habe und gemerkt habe: Ich bin angekommen. Nicht nur in Schotland, sondern auch bei meiner Reise und mir selbst.