Meine größte Schmach in Sachen Bücher ereignete sich an einem Mittwochnachmittag in den 1980er-Jahren. Beim Vorlesewettbewerb unseres Gymnasiums gab es nur ein Ziel: Schulmeister werden. Ich hatte das perfekte Buch, war perfekt vorbereitet.

Da gab es nur ein Problem: die kurz zuvor eingesetzte Zahnspange. Da noch ziemlich ungewohnt, verursachte sie eine Menge hässlicher Zischlaute und lies meine Aussprache etwas schwammig erscheinen. Das Ende vom Lied: Platz zwei und eine nicht zu überbietende Enttäuschung.

Zum Glück habe ich damals keine unüberlegte Entscheidung getroffen. Ich habe nicht vor Wut mit dem Lesen aufgehört. Nur mit dem Vorlesen (einzig meine Frau kommt noch in den Genuss, inzwischen ist die Spange auch weg).

Gerne auch mal 3 Bücher gleichzeitig

Lesen ist seit jungen Jahren meine Lieblingsbeschäftigung und wird es wohl immer bleiben. Ich lese alles, was mir zwischen die Finger gerät, gerne auch mal drei Bücher gleichzeitig.

In den vergangenen zwei Jahren habe ich so viele Perlen dabei entdeckt, die mein Leben reicher machen. Die es – mal im größeren und mal im kleineren Stil – tatsächlich verändert haben.

Bücher, die genau zum richtigen Zeitpunkt kamen und bei mir auf die richtigen Knöpfe gedrückt haben. Bücher, die schon reichlich Gebrauchsspuren und Merker-Ecken haben, weil ich sie immer wieder in die Hand nehme.

Die Themen reichen dabei von Persönlichkeitsentwicklung über Einstellung zur Arbeit bis hin zum VW-Bus-Fahren. Allesamt haben sie mich so fasziniert, dass ich sie dir heute gerne vorstellen will. Also, hier sind sie:

Meine 10 wichtigsten Bücher*

John C. Parkin: Die Fuck It – Lösung Parkin Fuck-it-Lösung

Ich habe selten einen Ratgeber gelesen, der so humorvoll geschrieben ist und zugleich so viele unersetzliche Erkenntnisse liefert. Es geht darum, wie die meisten Menschen in ihren selbst gebauten Gefängnissen feststecken und vor lauter Zwängen vergessen, ein Leben nach ihren eigenen Wünschen zu führen – und nicht nach denen von anderen. Aber der Weg in die Freiheit ist möglich. Das Wichtigste dabei: Gelassenheit lernen, die Dinge mit Humor nehmen, dankbar sein und zu vielen Dingen einfach mit voller Kraft “Fuck it” zu sagen. Das Buch ist für mich eine Dauer-Inspiration, um mich von den Einstellungen und dem Geschwätz anderer Leute unabhängig zu machen – mit Erfolg!. Und zum Lachen gibt es genug, auch bei den unkonventionellen Übungen.

Meike Winnemuth: Das große Los Winnemuth Das große Los

Eigentlich wollte ich das Buch nicht lesen. Eine Journalistin, die bei “Wer wird Millionär?” eine halbe Million Euro gewinnt und dann ein Jahr lang durch die ganze Welt zieht, jeden Monat in einer anderen Großstadt – na und? Aber das Buch wollte unbedingt zu mir. Als eine Mitpatientin in der Klinik es mir für einen Spottpreis anbot, habe ich zugeschlagen. Zum Glück. Denn das ist keine langweilige Reiseerzählung. Es handelt von dem nie versiegenden Wunsch nach Freiheit, von positiver Lebensführung, immerwährender Neugierde und unbändiger Freude am Dasein. So viel Lebenslust gepaart mit so viel Reisefreude – für mich mit Sicherheit einer der Auslöser für meine Europatour.

Lück Neues vom NachbarnOliver Lück: Neues vom Nachbarn

50 000 Kilometer mit einem alten VW-Bus in knapp zwei Jahren durch 26 europäische Länder. Kein Wunder, dass ich dieses Buch noch vor meiner Abfahrt geschenkt bekommen habe. Auch hier gibt es kein banales Herunterrattern von Orten und Erlebnissen. Sondern richtig einfühlsam geschriebene Geschichten über Menschen, denen der Autor in den verschiedenen Ländern und Regionen begegnet ist. Er hatte durch seine lange Tour genug Zeit, sich richtig interessante Gesprächspartner zu suchen und tief in das Leben der Einheimischen einzutauchen. Das Buch macht unheimlich Lust auf Europa und seine Menschen. Zeigt, dass nicht überall Halunken darauf warten, Reisende zu überfallen oder zu bestehlen, sondern dass du als Fremder viel öfter als geglaubt mit offenen Armen empfangen wirst. Für mich ein echter Ansporn, mit meinem VW Bus noch mehr Ecken unseres wunderschönen Kontinents zu entdecken.

Rachel Joyce: Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry Joyce Pillgerreise Harold Fry

Dieses Buch habe ich während meiner Tour gelesen, die für mich auf meine ganz eigene Art auch eine Pilgerreise war. Und dann kommt dieses Meisterwerk über einen, der endlich mit 65 Jahren mal auf sein Herz hört und das tut, was er wirklich will. Wie Harold Fry in 87 Tagen 1000 Kilometer zu Fuß läuft und sich dabei mit seinem kompletten Leben und all den nicht verheilten Wunden auseinandersetzen muss, ist so unglaublich berührend geschrieben, dass ich jetzt beim Erzählen darüber schon wieder eine Gänsehaut bekomme. Diese Momente, wenn alles aufbricht, wenn sich die alten Krusten und Fesseln lösen, werden hier auf eine Art und Weise geschildert, dass sie einen auch lange nach dem Weglegen des Buches nicht loslassen. Ich habe mit Harold Fry gelitten, ich habe mich oft wiedererkannt und weiß seit der Lektüre mehr denn je: Es bleibt einem nicht erspart, sich mit seinem Leben auseinanderzusetzen. Aber wenn man es mal angefangen hat, eröffnen sich einem wunderbare Dinge.

Walter Zimmermann: Mach endlich, was du willst Zimmermann Mach endlich

Das Buch habe ich von Walter Zimmermann vor einigen Jahren geschenkt bekommen. Das ist aber nicht der Grund, weshalb ich es hier vorstelle. Sondern weil es im Bereich der Motivations-Bücher eines der angenehm leisen und doch sehr eindringlichen ist. Genauer gesagt geht es hauptsächlich um die Frage: Bin ich wirklich bereit, mein Leben selbst in die Hand zu nehmen? Oder betrachte ich mich weiterhin als Opfer böser Umstände, anstatt zum Gestalter meines eigenen Glücks zu werden? Meine Feststellung: Ja, es liegt verdammt noch mal an mir selbst, die nötigen Veränderungen vorzunehmen. Und ja, das Leben ist nicht mehr dasselbe, wenn man einmal damit angefangen hat.

Chris Guillebeau: The Art of Non-Conformity Guillebeau Art of Nonconformity

Viele berichten ja, dass die “4-Stunden-Woche” von Tim Ferris ihr großes Aha-Erlebnis in Richtung persönliche Befreiung und eigenes Lifestyle-Business war. Ich fand das Buch spannend, aber letztlich doch zu stark an der speziellen Methode des Autors aufgehängt. Danach bin ich auf “The Art of Non-Conformity” gestoßen und da hat es so richtig Klick gemacht. Ein unangepasstes Leben nach den eigenen Regeln und genug Geld, um die ganze Welt zu bereisen: was für eine traumhafte Vorstellung! Und dann auch noch als Autor und Blogger. Für mich als leidenschaftlichen Schreiber natürlich besonders spannend.

Marshall B. Rosenberg: Gewaltfreie Kommunikation Rosenberg Gewaltfreie Kommunikation

Eines der absolut faszinierendsten Themen überhaupt. Und so schwer umzusetzen. Wie leicht lassen wir uns provozieren, fühlen uns gekränkt und verletzt, werden laut und ausfällig? Oft, weil wir nicht im Reinen mit uns sind, weil wir zu hohe Erwartungen an andere haben. In dem Buch geht es darum, dass wir ehrlich und klar kommunizieren und dabei unserem Gegenüber unseren vollen Respekt schenken. Und als Folge davon selbst zur inneren Balance gelangen. Mir gelingt es zwar nicht immer, das Gelernte umzusetzen. Aber ich kann meine eigenen Reaktionen inzwischen besser reflektieren und ärgere mich, wenn es wieder jemand geschafft hat, einen bestimmten Knopf bei mir zu drücken. Definitiv gelernt habe ich dabei, mir viel mehr Gedanken darüber zu machen, warum mein Gegenüber so handelt und so spricht, wie er/sie es tut und dass ich es selbst in der Hand habe, darauf friedfertig oder aggressiv zu reagieren. Ein ganz spannender, lebenslanger Lernprozess!

Alix Faßmann: Arbeit ist nicht unser Leben aßmann Arbeit ist nicht unser Leben

Ein überraschendes Weihnachtsgeschenk, das voll meinen Nerv getroffen hat. Behandelt wird die Frage, was all der Turbo-Kapitalismus, Arbeitswahn, Leistungsdruck, Ehrgeiz und Karrierestreben mit uns Menschen anstellen. In einer Arbeitswelt, in der die rund um 60-Jährigen ihre Pfründe bewahren, noch fette Gehälter einstreichen und sich tatsächlich noch auf Rentenzahlungen einstellen können, während der gut ausgebildete Nachwuchs schon in den ersten Berufsjahren nach unzähligen unbezahlten Praktika keine Perspektiven mehr sieht – geschweige denn, von einer Rente auch nur träumen darf. Und trotzdem geht es in diesem Land nur um “Arbeit, Arbeit, Arbeit” und “Wachstum, Wachstum, Wachstum”, obwohl sich das System lange überholt hat. Die Autorin, ausgebildete Redakteurin, hat noch vor ihrem 30. Geburtstag ihre Stelle bei der SPD gekündigt, ist danach mit einem klapprigen Wohnmobil ein Jahr durch Italien gefahren und hat danach mit einer Reisebekanntschaft in Berlin das “Haus Bartleby – Zentrum für Karriereverweigerung” gegründet. Sehr löblich!

Kathrin Passig/Sascha Lobo: Dinge geregelt kriegen ohne einen Funken Selbstdisziplin Passig Dinge geregelt kriegen

Dieses Buch war vor zwei Monaten meine Rettung. Geradezu verzweifelt hatte ich versucht, mir super-duper-hilfreiche Tipps von Selbstmanagement-Kings zu Herzen zu nehmen beziehungsweise umzusetzen. Listen, Tabelle, Pomodoro-Methode, Apps und was weiß ich noch alles sollten mich zu einem geordneteren Menschen kurz vor dem Start in die Selbstständigkeit machen. Aber das funktioniert alles nicht, weil ich das nicht bin. Es passt nicht zu mir, denn ich gehöre zu den Chaoten, den chronischen Aufschiebern, den Deadline-im-Nacken-Spürern, die erst dann so richtig ins Rollen kommen. Und nach der Lektüre dieses unheimlich aufschlussreichen und zugleich richtigen lustigen Buchs weiß ich, dass ich nicht allein bin und es sich auch nicht lohnt, dagegen anzukämpfen. Das war wie eine Befreiung. Seitdem kriege ich meine Dinge sogar wesentlich besser geregelt.

Tom Hodgkinson: Anleitung zum Müßiggang Hodgkinson Anleitung zum Müßiggang

Hach, dieses Buch ist wie ein warmes Schaumbad, wie ein Tag am Meer, wie ein langer Spaziergang durch den Wald, wie ein endloses Gespräch am Kaminfeuer mit einem Glas Rotwein in der Hand. Und das sind genau die Punkte, um die es geht: Das Leben besteht nicht nur darin, bis zum Umfallen zu arbeiten, sondern sich ganz bewusste Auszeiten zu nehmen. Sollen doch die anderen ihr Leben zu Tode optimieren und jede freie Minute mit mehr oder weniger sinnlosen Dingen vollstopfen – der Müßiggänger klinkt sich einfach mal aus und widmet sich den Dingen, die das Leben erst lebenswert machen. Dabei macht er sich natürlich verdächtig, schließlich stehen für ihn Arbeit und Leistung nicht an höchster Stelle seines Wertekanons – ganz im Gegenteil. Feiner britischer Humor gepaart mit viel geschichtlichem Hintergrund ergeben für mich eine perfekte Mischung. Und die Erkenntnis: Ja, ich bin ein geborener Müßiggänger, der nichts mehr liebt, als die Schönheiten des Lebens zu genießen. Und nein, ich habe kein schlechtes Gewissen dabei.

Das war meine Liste. Genau genommen gehört da noch ein 11. Buch hin. Das habe ich aber wegen Befangenheit aus der offiziellen Liste genommen und präsentiere es hier. Es ist von meinem Freund Tim Chimoy und heißt “Handbuch für ortsunabhängiges Arbeiten”.

Es hat mich vor gut einem Jahr zum ersten Mal mit dem Thema “Digitales Nomadentum” konfrontiert, damit infiziert und mich nicht mehr losgelassen. Die Folge daraus: Aus dem Buchkäufer ist ein Selbstständiger geworden, der nun an dem Werk von Tim Chimoy: I Love Mondays sogar ein Kapitel mitgeschrieben hat.

Da sieht man mal, welchen Einfluss Bücher haben und wie sehr sie einen auf dumme Gedanken bringen können. Ist das nicht herrlich?

P.S.: Wenn du wissen willst, welche lebensverändernden Bücher meine Leser empfehlen, dann lies diesen Artikel.

Bist du auch ein Bücherwurm? Welche Bücher haben dein Leben verändert? Hast du super Tipps, was ich auch noch unbedingt lesen sollte? Ich freu mich auf deinen Kommentar!

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